Vor hundert Jahren war Australien noch ein nahezu unbekanntes Land; man wusste davon nicht viel mehr, als dass es ein aus- gedehnter Continent mit sehr geringer Bevölkerung im Südosten von Asien sei. Wie das Land in seiner Ausdehnung beschaffen sei, was es in seinem Inneren berge, davon wusste kaum irgend Jemand Näheres. Von den Holländern im XVI. Jahrhunderte als "Terra australis" entdeckt, erhielt der Continent den Namen "Neuholland", die grossen Inseln die Namen "Neuseeland" und "Vandiemensland" (jetzt Tasmanien). Zur Besiedlung besass der wasserarme, menschenleere, in seiner äusseren Physiognomie so sehr armselige Erdtheil für die Hol- länder, welche ihre ganze colonisatorische Kraft der Sundasee zu- wandten, keine Reize. Sie erhoben auch keine Einsprache, als Ende des XVIII. Jahrhunderts die Engländer auf den Rath Cooks den Continent zu besetzen begannen und Verbrechercolonien anlegten, indem sie durch das System der Deportation die Gefängnisse zu ersparen hofften. Im Jahre 1788 trafen die ersten Deportirten aus England in der Botany- Bay ein.
Heute birgt Australien eine Reihe von Gemeinwesen, welche in staatlicher, socialer und materieller Beziehung hoch entwickelt sind und durchaus einen europäischen Eindruck machen. Die Urbevölkerung ist fast ganz verschwunden; durch Einwanderung hat sich dagegen eine neue Bevölkerung zumeist europäischer Herkunft entwickelt, deren Kopfzahl auf mehr als drei Millionen veranschlagt werden kann.
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Die australischen Gewässer.
Vor hundert Jahren war Australien noch ein nahezu unbekanntes Land; man wusste davon nicht viel mehr, als dass es ein aus- gedehnter Continent mit sehr geringer Bevölkerung im Südosten von Asien sei. Wie das Land in seiner Ausdehnung beschaffen sei, was es in seinem Inneren berge, davon wusste kaum irgend Jemand Näheres. Von den Holländern im XVI. Jahrhunderte als „Terra australis“ entdeckt, erhielt der Continent den Namen „Neuholland“, die grossen Inseln die Namen „Neuseeland“ und „Vandiemensland“ (jetzt Tasmanien). Zur Besiedlung besass der wasserarme, menschenleere, in seiner äusseren Physiognomie so sehr armselige Erdtheil für die Hol- länder, welche ihre ganze colonisatorische Kraft der Sundasee zu- wandten, keine Reize. Sie erhoben auch keine Einsprache, als Ende des XVIII. Jahrhunderts die Engländer auf den Rath Cooks den Continent zu besetzen begannen und Verbrechercolonien anlegten, indem sie durch das System der Deportation die Gefängnisse zu ersparen hofften. Im Jahre 1788 trafen die ersten Deportirten aus England in der Botany- Bay ein.
Heute birgt Australien eine Reihe von Gemeinwesen, welche in staatlicher, socialer und materieller Beziehung hoch entwickelt sind und durchaus einen europäischen Eindruck machen. Die Urbevölkerung ist fast ganz verschwunden; durch Einwanderung hat sich dagegen eine neue Bevölkerung zumeist europäischer Herkunft entwickelt, deren Kopfzahl auf mehr als drei Millionen veranschlagt werden kann.
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Die australischen Gewässer.
Vor hundert Jahren war Australien noch ein nahezu unbekanntes
Land; man wusste davon nicht viel mehr, als dass es ein aus-
gedehnter Continent mit sehr geringer Bevölkerung im Südosten
von Asien sei. Wie das Land in seiner Ausdehnung beschaffen
sei, was es in seinem Inneren berge, davon wusste kaum irgend
Jemand Näheres. Von den Holländern im XVI. Jahrhunderte als „Terra
australis“ entdeckt, erhielt der Continent den Namen „Neuholland“, die
grossen Inseln die Namen „Neuseeland“ und „Vandiemensland“ (jetzt
Tasmanien). Zur Besiedlung besass der wasserarme, menschenleere, in
seiner äusseren Physiognomie so sehr armselige Erdtheil für die Hol-
länder, welche ihre ganze colonisatorische Kraft der Sundasee zu-
wandten, keine Reize. Sie erhoben auch keine Einsprache, als Ende
des XVIII. Jahrhunderts die Engländer auf den Rath Cooks den Continent
zu besetzen begannen und Verbrechercolonien anlegten, indem sie durch
das System der Deportation die Gefängnisse zu ersparen hofften. Im
Jahre 1788 trafen die ersten Deportirten aus England in der Botany-
Bay ein.
Heute birgt Australien eine Reihe von Gemeinwesen, welche in
staatlicher, socialer und materieller Beziehung hoch entwickelt sind
und durchaus einen europäischen Eindruck machen. Die Urbevölkerung
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eine neue Bevölkerung zumeist europäischer Herkunft entwickelt, deren
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [749]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/765>, abgerufen am 22.11.2024.
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