Das Innere von Tanger hat streng maurischen Charakter, und nur ganz vereinzelt findet man Häuser nach europäischem Style erbaut.
Das maurische Haus umgibt einen Hofraum, in welchen alle Thüren und Fenster münden, während es nach aussen, abgesehen von der Eingangspforte, keinerlei Oeffnung aufweist. Diese Bauart wird so genau eingehalten, dass auch die Juden, welche hier wie in Mogador ein sehr starkes Contingent der Bevölkerung stellen, sich derselben Sitte anbequemt haben. Es ist richtig, die Strassen von Tanger machen hiedurch einen etwas düsteren Eindruck, welcher freilich durch das immerhin bunte Treiben in derselben einigermassen gemildert wird. Diese Strassen sind vielfach steil, berganlaufend und mit sogenannten "Katzenköpfen" in einer für den Fussgänger bisweilen recht empfindlichen Weise gepflastert, überdies auch von geringer Breite.
Nach europäischer Art sind eigentlich nur die Residenzen der verschiedenen in Tanger befindlichen diplomatischen Vertreter und die Hotels erbaut. Unter den ersteren ragen insbesondere die deutsche und spanische Mission hervor. Die deutsche Mission liegt ausserhalb der Stadtmauer, inmitten eines grossen, durch seine üppige Vegetation ausgezeichneten Gartens.
Die Consule in Tanger sind zugleich die politischen Vertreter ihrer Staaten beim Sultan, der aber nicht gestattet, dass sie in der Hauptstadt residiren, und lieber seinen Minister der auswärtigen An- gelegenheiten in Tanger residiren lässt, wo derselbe zugleich Gouver- neur ist.
Die Rolle der Consulate wird namentlich wichtig durch das Institut der Schutzbefohlenen. Der Consul geniesst für sich, seine Beamten und Diener, sowie für sein Haus volle Immunität. Da die marokkanischen Behörden schon mehrmals sehr ernst- hafte Erfahrungen über die bösen Folgen gemacht haben, welche eine Verletzung der consularischen Rechte nach sich ziehen kann, so hüten sie sich wohl, dieser Immunität nahe zu treten. Dies ist aber der Grund, weshalb auch die Eingebornen hohen Werth darauf legen, unter den Schutz eines Consuls zu gelangen. Besitzen sie nämlich einmal einen darauf bezüglichen Schein, dann kann ihnen die maurische Gerichtsbarkeit nichts anhaben, und auch mit der Erfüllung ihrer sonstigen Unterthanenpflichten dürfen sie es leicht nehmen.
Hotels sind zwei vorhanden. Das Hotel Continental und das Hotel de Ville, beide im englischen Style mit viel Comfort einge-
Die atlantische Küste von Afrika.
Das Innere von Tanger hat streng maurischen Charakter, und nur ganz vereinzelt findet man Häuser nach europäischem Style erbaut.
Das maurische Haus umgibt einen Hofraum, in welchen alle Thüren und Fenster münden, während es nach aussen, abgesehen von der Eingangspforte, keinerlei Oeffnung aufweist. Diese Bauart wird so genau eingehalten, dass auch die Juden, welche hier wie in Mogador ein sehr starkes Contingent der Bevölkerung stellen, sich derselben Sitte anbequemt haben. Es ist richtig, die Strassen von Tanger machen hiedurch einen etwas düsteren Eindruck, welcher freilich durch das immerhin bunte Treiben in derselben einigermassen gemildert wird. Diese Strassen sind vielfach steil, berganlaufend und mit sogenannten „Katzenköpfen“ in einer für den Fussgänger bisweilen recht empfindlichen Weise gepflastert, überdies auch von geringer Breite.
Nach europäischer Art sind eigentlich nur die Residenzen der verschiedenen in Tanger befindlichen diplomatischen Vertreter und die Hôtels erbaut. Unter den ersteren ragen insbesondere die deutsche und spanische Mission hervor. Die deutsche Mission liegt ausserhalb der Stadtmauer, inmitten eines grossen, durch seine üppige Vegetation ausgezeichneten Gartens.
Die Consule in Tanger sind zugleich die politischen Vertreter ihrer Staaten beim Sultan, der aber nicht gestattet, dass sie in der Hauptstadt residiren, und lieber seinen Minister der auswärtigen An- gelegenheiten in Tanger residiren lässt, wo derselbe zugleich Gouver- neur ist.
Die Rolle der Consulate wird namentlich wichtig durch das Institut der Schutzbefohlenen. Der Consul geniesst für sich, seine Beamten und Diener, sowie für sein Haus volle Immunität. Da die marokkanischen Behörden schon mehrmals sehr ernst- hafte Erfahrungen über die bösen Folgen gemacht haben, welche eine Verletzung der consularischen Rechte nach sich ziehen kann, so hüten sie sich wohl, dieser Immunität nahe zu treten. Dies ist aber der Grund, weshalb auch die Eingebornen hohen Werth darauf legen, unter den Schutz eines Consuls zu gelangen. Besitzen sie nämlich einmal einen darauf bezüglichen Schein, dann kann ihnen die maurische Gerichtsbarkeit nichts anhaben, und auch mit der Erfüllung ihrer sonstigen Unterthanenpflichten dürfen sie es leicht nehmen.
Hôtels sind zwei vorhanden. Das Hôtel Continental und das Hôtel de Ville, beide im englischen Style mit viel Comfort einge-
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Die atlantische Küste von Afrika.
Das Innere von Tanger hat streng maurischen Charakter, und nur
ganz vereinzelt findet man Häuser nach europäischem Style erbaut.
Das maurische Haus umgibt einen Hofraum, in welchen alle
Thüren und Fenster münden, während es nach aussen, abgesehen
von der Eingangspforte, keinerlei Oeffnung aufweist. Diese Bauart
wird so genau eingehalten, dass auch die Juden, welche hier wie in
Mogador ein sehr starkes Contingent der Bevölkerung stellen, sich
derselben Sitte anbequemt haben. Es ist richtig, die Strassen von
Tanger machen hiedurch einen etwas düsteren Eindruck, welcher
freilich durch das immerhin bunte Treiben in derselben einigermassen
gemildert wird. Diese Strassen sind vielfach steil, berganlaufend und
mit sogenannten „Katzenköpfen“ in einer für den Fussgänger bisweilen
recht empfindlichen Weise gepflastert, überdies auch von geringer
Breite.
Nach europäischer Art sind eigentlich nur die Residenzen der
verschiedenen in Tanger befindlichen diplomatischen Vertreter und
die Hôtels erbaut. Unter den ersteren ragen insbesondere die
deutsche und spanische Mission hervor. Die deutsche Mission liegt
ausserhalb der Stadtmauer, inmitten eines grossen, durch seine üppige
Vegetation ausgezeichneten Gartens.
Die Consule in Tanger sind zugleich die politischen Vertreter
ihrer Staaten beim Sultan, der aber nicht gestattet, dass sie in der
Hauptstadt residiren, und lieber seinen Minister der auswärtigen An-
gelegenheiten in Tanger residiren lässt, wo derselbe zugleich Gouver-
neur ist.
Die Rolle der Consulate wird namentlich wichtig durch
das Institut der Schutzbefohlenen. Der Consul geniesst für sich,
seine Beamten und Diener, sowie für sein Haus volle Immunität.
Da die marokkanischen Behörden schon mehrmals sehr ernst-
hafte Erfahrungen über die bösen Folgen gemacht haben, welche
eine Verletzung der consularischen Rechte nach sich ziehen kann, so
hüten sie sich wohl, dieser Immunität nahe zu treten. Dies ist aber
der Grund, weshalb auch die Eingebornen hohen Werth darauf
legen, unter den Schutz eines Consuls zu gelangen. Besitzen sie
nämlich einmal einen darauf bezüglichen Schein, dann kann ihnen
die maurische Gerichtsbarkeit nichts anhaben, und auch mit der
Erfüllung ihrer sonstigen Unterthanenpflichten dürfen sie es leicht
nehmen.
Hôtels sind zwei vorhanden. Das Hôtel Continental und das
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 740. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/756>, abgerufen am 22.11.2024.
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