Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


Erzbischoff. Siehe, da kommt Caecilia --
ich werd euch allein lassen. Sie wird schon ohne
mich roth werden. (geht ab)
Siebender Auftritt.
Fürst. Caecilia.
Fürst. Guten Morgen, Caecilia -- sez Dich
zu mir.
Caecilia. Erlauben Sie, lieber Vater und
Oheim, daß ich Jhnen erst zu Jhrem Fest Glück
wünsche. (küsst ihm die Hand.)
Fürst. Jch danke Dir, liebe Tochter --
Seze Dich -- Aber bedenkst Du es, daß Du
mir zu einem neuen Grade meiner Schwachheit
Glück wünschest? Jch fühl' es, Caecilia, ich fühl'
es, daß ich alt werde. Der rosenfarbne Glanz, in
dem Du noch alle Dinge siehst, ist für mich ver-
bleicht.

Jch lebe nicht mehr, ich athme nur, und das
blosse Daseyn, ohne die Reize des Lebens, ist das
einzige Band zwischen mir und der Welt.
Caecilia. Sie halten sich auch für schwächer,
als Sie sind.
Fürst. Jch fühle mich -- Unmittelbar em-
pfind' ich nichts mehr. Nur Ein Kanal ist noch
übrig, durch den sich Süsses und Bitters in mein


Erzbiſchoff. Siehe, da kommt Caecilia —
ich werd euch allein laſſen. Sie wird ſchon ohne
mich roth werden. (geht ab)
Siebender Auftritt.
Fuͤrſt. Caecilia.
Fuͤrſt. Guten Morgen, Caecilia — ſez Dich
zu mir.
Caecilia. Erlauben Sie, lieber Vater und
Oheim, daß ich Jhnen erſt zu Jhrem Feſt Gluͤck
wuͤnſche. (kuͤſſt ihm die Hand.)
Fuͤrſt. Jch danke Dir, liebe Tochter —
Seze Dich — Aber bedenkſt Du es, daß Du
mir zu einem neuen Grade meiner Schwachheit
Gluͤck wuͤnſcheſt? Jch fuͤhl’ es, Caecilia, ich fuͤhl’
es, daß ich alt werde. Der roſenfarbne Glanz, in
dem Du noch alle Dinge ſiehſt, iſt fuͤr mich ver-
bleicht.

Jch lebe nicht mehr, ich athme nur, und das
bloſſe Daſeyn, ohne die Reize des Lebens, iſt das
einzige Band zwiſchen mir und der Welt.
Caecilia. Sie halten ſich auch fuͤr ſchwaͤcher,
als Sie ſind.
Fuͤrſt. Jch fuͤhle mich — Unmittelbar em-
pfind’ ich nichts mehr. Nur Ein Kanal iſt noch
uͤbrig, durch den ſich Suͤſſes und Bitters in mein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0031" n="27"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <sp who="#ERZ">
            <speaker>Erzbi&#x017F;choff.</speaker>
            <p>Siehe, da kommt Caecilia &#x2014;<lb/>
ich werd euch allein la&#x017F;&#x017F;en. Sie wird &#x017F;chon ohne<lb/>
mich roth werden. <stage>(geht ab)</stage></p>
          </sp>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Siebender Auftritt.</hi> </hi> </head><lb/>
          <stage> <hi rendition="#c">Fu&#x0364;r&#x017F;t. Caecilia.</hi> </stage><lb/>
          <sp who="#CON">
            <speaker>Fu&#x0364;r&#x017F;t.</speaker>
            <p>Guten Morgen, Caecilia &#x2014; &#x017F;ez Dich<lb/>
zu mir.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CAE">
            <speaker>Caecilia.</speaker>
            <p>Erlauben Sie, lieber Vater und<lb/>
Oheim, daß ich Jhnen er&#x017F;t zu Jhrem Fe&#x017F;t Glu&#x0364;ck<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;che. <stage>(ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;t ihm die Hand.)</stage></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CON">
            <speaker>Fu&#x0364;r&#x017F;t.</speaker>
            <p>Jch danke Dir, liebe Tochter &#x2014;<lb/>
Seze Dich &#x2014; Aber bedenk&#x017F;t Du es, daß Du<lb/>
mir zu einem neuen Grade meiner Schwachheit<lb/>
Glu&#x0364;ck wu&#x0364;n&#x017F;che&#x017F;t? Jch fu&#x0364;hl&#x2019; es, Caecilia, ich fu&#x0364;hl&#x2019;<lb/>
es, daß ich alt werde. Der ro&#x017F;enfarbne Glanz, in<lb/>
dem Du noch alle Dinge &#x017F;ieh&#x017F;t, i&#x017F;t fu&#x0364;r mich ver-<lb/>
bleicht.</p><lb/>
            <p>Jch lebe nicht mehr, ich athme nur, und das<lb/>
blo&#x017F;&#x017F;e Da&#x017F;eyn, ohne die Reize des Lebens, i&#x017F;t das<lb/>
einzige Band zwi&#x017F;chen mir und der Welt.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CAE">
            <speaker>Caecilia.</speaker>
            <p>Sie halten &#x017F;ich auch fu&#x0364;r &#x017F;chwa&#x0364;cher,<lb/>
als Sie &#x017F;ind.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CON">
            <speaker>Fu&#x0364;r&#x017F;t.</speaker>
            <p>Jch fu&#x0364;hle mich &#x2014; Unmittelbar em-<lb/>
pfind&#x2019; ich nichts mehr. Nur Ein Kanal i&#x017F;t noch<lb/>
u&#x0364;brig, durch den &#x017F;ich Su&#x0364;&#x017F;&#x017F;es und Bitters in mein<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0031] Erzbiſchoff. Siehe, da kommt Caecilia — ich werd euch allein laſſen. Sie wird ſchon ohne mich roth werden. (geht ab) Siebender Auftritt. Fuͤrſt. Caecilia. Fuͤrſt. Guten Morgen, Caecilia — ſez Dich zu mir. Caecilia. Erlauben Sie, lieber Vater und Oheim, daß ich Jhnen erſt zu Jhrem Feſt Gluͤck wuͤnſche. (kuͤſſt ihm die Hand.) Fuͤrſt. Jch danke Dir, liebe Tochter — Seze Dich — Aber bedenkſt Du es, daß Du mir zu einem neuen Grade meiner Schwachheit Gluͤck wuͤnſcheſt? Jch fuͤhl’ es, Caecilia, ich fuͤhl’ es, daß ich alt werde. Der roſenfarbne Glanz, in dem Du noch alle Dinge ſiehſt, iſt fuͤr mich ver- bleicht. Jch lebe nicht mehr, ich athme nur, und das bloſſe Daſeyn, ohne die Reize des Lebens, iſt das einzige Band zwiſchen mir und der Welt. Caecilia. Sie halten ſich auch fuͤr ſchwaͤcher, als Sie ſind. Fuͤrſt. Jch fuͤhle mich — Unmittelbar em- pfind’ ich nichts mehr. Nur Ein Kanal iſt noch uͤbrig, durch den ſich Suͤſſes und Bitters in mein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/31
Zitationshilfe: Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/31>, abgerufen am 23.11.2024.