Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.[Beginn Spaltensatz]
teutsch, runder Sauerampfer, Sauerampf mit runden Kraute. Dieser treibet dünne, einen bis anderthalben Schuh lange Stengel hervor, welche auf dem Boden herum kriechen. Die Blätter sind insgemein rund, jedoch bisweilen längliche und zugespitzt, blaßgrün von Farbe. Blüte und Samen sind den vorhergehenden gleich. Die Wurtzel ist dünne, und laufft in der Erde umher. Dieses Kraut wird in den Küchengärten gezogen, und als Salat genossen, dann es hat einen annehmlich säuerlichen Geschmack. Die dritte wird genennet Acetosa minor, Cast. Acetosa sylvestris, omnium minima, Renod. Acetosa arvensis, lanceolata, C.B. Pit. Tournef. Oxalis parva auriculata repens, J.B. Acetosella, Lon. Oxalis minima, Trag. Lapatiolum, Dod. Oxalis tenuifolia sinuata vervecina, Ad. Lobel. Oxalis sponte nascens, Caes. Oxalis ovina, Tabern. Icon. frantzösisch, petite Oseille und Oseille sauvage. teutsch, Sauerklee. Dieser wächst nicht über einer Hand breit hoch. Die Blätter sind klein und haben die Gestalt eines Eisens von einer Lantze oder andern Spiesse. Blüten und Samen sehen dem vorhergehenden gleich; sind jedoch um ein gut Theil zärter, und sitzen als wie Träublein bey einander. Auf der Erde siehet dieses Kräutlein gantz roth, insonderheit, wann nun der Samen reiff ist worden. Die Wurtzel kreucht umher, ist holtzigt und fasicht, und siehet roth. Es wächst auf dem Felde, wo es sandig ist. Unter allen Arten des Sauerampfers schmeckt diese am säuersten. Die Schafe fressen sie gerne; drum wird sie auch Oxalis ovina und vervecina, frantzösisch, Oseille de brebis, genennet, das heist nach dem teutschen, Schaf- oder Schöpsensauerampfer. Alle Arten des Sauerampfers führen viel Saltz. Sie stärcken das Hertz: machen Lust zum essen: stillen den Durst: widerstehen dem Gifte: hemmen den Durchfall und Verlust des Geblütes. Acetosa kommt von aceto, Eßig, weil dieses Kraut so sauer als wie Eßig ist. Oxalis kommt von oxus, acidus, sauer, dann Oxalis, der Sauerampfer, der ist sauer. Acetum. Acetum, frantzösisch Vinaigre, Weineßig, oder Eßig, ist eine saure Feuchtigkeit, die jederman bekannt genug. Dieselbige wird aus dem Weine durch eine abermahlige fermentation bereitet, indem sein tartarus, der Weinstein dadurch aufgelöset, und dünn gemachet wird. Diese Auflösung geschiehet gantz natürlicher Weise; dann, wann der Wein beginnet alt zu werden, so werden die subtilsten schwefelichten Theilgen zum Theil zerstreuet; dargegen schleichet sich der Weinstein ein in deren Stelle, und figiret und verwickelt die übrigen geistigen Theilgen des Weins, daß sie nicht mehr das ihrige verrichten können. Damit aber der Wein geschwinder sauer werden möge, so leget man das Faß, darinn er ist, an einen warmen Ort: findet sich nun Weinstein an desselben [Spaltenumbruch] Seiten, so zergehet er und vermischt sich mit dem Wein. Wobey zu mercken; wann der Wein sauer wird, so wird seiner nicht weniger, vielmehr wird er vermehret, weil eben nicht zu verspüren, daß viel davon verflieget, sondern daß der Weinstein dünne worden. Ist kein Weinstein in dem Fasse Wein, der sauer werden soll, so muß man Wein-Hefen drein schütten, und es von Zeit zu Zeit umrütteln: dann die Mutter oder Hefe des Weinsteins ist ein Weinstein, dessen saltzige Theilgen sich unfehlbar in dem Wein auflösen werden. Ein klar und reiner abgezogner Wein, von dem die Mutter samt dem Weinstein abgenomen worden, wird doch auch manchmahl sauer, wann er eine Zeitlang an der Luft gelegen, absonderlich im Sommer. Dann, obschon dieser Wein auch noch so hell und lauter ist, doch hat er allezeit gar viel tartarische Saltztheilgen annoch bey sich, die sich dann dergestalt ausbreiten und verdünnern, daß sie endlich die Oberhand über die flüchtig- und geistigen Theilgen erhalten. Jedoch hat der auf diese Weise bereitete Weineßig bey weitem keine solche Kraft, als wie derjenige, in dem viel von dem Weinstein und den Hefen ist zergangen und aufgelöset worden. Es ist nicht nöthig, den Ursprung des Weineßigs anderswo als in dem tartaro zu suchen: dann der Weinstein ist das eintzige Stück, welches das saure Saltz des Weins in sich enthält. So lange als der Wein bey seiner Kraft verbleibet, so zertheilet der darinne sich befindende Schwefelgeist den groben tartarum, der sonsten an des Fasses Boden und die Seiten sich anleget, und hält dasjenige, was davon aufgelöset ist, vermittelst seiner zackigten Theilgen, dergestalt gebunden, daß von demselbigen nur eine gar geringe Empfindung, oder ein liebliches Kützeln den Nerven des Geschmacks wird mitgetheilet. Alleine, wann der Wein abstehet und schwach wird, entweder weil sein Spiritus verflogen, oder, er hat zum andernmahl fermentiret und gegohren; das mag nun herkommen, wo es will; so machen sich die tartarischen oder saltzigten Theilgen los, werden dünner, zertheilen sich, und herrschen, so zu reden, über den Schwefel-Geist, der sie gleichsam gefangen und wie eingesperrt gehalten hat. Wann dann das saure Saltz, welches aus eitel zart- und kleinen Spitzlein bestehet, nur einmahl seine Freyheit hat erlanget, so hebt es alsbald an zu würcken, das sticht so ziemlich scharff, wann man es in den Mund und auf die Zunge nimmt. Die Eßigmacher legen indianischen Pfeffer in ihren Eßig, damit er desto stärcker werde. Es giebet zweyerley Weineßig: rothen, der von rothen Wein bereitet wird; und weissen, der von weissen oder blancken Wein wird zugerichtet. Einige nennen auch den destillirten Weineßig weissen Weineßig. Der Weingeist, eigentlich zu reden, ist ein gereinigter Verjus oder unreiffer Traubensaft. Dann der Saft von allerhand noch grünen Trauben bekommt, nach mancherley Ausarbeitung, so wohl natürlicher, als künstlicher, seine Säure wieder: und wird gar dienlich seyn, daß ich dasselbige hier nach der Reihe her erzehle. Wann die Traube noch gantz grüne ist, so ist sie herbe und anziehend, oder strenge, dieweil ihr saures [Ende Spaltensatz] [Beginn Spaltensatz]
teutsch, runder Sauerampfer, Sauerampf mit runden Kraute. Dieser treibet dünne, einen bis anderthalben Schuh lange Stengel hervor, welche auf dem Boden herum kriechen. Die Blätter sind insgemein rund, jedoch bisweilen längliche und zugespitzt, blaßgrün von Farbe. Blüte und Samen sind den vorhergehenden gleich. Die Wurtzel ist dünne, und laufft in der Erde umher. Dieses Kraut wird in den Küchengärten gezogen, und als Salat genossen, dann es hat einen annehmlich säuerlichen Geschmack. Die dritte wird genennet Acetosa minor, Cast. Acetosa sylvestris, omnium minima, Renod. Acetosa arvensis, lanceolata, C.B. Pit. Tournef. Oxalis parva auriculata repens, J.B. Acetosella, Lon. Oxalis minima, Trag. Lapatiolum, Dod. Oxalis tenuifolia sinuata vervecina, Ad. Lobel. Oxalis sponte nascens, Cæs. Oxalis ovina, Tabern. Icon. frantzösisch, petite Oseille und Oseille sauvage. teutsch, Sauerklee. Dieser wächst nicht über einer Hand breit hoch. Die Blätter sind klein und haben die Gestalt eines Eisens von einer Lantze oder andern Spiesse. Blüten und Samen sehen dem vorhergehenden gleich; sind jedoch um ein gut Theil zärter, und sitzen als wie Träublein bey einander. Auf der Erde siehet dieses Kräutlein gantz roth, insonderheit, wann nun der Samen reiff ist worden. Die Wurtzel kreucht umher, ist holtzigt und fasicht, und siehet roth. Es wächst auf dem Felde, wo es sandig ist. Unter allen Arten des Sauerampfers schmeckt diese am säuersten. Die Schafe fressen sie gerne; drum wird sie auch Oxalis ovina und vervecina, frantzösisch, Oseille de brebis, genennet, das heist nach dem teutschen, Schaf- oder Schöpsensauerampfer. Alle Arten des Sauerampfers führen viel Saltz. Sie stärcken das Hertz: machen Lust zum essen: stillen den Durst: widerstehen dem Gifte: hemmen den Durchfall und Verlust des Geblütes. Acetosa kommt von aceto, Eßig, weil dieses Kraut so sauer als wie Eßig ist. Oxalis kommt von ὀξὺς, acidus, sauer, dann Oxalis, der Sauerampfer, der ist sauer. Acetum. Acetum, frantzösisch Vinaigre, Weineßig, oder Eßig, ist eine saure Feuchtigkeit, die jederman bekannt genug. Dieselbige wird aus dem Weine durch eine abermahlige fermentation bereitet, indem sein tartarus, der Weinstein dadurch aufgelöset, und dünn gemachet wird. Diese Auflösung geschiehet gantz natürlicher Weise; dann, wann der Wein beginnet alt zu werden, so werden die subtilsten schwefelichten Theilgen zum Theil zerstreuet; dargegen schleichet sich der Weinstein ein in deren Stelle, und figiret und verwickelt die übrigen geistigen Theilgen des Weins, daß sie nicht mehr das ihrige verrichten können. Damit aber der Wein geschwinder sauer werden möge, so leget man das Faß, darinn er ist, an einen warmen Ort: findet sich nun Weinstein an desselben [Spaltenumbruch] Seiten, so zergehet er und vermischt sich mit dem Wein. Wobey zu mercken; wann der Wein sauer wird, so wird seiner nicht weniger, vielmehr wird er vermehret, weil eben nicht zu verspüren, daß viel davon verflieget, sondern daß der Weinstein dünne worden. Ist kein Weinstein in dem Fasse Wein, der sauer werden soll, so muß man Wein-Hefen drein schütten, und es von Zeit zu Zeit umrütteln: dann die Mutter oder Hefe des Weinsteins ist ein Weinstein, dessen saltzige Theilgen sich unfehlbar in dem Wein auflösen werden. Ein klar und reiner abgezogner Wein, von dem die Mutter samt dem Weinstein abgenom̅en worden, wird doch auch manchmahl sauer, wann er eine Zeitlang an der Luft gelegen, absonderlich im Sommer. Dann, obschon dieser Wein auch noch so hell und lauter ist, doch hat er allezeit gar viel tartarische Saltztheilgen annoch bey sich, die sich dann dergestalt ausbreiten und verdünnern, daß sie endlich die Oberhand über die flüchtig- und geistigen Theilgen erhalten. Jedoch hat der auf diese Weise bereitete Weineßig bey weitem keine solche Kraft, als wie derjenige, in dem viel von dem Weinstein und den Hefen ist zergangen und aufgelöset worden. Es ist nicht nöthig, den Ursprung des Weineßigs anderswo als in dem tartaro zu suchen: dann der Weinstein ist das eintzige Stück, welches das saure Saltz des Weins in sich enthält. So lange als der Wein bey seiner Kraft verbleibet, so zertheilet der darinne sich befindende Schwefelgeist den groben tartarum, der sonsten an des Fasses Boden und die Seiten sich anleget, und hält dasjenige, was davon aufgelöset ist, vermittelst seiner zackigten Theilgen, dergestalt gebunden, daß von demselbigen nur eine gar geringe Empfindung, oder ein liebliches Kützeln den Nerven des Geschmacks wird mitgetheilet. Alleine, wann der Wein abstehet und schwach wird, entweder weil sein Spiritus verflogen, oder, er hat zum andernmahl fermentiret und gegohren; das mag nun herkommen, wo es will; so machen sich die tartarischen oder saltzigten Theilgen los, werden dünner, zertheilen sich, und herrschen, so zu reden, über den Schwefel-Geist, der sie gleichsam gefangen und wie eingesperrt gehalten hat. Wann dann das saure Saltz, welches aus eitel zart- und kleinen Spitzlein bestehet, nur einmahl seine Freyheit hat erlanget, so hebt es alsbald an zu würcken, das sticht so ziemlich scharff, wann man es in den Mund und auf die Zunge nimmt. Die Eßigmacher legen indianischen Pfeffer in ihren Eßig, damit er desto stärcker werde. Es giebet zweyerley Weineßig: rothen, der von rothen Wein bereitet wird; und weissen, der von weissen oder blancken Wein wird zugerichtet. Einige nennen auch den destillirten Weineßig weissen Weineßig. Der Weingeist, eigentlich zu reden, ist ein gereinigter Verjus oder unreiffer Traubensaft. Dann der Saft von allerhand noch grünen Trauben bekommt, nach mancherley Ausarbeitung, so wohl natürlicher, als künstlicher, seine Säure wieder: und wird gar dienlich seyn, daß ich dasselbige hier nach der Reihe her erzehle. Wann die Traube noch gantz grüne ist, so ist sie herbe und anziehend, oder strenge, dieweil ihr saures [Ende Spaltensatz] <TEI> <text> <body> <div> <div type="lexiconEntry"> <pb facs="#f0026"/> <cb type="start"/> <p>teutsch, <hi rendition="#fr">runder Sauerampfer, Sauerampf mit runden Kraute.</hi></p><lb/> <p>Dieser treibet dünne, einen bis anderthalben Schuh lange Stengel hervor, welche auf dem Boden herum kriechen. Die Blätter sind insgemein rund, jedoch bisweilen längliche und zugespitzt, blaßgrün von Farbe. Blüte und Samen sind den vorhergehenden gleich. Die Wurtzel ist dünne, und laufft in der Erde umher. Dieses Kraut wird in den <hi rendition="#fr">Küchengärten</hi> gezogen, und als Salat genossen, dann es hat einen annehmlich säuerlichen Geschmack.</p><lb/> <p>Die dritte wird genennet</p><lb/> <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Acetosa minor,</hi> Cast.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Acetosa sylvestris, omnium minima,</hi> Renod.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Acetosa arvensis, lanceolata,</hi> C.B. Pit. Tournef.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Oxalis parva auriculata repens,</hi> J.B.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Acetosella,</hi> Lon.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Oxalis minima,</hi> Trag.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Lapatiolum,</hi> Dod.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Oxalis tenuifolia sinuata vervecina,</hi> Ad. Lobel.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Oxalis sponte nascens,</hi> Cæs.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Oxalis ovina,</hi> Tabern. Icon.</hi> </p><lb/> <p>frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">petite Oseille</hi></hi> und <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Oseille sauvage.</hi></hi></p><lb/> <p>teutsch, <hi rendition="#fr">Sauerklee.</hi></p><lb/> <p>Dieser wächst nicht über einer Hand breit hoch. Die Blätter sind klein und haben die Gestalt eines Eisens von einer Lantze oder andern Spiesse. Blüten und Samen sehen dem vorhergehenden gleich; sind jedoch um ein gut Theil zärter, und sitzen als wie Träublein bey einander. Auf der Erde siehet dieses Kräutlein gantz roth, insonderheit, wann nun der Samen reiff ist worden. Die Wurtzel kreucht umher, ist holtzigt und fasicht, und siehet roth. Es wächst auf dem <hi rendition="#fr">Felde,</hi> wo es sandig ist. Unter allen Arten des Sauerampfers schmeckt diese am säuersten. Die Schafe fressen sie gerne; drum wird sie auch <hi rendition="#i">Oxalis ovina</hi> und <hi rendition="#i">vervecina,</hi> frantzösisch, <hi rendition="#i">Oseille de brebis,</hi> genennet, das heist nach dem teutschen, Schaf- oder Schöpsensauerampfer.</p><lb/> <p>Alle Arten des Sauerampfers führen viel Saltz. Sie stärcken das Hertz: machen Lust zum essen: stillen den Durst: widerstehen dem Gifte: hemmen den Durchfall und Verlust des Geblütes.</p><lb/> <p><hi rendition="#i">Acetosa</hi> kommt von <hi rendition="#i">aceto,</hi> Eßig, weil dieses Kraut so sauer als wie Eßig ist.</p><lb/> <p><hi rendition="#i">Oxalis</hi> kommt von <hi rendition="#i">ὀξὺς, acidus,</hi> sauer, dann <hi rendition="#i">Oxalis,</hi> der Sauerampfer, der ist sauer.</p> </div><lb/> <div type="lexiconEntry"> <head>Acetum.</head><lb/> <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Acetum</hi>,</hi> frantzösisch <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Vinaigre</hi></hi>, <hi rendition="#fr">Weineßig,</hi> oder <hi rendition="#fr">Eßig,</hi> ist eine saure Feuchtigkeit, die jederman bekannt genug. Dieselbige wird aus dem Weine durch eine abermahlige <hi rendition="#i">fermentation</hi> bereitet, indem sein <hi rendition="#i">tartarus,</hi> der Weinstein dadurch aufgelöset, und dünn gemachet wird. Diese Auflösung geschiehet gantz natürlicher Weise; dann, wann der Wein beginnet alt zu werden, so werden die subtilsten schwefelichten Theilgen zum Theil zerstreuet; dargegen schleichet sich der Weinstein ein in deren Stelle, und figiret und verwickelt die übrigen geistigen Theilgen des Weins, daß sie nicht mehr das ihrige verrichten können.</p><lb/> <p>Damit aber der Wein geschwinder sauer werden möge, so leget man das Faß, darinn er ist, an einen warmen Ort: findet sich nun Weinstein an desselben <cb/> Seiten, so zergehet er und vermischt sich mit dem Wein. Wobey zu mercken; wann der Wein sauer wird, so wird seiner nicht weniger, vielmehr wird er vermehret, weil eben nicht zu verspüren, daß viel davon verflieget, sondern daß der Weinstein dünne worden. Ist kein Weinstein in dem Fasse Wein, der sauer werden soll, so muß man Wein-Hefen drein schütten, und es von Zeit zu Zeit umrütteln: dann die Mutter oder Hefe des Weinsteins ist ein Weinstein, dessen saltzige Theilgen sich unfehlbar in dem Wein auflösen werden.</p><lb/> <p>Ein klar und reiner abgezogner Wein, von dem die Mutter samt dem Weinstein abgenom̅en worden, wird doch auch manchmahl sauer, wann er eine Zeitlang an der Luft gelegen, absonderlich im Sommer. Dann, obschon dieser Wein auch noch so hell und lauter ist, doch hat er allezeit gar viel tartarische Saltztheilgen annoch bey sich, die sich dann dergestalt ausbreiten und verdünnern, daß sie endlich die Oberhand über die flüchtig- und geistigen Theilgen erhalten. Jedoch hat der auf diese Weise bereitete Weineßig bey weitem keine solche Kraft, als wie derjenige, in dem viel von dem Weinstein und den Hefen ist zergangen und aufgelöset worden.</p><lb/> <p>Es ist nicht nöthig, den Ursprung des Weineßigs anderswo als in dem <hi rendition="#i">tartaro</hi> zu suchen: dann der Weinstein ist das eintzige Stück, welches das saure Saltz des Weins in sich enthält. So lange als der Wein bey seiner Kraft verbleibet, so zertheilet der darinne sich befindende Schwefelgeist den groben <hi rendition="#i">tartarum,</hi> der sonsten an des Fasses Boden und die Seiten sich anleget, und hält dasjenige, was davon aufgelöset ist, vermittelst seiner zackigten Theilgen, dergestalt gebunden, daß von demselbigen nur eine gar geringe Empfindung, oder ein liebliches Kützeln den Nerven des Geschmacks wird mitgetheilet. Alleine, wann der Wein abstehet und schwach wird, entweder weil sein <hi rendition="#i">Spiritus</hi> verflogen, oder, er hat zum andernmahl fermentiret und gegohren; das mag nun herkommen, wo es will; so machen sich die tartarischen oder saltzigten Theilgen los, werden dünner, zertheilen sich, und herrschen, so zu reden, über den Schwefel-Geist, der sie gleichsam gefangen und wie eingesperrt gehalten hat. Wann dann das saure Saltz, welches aus eitel zart- und kleinen Spitzlein bestehet, nur einmahl seine Freyheit hat erlanget, so hebt es alsbald an zu würcken, das sticht so ziemlich scharff, wann man es in den Mund und auf die Zunge nimmt.</p><lb/> <p>Die Eßigmacher legen indianischen Pfeffer in ihren Eßig, damit er desto stärcker werde.</p><lb/> <p>Es giebet zweyerley Weineßig: rothen, der von rothen Wein bereitet wird; und weissen, der von weissen oder blancken Wein wird zugerichtet. Einige nennen auch den destillirten Weineßig weissen Weineßig.</p><lb/> <p>Der Weingeist, eigentlich zu reden, ist ein gereinigter Verjus oder unreiffer Traubensaft. Dann der Saft von allerhand noch grünen Trauben bekommt, nach mancherley Ausarbeitung, so wohl natürlicher, als künstlicher, seine Säure wieder: und wird gar dienlich seyn, daß ich dasselbige hier nach der Reihe her erzehle.</p><lb/> <p>Wann die Traube noch gantz grüne ist, so ist sie herbe und anziehend, oder strenge, dieweil ihr saures <cb type="end"/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0026]
teutsch, runder Sauerampfer, Sauerampf mit runden Kraute.
Dieser treibet dünne, einen bis anderthalben Schuh lange Stengel hervor, welche auf dem Boden herum kriechen. Die Blätter sind insgemein rund, jedoch bisweilen längliche und zugespitzt, blaßgrün von Farbe. Blüte und Samen sind den vorhergehenden gleich. Die Wurtzel ist dünne, und laufft in der Erde umher. Dieses Kraut wird in den Küchengärten gezogen, und als Salat genossen, dann es hat einen annehmlich säuerlichen Geschmack.
Die dritte wird genennet
Acetosa minor, Cast.
Acetosa sylvestris, omnium minima, Renod.
Acetosa arvensis, lanceolata, C.B. Pit. Tournef.
Oxalis parva auriculata repens, J.B.
Acetosella, Lon.
Oxalis minima, Trag.
Lapatiolum, Dod.
Oxalis tenuifolia sinuata vervecina, Ad. Lobel.
Oxalis sponte nascens, Cæs.
Oxalis ovina, Tabern. Icon.
frantzösisch, petite Oseille und Oseille sauvage.
teutsch, Sauerklee.
Dieser wächst nicht über einer Hand breit hoch. Die Blätter sind klein und haben die Gestalt eines Eisens von einer Lantze oder andern Spiesse. Blüten und Samen sehen dem vorhergehenden gleich; sind jedoch um ein gut Theil zärter, und sitzen als wie Träublein bey einander. Auf der Erde siehet dieses Kräutlein gantz roth, insonderheit, wann nun der Samen reiff ist worden. Die Wurtzel kreucht umher, ist holtzigt und fasicht, und siehet roth. Es wächst auf dem Felde, wo es sandig ist. Unter allen Arten des Sauerampfers schmeckt diese am säuersten. Die Schafe fressen sie gerne; drum wird sie auch Oxalis ovina und vervecina, frantzösisch, Oseille de brebis, genennet, das heist nach dem teutschen, Schaf- oder Schöpsensauerampfer.
Alle Arten des Sauerampfers führen viel Saltz. Sie stärcken das Hertz: machen Lust zum essen: stillen den Durst: widerstehen dem Gifte: hemmen den Durchfall und Verlust des Geblütes.
Acetosa kommt von aceto, Eßig, weil dieses Kraut so sauer als wie Eßig ist.
Oxalis kommt von ὀξὺς, acidus, sauer, dann Oxalis, der Sauerampfer, der ist sauer.
Acetum.
Acetum, frantzösisch Vinaigre, Weineßig, oder Eßig, ist eine saure Feuchtigkeit, die jederman bekannt genug. Dieselbige wird aus dem Weine durch eine abermahlige fermentation bereitet, indem sein tartarus, der Weinstein dadurch aufgelöset, und dünn gemachet wird. Diese Auflösung geschiehet gantz natürlicher Weise; dann, wann der Wein beginnet alt zu werden, so werden die subtilsten schwefelichten Theilgen zum Theil zerstreuet; dargegen schleichet sich der Weinstein ein in deren Stelle, und figiret und verwickelt die übrigen geistigen Theilgen des Weins, daß sie nicht mehr das ihrige verrichten können.
Damit aber der Wein geschwinder sauer werden möge, so leget man das Faß, darinn er ist, an einen warmen Ort: findet sich nun Weinstein an desselben
Seiten, so zergehet er und vermischt sich mit dem Wein. Wobey zu mercken; wann der Wein sauer wird, so wird seiner nicht weniger, vielmehr wird er vermehret, weil eben nicht zu verspüren, daß viel davon verflieget, sondern daß der Weinstein dünne worden. Ist kein Weinstein in dem Fasse Wein, der sauer werden soll, so muß man Wein-Hefen drein schütten, und es von Zeit zu Zeit umrütteln: dann die Mutter oder Hefe des Weinsteins ist ein Weinstein, dessen saltzige Theilgen sich unfehlbar in dem Wein auflösen werden.
Ein klar und reiner abgezogner Wein, von dem die Mutter samt dem Weinstein abgenom̅en worden, wird doch auch manchmahl sauer, wann er eine Zeitlang an der Luft gelegen, absonderlich im Sommer. Dann, obschon dieser Wein auch noch so hell und lauter ist, doch hat er allezeit gar viel tartarische Saltztheilgen annoch bey sich, die sich dann dergestalt ausbreiten und verdünnern, daß sie endlich die Oberhand über die flüchtig- und geistigen Theilgen erhalten. Jedoch hat der auf diese Weise bereitete Weineßig bey weitem keine solche Kraft, als wie derjenige, in dem viel von dem Weinstein und den Hefen ist zergangen und aufgelöset worden.
Es ist nicht nöthig, den Ursprung des Weineßigs anderswo als in dem tartaro zu suchen: dann der Weinstein ist das eintzige Stück, welches das saure Saltz des Weins in sich enthält. So lange als der Wein bey seiner Kraft verbleibet, so zertheilet der darinne sich befindende Schwefelgeist den groben tartarum, der sonsten an des Fasses Boden und die Seiten sich anleget, und hält dasjenige, was davon aufgelöset ist, vermittelst seiner zackigten Theilgen, dergestalt gebunden, daß von demselbigen nur eine gar geringe Empfindung, oder ein liebliches Kützeln den Nerven des Geschmacks wird mitgetheilet. Alleine, wann der Wein abstehet und schwach wird, entweder weil sein Spiritus verflogen, oder, er hat zum andernmahl fermentiret und gegohren; das mag nun herkommen, wo es will; so machen sich die tartarischen oder saltzigten Theilgen los, werden dünner, zertheilen sich, und herrschen, so zu reden, über den Schwefel-Geist, der sie gleichsam gefangen und wie eingesperrt gehalten hat. Wann dann das saure Saltz, welches aus eitel zart- und kleinen Spitzlein bestehet, nur einmahl seine Freyheit hat erlanget, so hebt es alsbald an zu würcken, das sticht so ziemlich scharff, wann man es in den Mund und auf die Zunge nimmt.
Die Eßigmacher legen indianischen Pfeffer in ihren Eßig, damit er desto stärcker werde.
Es giebet zweyerley Weineßig: rothen, der von rothen Wein bereitet wird; und weissen, der von weissen oder blancken Wein wird zugerichtet. Einige nennen auch den destillirten Weineßig weissen Weineßig.
Der Weingeist, eigentlich zu reden, ist ein gereinigter Verjus oder unreiffer Traubensaft. Dann der Saft von allerhand noch grünen Trauben bekommt, nach mancherley Ausarbeitung, so wohl natürlicher, als künstlicher, seine Säure wieder: und wird gar dienlich seyn, daß ich dasselbige hier nach der Reihe her erzehle.
Wann die Traube noch gantz grüne ist, so ist sie herbe und anziehend, oder strenge, dieweil ihr saures
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … TextGrid: Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-02-19T20:05:58Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-02-19T20:05:58Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein; Abbildungen innerhalb des Textteils wurden nicht markiert. Die Stichwörter der einzelnen Einträge innerhalb des Textteils sind, abweichend von der Vorlage, nicht in Versalien gesetzt.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |