Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


Söhne hältst, ist der algemeine der Jugend. Es
giebt keinen Jüngling von Hofnung, der nicht
einem Deiner Söhne gliche. Laß nur erst das
wilde Feuer der Jugend verlodern.
Fürst. Ehe das geschieht, kann vieles ver-
derben. Als wenn das Feuer so stille verlodern
würde, ohn' etwas zu ergreifen! Wie fürcht' ich
die romanhaften langsamen Entschlüsse des einen,
und das Unüberlegte des andern.

Seitdem ich Blankan ins Kloster bringen
ließ, gefällt mir Julius noch weniger, als sonst --
und mußt' ich nicht diesen Schritt thun? war sie
nicht zu tief unter seinem Stande? Erstickte nicht
diese Leidenschaft jeden Trieb in ihm zu dem, was
gros und wichtig ist?
Erzbischoff. Verschlimmert ist doch dadurch
auch nichts.
Fürst. Gefällt Dir denn das nächtliche Jrren
im Garten und das Verschliessen bey Tage? Hast
Du nicht bemerkt, wie er alles anstarrt, zu allem
lächelt, und antwortet wie einer, dessen Seele
weit weg ist?
Erzbischoff. Wenn aber die Sache auch nicht
so stände, so verlohnt' es der Mühe, daß man
davon spräche. Das, wodurch sie am gefährlich-
sten scheint, ist, daß sie beyde eben dasselbe Mäd-
chen lieben. Aber, glaube mir, Bruder, Guidos


Soͤhne haͤltſt, iſt der algemeine der Jugend. Es
giebt keinen Juͤngling von Hofnung, der nicht
einem Deiner Soͤhne gliche. Laß nur erſt das
wilde Feuer der Jugend verlodern.
Fuͤrſt. Ehe das geſchieht, kann vieles ver-
derben. Als wenn das Feuer ſo ſtille verlodern
wuͤrde, ohn’ etwas zu ergreifen! Wie fuͤrcht’ ich
die romanhaften langſamen Entſchluͤſſe des einen,
und das Unuͤberlegte des andern.

Seitdem ich Blankan ins Kloſter bringen
ließ, gefaͤllt mir Julius noch weniger, als ſonſt —
und mußt’ ich nicht dieſen Schritt thun? war ſie
nicht zu tief unter ſeinem Stande? Erſtickte nicht
dieſe Leidenſchaft jeden Trieb in ihm zu dem, was
gros und wichtig iſt?
Erzbiſchoff. Verſchlimmert iſt doch dadurch
auch nichts.
Fuͤrſt. Gefaͤllt Dir denn das naͤchtliche Jrren
im Garten und das Verſchlieſſen bey Tage? Haſt
Du nicht bemerkt, wie er alles anſtarrt, zu allem
laͤchelt, und antwortet wie einer, deſſen Seele
weit weg iſt?
Erzbiſchoff. Wenn aber die Sache auch nicht
ſo ſtaͤnde, ſo verlohnt’ es der Muͤhe, daß man
davon ſpraͤche. Das, wodurch ſie am gefaͤhrlich-
ſten ſcheint, iſt, daß ſie beyde eben daſſelbe Maͤd-
chen lieben. Aber, glaube mir, Bruder, Guidos
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#ERZ">
            <p><pb facs="#f0028" n="24"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
So&#x0364;hne ha&#x0364;lt&#x017F;t, i&#x017F;t der algemeine der Jugend. Es<lb/>
giebt keinen Ju&#x0364;ngling von Hofnung, der nicht<lb/>
einem Deiner So&#x0364;hne gliche. Laß nur er&#x017F;t das<lb/>
wilde Feuer der Jugend verlodern.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CON">
            <speaker>Fu&#x0364;r&#x017F;t.</speaker>
            <p>Ehe das ge&#x017F;chieht, kann vieles ver-<lb/>
derben. Als wenn das Feuer &#x017F;o &#x017F;tille verlodern<lb/>
wu&#x0364;rde, ohn&#x2019; etwas zu ergreifen! Wie fu&#x0364;rcht&#x2019; ich<lb/>
die romanhaften lang&#x017F;amen Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e des einen,<lb/>
und das Unu&#x0364;berlegte des andern.</p><lb/>
            <p>Seitdem ich Blankan ins Klo&#x017F;ter bringen<lb/>
ließ, gefa&#x0364;llt mir Julius noch weniger, als &#x017F;on&#x017F;t &#x2014;<lb/>
und mußt&#x2019; ich nicht die&#x017F;en Schritt thun? war &#x017F;ie<lb/>
nicht zu tief unter &#x017F;einem Stande? Er&#x017F;tickte nicht<lb/>
die&#x017F;e Leiden&#x017F;chaft jeden Trieb in ihm zu dem, was<lb/>
gros und wichtig i&#x017F;t?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ERZ">
            <speaker>Erzbi&#x017F;choff.</speaker>
            <p>Ver&#x017F;chlimmert i&#x017F;t doch dadurch<lb/>
auch nichts.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CON">
            <speaker>Fu&#x0364;r&#x017F;t.</speaker>
            <p>Gefa&#x0364;llt Dir denn das na&#x0364;chtliche Jrren<lb/>
im Garten und das Ver&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en bey Tage? Ha&#x017F;t<lb/>
Du nicht bemerkt, wie er alles an&#x017F;tarrt, zu allem<lb/>
la&#x0364;chelt, und antwortet wie einer, de&#x017F;&#x017F;en Seele<lb/>
weit weg i&#x017F;t?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ERZ">
            <speaker>Erzbi&#x017F;choff.</speaker>
            <p>Wenn aber die Sache auch nicht<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ta&#x0364;nde, &#x017F;o verlohnt&#x2019; es der Mu&#x0364;he, daß man<lb/>
davon &#x017F;pra&#x0364;che. Das, wodurch &#x017F;ie am gefa&#x0364;hrlich-<lb/>
&#x017F;ten &#x017F;cheint, i&#x017F;t, daß &#x017F;ie beyde eben da&#x017F;&#x017F;elbe Ma&#x0364;d-<lb/>
chen lieben. Aber, glaube mir, Bruder, Guidos<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0028] Soͤhne haͤltſt, iſt der algemeine der Jugend. Es giebt keinen Juͤngling von Hofnung, der nicht einem Deiner Soͤhne gliche. Laß nur erſt das wilde Feuer der Jugend verlodern. Fuͤrſt. Ehe das geſchieht, kann vieles ver- derben. Als wenn das Feuer ſo ſtille verlodern wuͤrde, ohn’ etwas zu ergreifen! Wie fuͤrcht’ ich die romanhaften langſamen Entſchluͤſſe des einen, und das Unuͤberlegte des andern. Seitdem ich Blankan ins Kloſter bringen ließ, gefaͤllt mir Julius noch weniger, als ſonſt — und mußt’ ich nicht dieſen Schritt thun? war ſie nicht zu tief unter ſeinem Stande? Erſtickte nicht dieſe Leidenſchaft jeden Trieb in ihm zu dem, was gros und wichtig iſt? Erzbiſchoff. Verſchlimmert iſt doch dadurch auch nichts. Fuͤrſt. Gefaͤllt Dir denn das naͤchtliche Jrren im Garten und das Verſchlieſſen bey Tage? Haſt Du nicht bemerkt, wie er alles anſtarrt, zu allem laͤchelt, und antwortet wie einer, deſſen Seele weit weg iſt? Erzbiſchoff. Wenn aber die Sache auch nicht ſo ſtaͤnde, ſo verlohnt’ es der Muͤhe, daß man davon ſpraͤche. Das, wodurch ſie am gefaͤhrlich- ſten ſcheint, iſt, daß ſie beyde eben daſſelbe Maͤd- chen lieben. Aber, glaube mir, Bruder, Guidos

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/28
Zitationshilfe: Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/28>, abgerufen am 23.11.2024.