Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] Darzwischen erhebet sich ein Stengel, etwan des halben Fusses hoch, der ist rund, gantz blos und zart, stöst an der Spitze einen Hauffen kleine Stengel von sich, auf Art der Kronen oder Umbellen, darauf stehen die Blüten, deren jede aus sechs länglichten und spitzigen, in einen Kreis gestellten Blätterlein bestehet, welche aussen grünlicht, oder als wie das Gras aussehen, inwendig aber weiß, sind dreyeckigt, und inwendig in drey Fächlein abgetheilt, darinn die zarten, schier gantz runden, schwartzen Samenkörner liegen. Die Wurtzel ist ein weisser Bulben, oder eine weisse Zwiebel, an welcher gar viel andere kleine hangen, auf Traubenart, und noch dazu etliche Zasern. Die Wurtzel ist mit wässerigen, schleimigen, in etwas bitteren Safte angefüllt, und dient zu essen. Das Gewächse wächst in Hecken und im Getraide. Die Wurtzel wird zur Artzney gebraucht, führet viel phlegma und Oel, nicht eben gar zu viel Sal essentiale.

Die dienet zu Beförderung des Auswurffs und des Harns: sie mildert die Schärffe der Feuchtigkeiten in dem Leibe, wann sie abgesotten gebrauchet, oder auch wol selbst genossen wird.

Ornithogalum kommt von ornis, avis, Vogel, und gala, lac, Milch, dieweil die Blüte dieses Krautes inwendig milchweiß ist, und eine Farbe hat, als wie die Federn an einen und den andern Vogeln.

Ornithopodium.

Ornithopodium, Dod.

Ornithopodium flore flavescente, J.B.

Ornithopodium majus, C.B. Pit. Tournef.

Polygala, Ges. Hort.

frantzösisch, Pied d'oiseau.

teutsch, Vogelklauen.

Ist ein Kraut, welches einen Hauffen kleine, zarte, schwache und ästige Stengel treibet, die schier gantz auf dem Boden liegen, rund und rauch sind. Die Blüten sind viel kleiner und viel zärter, dann die an den Linsen, stehen langs an einer Ribbe oder Stiele hinaus, gegen einander über. Die Blüten, welche klein, sehen wie an den Hülsenfrüchten, sitzen viele bey einander zu oberst an den Zweigen, auf kurtzen Stielen, und sehen gelbe: ihr Kelch ist ein ausgezacktes Hörnlein. Wann diese Blüten vergangen sind, so kommen Schoten dran zum Vorschein, die sind krumm, als wie die Sicheln, und bestehen eine jede aus viel Stücken, die mit den Enden zusammen gehencket sind. Dieser Schoten wachsen zwey und zwey beysammen, und sehen fast als wie die Vogelklauen, und in jedem Stück befindet sich ein dünnes, schier gantz rundes Samenkorn, den Steckrübensamen nicht unähnlich. Die Wurtzel ist klein und weiß. Dieses Kraut wächst auf dem Felde, in den Thälern, an trocknen, ungebauten Orten: es führet viel Saltz und Oel.

Es eröffnet, ist gut den Nieren- und Blasenstein zu malmen und zu treiben: es wird auch äusserlich zu den Brüchen gebraucht.

Ornithopodium kommt von ornis, avis, Vogel, und pous, pes, Fuß, als ob man sprechen wolte, Vogelfuß, Vogelklaue: dieweil die Schoten dieses Krautes also sehen und beysammen stehen.

Orobanche.

Orobanche, frantzösisch, Orobanche, teutsch, Sommerwurtzel, Ervenwürger, ist ein Kraut, dessen es zwey Hauptgattungen giebet.

Die eine heisset

Orobanche, Matth. Amat herba Tauri, vel Vaccae, Ang. Cord. in Diosc.

Leontobotanos, Lon. Lob.

Cynomorion a canini genitalis similitudine, Plinio.

Leonina herba, Hermolao.

Orobanche flore majore, J.B. Raji Hist.

Orobanche major Caryophyllum olens, C.B. Pit. Tournef.

Legumen leoninum, Ruell.

Rapum Genistae, Dod. Gal. Ger.

Die treibet einen Stengel, etwan auf anderthalben Schuh hoch, der ist gerade, rund oder cylinderformig, bleich oder gelblicht roth, rauch, hol wie ein Röhrlein, gar brüchig und träget keine rechten Blätter, sondern giebt nur als wie den Anfang darvon; die haben die Gestalt als wie ein schmales, schwammiges Zünglein und vergehen in kurtzer Zeit. Die Blüten wachsen nach der Länge zu oberst an dem Stengel etwas weit von einander; sind rauch, bleich purperfarbig oder gelb, oder grünlicht und riechen wol. Nach Tourneforts Erachten ist eine jede unter denenselben ein Röhrlein, das am Boden gantz geschlossen, am andern Ende aber offen, ausgeschweiffet und als eine Larve wunderlich zerschnitten ist. Das obere labium an dieser Blume sieht wie ein Helm, und das untere ist insgemeine in drey Theil zertheilet. Wann diese Blume vergangen ist, so erscheinet eine länglichte Frucht, die theilt sich in zwey Hülsen von einander, und diese sind mit gar sehr zart- und weißlichten Samen angefüllt. Die Wurtzeln sind knollicht, des Daumens dicke, fast gäntzlich rund oder kegelformig, schuppich und aussen schwartz, inwendig weißlicht oder gelblicht, dünn und voll bittern, schleimigen Saft, werden so harte wie Horn, wann sie dörr worden sind. Dieses Kraut wächst gemeiniglich nahe bey einem andern, im Felde, unter den Hülsenfrüchten, unter dem Lein und Hanff, unter dem Bockshornkraute und Getraide, nahe bey dem Ginst. C. Bauhinus saget, die Blüte von der Orobanche, die an dem Ginst wächst, sey grünlicht, die aber auf den spanischen Ginst oder Pfriemenkraute wächst, sey gelbe und viel grösser. Die Orobanche wird wie der Spargel, gegessen.

Die zweyte Gattung heist

Orobanche ramosa, C.B. Ger. Pit. Tournef.

Orobanche altera brevior & ramosa, Caes.

Orobanche minor purpureis floribus, sive ramosa, J.B. Raji Hist.

Die treibet einen oder mehr ästige Stengel, etwan des halben Fusses hoch, die sind viel dünner und härter, als wie die an der gemeinen, röthlicht und rauch, geben gleichergestalt nur einige Anzeichen von Blättern. Die Blüten stehen wie die Aehren oben auf den Spitzen ihrer Zweige, sind wie die an der vorigen formiret, jedoch ein gut Theil kleiner und purperfarbig. Nach ihnen folgen die Früchte, mit trefflich zarten Samen angefüllt. Die Wurtzeln [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Darzwischen erhebet sich ein Stengel, etwan des halben Fusses hoch, der ist rund, gantz blos und zart, stöst an der Spitze einen Hauffen kleine Stengel von sich, auf Art der Kronen oder Umbellen, darauf stehen die Blüten, deren jede aus sechs länglichten und spitzigen, in einen Kreis gestellten Blätterlein bestehet, welche aussen grünlicht, oder als wie das Gras aussehen, inwendig aber weiß, sind dreyeckigt, und inwendig in drey Fächlein abgetheilt, darinn die zarten, schier gantz runden, schwartzen Samenkörner liegen. Die Wurtzel ist ein weisser Bulben, oder eine weisse Zwiebel, an welcher gar viel andere kleine hangen, auf Traubenart, und noch dazu etliche Zasern. Die Wurtzel ist mit wässerigen, schleimigen, in etwas bitteren Safte angefüllt, und dient zu essen. Das Gewächse wächst in Hecken und im Getraide. Die Wurtzel wird zur Artzney gebraucht, führet viel phlegma und Oel, nicht eben gar zu viel Sal essentiale.

Die dienet zu Beförderung des Auswurffs und des Harns: sie mildert die Schärffe der Feuchtigkeiten in dem Leibe, wann sie abgesotten gebrauchet, oder auch wol selbst genossen wird.

Ornithogalum kommt von ὄρνις, avis, Vogel, und γάλα, lac, Milch, dieweil die Blüte dieses Krautes inwendig milchweiß ist, und eine Farbe hat, als wie die Federn an einen und den andern Vogeln.

Ornithopodium.

Ornithopodium, Dod.

Ornithopodium flore flavescente, J.B.

Ornithopodium majus, C.B. Pit. Tournef.

Polygala, Ges. Hort.

frantzösisch, Pied d'oiseau.

teutsch, Vogelklauen.

Ist ein Kraut, welches einen Hauffen kleine, zarte, schwache und ästige Stengel treibet, die schier gantz auf dem Boden liegen, rund und rauch sind. Die Blüten sind viel kleiner und viel zärter, dann die an den Linsen, stehen langs an einer Ribbe oder Stiele hinaus, gegen einander über. Die Blüten, welche klein, sehen wie an den Hülsenfrüchten, sitzen viele bey einander zu oberst an den Zweigen, auf kurtzen Stielen, und sehen gelbe: ihr Kelch ist ein ausgezacktes Hörnlein. Wann diese Blüten vergangen sind, so kommen Schoten dran zum Vorschein, die sind krumm, als wie die Sicheln, und bestehen eine jede aus viel Stücken, die mit den Enden zusammen gehencket sind. Dieser Schoten wachsen zwey und zwey beysammen, und sehen fast als wie die Vogelklauen, und in jedem Stück befindet sich ein dünnes, schier gantz rundes Samenkorn, den Steckrübensamen nicht unähnlich. Die Wurtzel ist klein und weiß. Dieses Kraut wächst auf dem Felde, in den Thälern, an trocknen, ungebauten Orten: es führet viel Saltz und Oel.

Es eröffnet, ist gut den Nieren- und Blasenstein zu malmen und zu treiben: es wird auch äusserlich zu den Brüchen gebraucht.

Ornithopodium kommt von ὄρνις, avis, Vogel, und ϖοῦς, pes, Fuß, als ob man sprechen wolte, Vogelfuß, Vogelklaue: dieweil die Schoten dieses Krautes also sehen und beysammen stehen.

Orobanche.

Orobanche, frantzösisch, Orobanche, teutsch, Sommerwurtzel, Ervenwürger, ist ein Kraut, dessen es zwey Hauptgattungen giebet.

Die eine heisset

Orobanche, Matth. Amat herba Tauri, vel Vaccæ, Ang. Cord. in Diosc.

Leontobotanos, Lon. Lob.

Cynomorion à canini genitalis similitudine, Plinio.

Leonina herba, Hermolao.

Orobanche flore majore, J.B. Raji Hist.

Orobanche major Caryophyllum olens, C.B. Pit. Tournef.

Legumen leoninum, Ruell.

Rapum Genistæ, Dod. Gal. Ger.

Die treibet einen Stengel, etwan auf anderthalben Schuh hoch, der ist gerade, rund oder cylinderformig, bleich oder gelblicht roth, rauch, hol wie ein Röhrlein, gar brüchig und träget keine rechten Blätter, sondern giebt nur als wie den Anfang darvon; die haben die Gestalt als wie ein schmales, schwammiges Zünglein und vergehen in kurtzer Zeit. Die Blüten wachsen nach der Länge zu oberst an dem Stengel etwas weit von einander; sind rauch, bleich purperfarbig oder gelb, oder grünlicht und riechen wol. Nach Tourneforts Erachten ist eine jede unter denenselben ein Röhrlein, das am Boden gantz geschlossen, am andern Ende aber offen, ausgeschweiffet und als eine Larve wunderlich zerschnitten ist. Das obere labium an dieser Blume sieht wie ein Helm, und das untere ist insgemeine in drey Theil zertheilet. Wann diese Blume vergangen ist, so erscheinet eine länglichte Frucht, die theilt sich in zwey Hülsen von einander, und diese sind mit gar sehr zart- und weißlichten Samen angefüllt. Die Wurtzeln sind knollicht, des Daumens dicke, fast gäntzlich rund oder kegelformig, schuppich und aussen schwartz, inwendig weißlicht oder gelblicht, dünn und voll bittern, schleimigen Saft, werden so harte wie Horn, wann sie dörr worden sind. Dieses Kraut wächst gemeiniglich nahe bey einem andern, im Felde, unter den Hülsenfrüchten, unter dem Lein und Hanff, unter dem Bockshornkraute und Getraide, nahe bey dem Ginst. C. Bauhinus saget, die Blüte von der Orobanche, die an dem Ginst wächst, sey grünlicht, die aber auf den spanischen Ginst oder Pfriemenkraute wächst, sey gelbe und viel grösser. Die Orobanche wird wie der Spargel, gegessen.

Die zweyte Gattung heist

Orobanche ramosa, C.B. Ger. Pit. Tournef.

Orobanche altera brevior & ramosa, Cæs.

Orobanche minor purpureis floribus, sive ramosa, J.B. Raji Hist.

Die treibet einen oder mehr ästige Stengel, etwan des halben Fusses hoch, die sind viel dünner und härter, als wie die an der gemeinen, röthlicht und rauch, geben gleichergestalt nur einige Anzeichen von Blättern. Die Blüten stehen wie die Aehren oben auf den Spitzen ihrer Zweige, sind wie die an der vorigen formiret, jedoch ein gut Theil kleiner und purperfarbig. Nach ihnen folgen die Früchte, mit trefflich zarten Samen angefüllt. Die Wurtzeln [Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="lexiconEntry">
          <p><pb facs="#f0429"/><cb type="start"/>
Darzwischen erhebet sich ein Stengel, etwan des halben Fusses hoch, der ist rund, gantz blos und zart, stöst an der Spitze einen Hauffen kleine Stengel von sich, auf Art der Kronen oder <hi rendition="#i">Umbell</hi>en, darauf stehen die Blüten, deren jede aus sechs länglichten und spitzigen, in einen Kreis gestellten Blätterlein bestehet, welche aussen grünlicht, oder als wie das Gras aussehen, inwendig aber weiß, sind dreyeckigt, und inwendig in drey Fächlein abgetheilt, darinn die zarten, schier gantz runden, schwartzen Samenkörner liegen. Die Wurtzel ist ein weisser Bulben, oder eine weisse Zwiebel, an welcher gar viel andere kleine hangen, auf Traubenart, und noch dazu etliche Zasern. Die Wurtzel ist mit wässerigen, schleimigen, in etwas bitteren Safte angefüllt, und dient zu essen. Das Gewächse wächst in <hi rendition="#fr">Hecken</hi> und im <hi rendition="#fr">Getraide.</hi> Die Wurtzel wird zur Artzney gebraucht, führet viel <hi rendition="#i">phlegma</hi> und Oel, nicht eben gar zu viel <hi rendition="#i">Sal essentiale.</hi></p><lb/>
          <p>Die dienet zu Beförderung des Auswurffs und des Harns: sie mildert die Schärffe der Feuchtigkeiten in dem Leibe, wann sie abgesotten gebrauchet, oder auch wol selbst genossen wird.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Ornithogalum</hi> kommt von <hi rendition="#i">&#x1F44;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B9;&#x03C2;, avis,</hi> <hi rendition="#fr">Vogel,</hi> und <hi rendition="#i">&#x03B3;&#x1F71;&#x03BB;&#x03B1;, lac,</hi> <hi rendition="#fr">Milch,</hi> dieweil die Blüte dieses Krautes inwendig milchweiß ist, und eine Farbe hat, als wie die Federn an einen und den andern Vogeln.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Ornithopodium.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Ornithopodium</hi>, Dod.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Ornithopodium flore flavescente</hi>, J.B.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Ornithopodium majus</hi>, C.B. Pit. Tournef.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Polygala</hi>, Ges. Hort.</hi> </p><lb/>
          <p>frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Pied d'oiseau.</hi></hi></p><lb/>
          <p>teutsch, <hi rendition="#fr">Vogelklauen.</hi></p><lb/>
          <p>Ist ein Kraut, welches einen Hauffen kleine, zarte, schwache und ästige Stengel treibet, die schier gantz auf dem Boden liegen, rund und rauch sind. Die Blüten sind viel kleiner und viel zärter, dann die an den Linsen, stehen langs an einer Ribbe oder Stiele hinaus, gegen einander über. Die Blüten, welche klein, sehen wie an den Hülsenfrüchten, sitzen viele bey einander zu oberst an den Zweigen, auf kurtzen Stielen, und sehen gelbe: ihr Kelch ist ein ausgezacktes Hörnlein. Wann diese Blüten vergangen sind, so kommen Schoten dran zum Vorschein, die sind krumm, als wie die Sicheln, und bestehen eine jede aus viel Stücken, die mit den Enden zusammen gehencket sind. Dieser Schoten wachsen zwey und zwey beysammen, und sehen fast als wie die Vogelklauen, und in jedem Stück befindet sich ein dünnes, schier gantz rundes Samenkorn, den Steckrübensamen nicht unähnlich. Die Wurtzel ist klein und weiß. Dieses Kraut wächst auf dem <hi rendition="#fr">Felde,</hi> in den <hi rendition="#fr">Thälern,</hi> an trocknen, ungebauten Orten: es führet viel Saltz und Oel.</p><lb/>
          <p>Es eröffnet, ist gut den Nieren- und Blasenstein zu malmen und zu treiben: es wird auch äusserlich zu den Brüchen gebraucht.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Ornithopodium</hi> kommt von <hi rendition="#i">&#x1F44;&#x03C1;&#x03BD;&#x03B9;&#x03C2;, avis,</hi> <hi rendition="#fr">Vogel,</hi> und <hi rendition="#i">&#x03D6;&#x03BF;&#x1FE6;&#x03C2;, pes,</hi> <hi rendition="#fr">Fuß,</hi> als ob man sprechen wolte, Vogelfuß, Vogelklaue: dieweil die Schoten dieses Krautes also sehen und beysammen stehen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Orobanche.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Orobanche</hi></hi>, frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Orobanche</hi></hi>, teutsch, <hi rendition="#fr">Sommerwurtzel, Ervenwürger,</hi> ist ein Kraut, dessen es zwey Hauptgattungen giebet.</p><lb/>
          <p>Die eine heisset</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Orobanche</hi>, Matth. Amat <hi rendition="#g">herba Tauri, vel Vaccæ</hi>, Ang. Cord. in Diosc.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Leontobotanos</hi>, Lon. Lob.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Cynomorion à canini genitalis similitudine</hi>, Plinio.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Leonina herba</hi>, Hermolao.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Orobanche flore majore</hi>, J.B. Raji Hist.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Orobanche major Caryophyllum olens</hi>, C.B. Pit. Tournef.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Legumen leoninum</hi>, Ruell.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Rapum Genistæ</hi>, Dod. Gal. Ger.</hi> </p><lb/>
          <p>Die treibet einen Stengel, etwan auf anderthalben Schuh hoch, der ist gerade, rund oder cylinderformig, bleich oder gelblicht roth, rauch, hol wie ein Röhrlein, gar brüchig und träget keine rechten Blätter, sondern giebt nur als wie den Anfang darvon; die haben die Gestalt als wie ein schmales, schwammiges Zünglein und vergehen in kurtzer Zeit. Die Blüten wachsen nach der Länge zu oberst an dem Stengel etwas weit von einander; sind rauch, bleich purperfarbig oder gelb, oder grünlicht und riechen wol. Nach Tourneforts Erachten ist eine jede unter denenselben ein Röhrlein, das am Boden gantz geschlossen, am andern Ende aber offen, ausgeschweiffet und als eine Larve wunderlich zerschnitten ist. Das obere <hi rendition="#i">labium</hi> an dieser Blume sieht wie ein Helm, und das untere ist insgemeine in drey Theil zertheilet. Wann diese Blume vergangen ist, so erscheinet eine länglichte Frucht, die theilt sich in zwey Hülsen von einander, und diese sind mit gar sehr zart- und weißlichten Samen angefüllt. Die Wurtzeln sind knollicht, des Daumens dicke, fast gäntzlich rund oder kegelformig, schuppich und aussen schwartz, inwendig weißlicht oder gelblicht, dünn und voll bittern, schleimigen Saft, werden so harte wie Horn, wann sie dörr worden sind. Dieses Kraut wächst gemeiniglich nahe bey einem andern, im Felde, unter den Hülsenfrüchten, unter dem Lein und Hanff, unter dem Bockshornkraute und Getraide, nahe bey dem Ginst. <hi rendition="#i">C. Bauhinus</hi> saget, die Blüte von der <hi rendition="#i">Orobanche,</hi> die an dem Ginst wächst, sey grünlicht, die aber auf den spanischen Ginst oder Pfriemenkraute wächst, sey gelbe und viel grösser. Die <hi rendition="#i">Orobanche</hi> wird wie der Spargel, gegessen.</p><lb/>
          <p>Die zweyte Gattung heist</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Orobanche ramosa</hi>, C.B. Ger. Pit. Tournef.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Orobanche altera brevior &amp; ramosa</hi>, Cæs.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Orobanche minor purpureis floribus, sive ramosa</hi>, J.B. Raji Hist.</hi> </p><lb/>
          <p>Die treibet einen oder mehr ästige Stengel, etwan des halben Fusses hoch, die sind viel dünner und härter, als wie die an der gemeinen, röthlicht und rauch, geben gleichergestalt nur einige Anzeichen von Blättern. Die Blüten stehen wie die Aehren oben auf den Spitzen ihrer Zweige, sind wie die an der vorigen formiret, jedoch ein gut Theil kleiner und purperfarbig. Nach ihnen folgen die Früchte, mit trefflich zarten Samen angefüllt. Die Wurtzeln <cb type="end"/>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0429] Darzwischen erhebet sich ein Stengel, etwan des halben Fusses hoch, der ist rund, gantz blos und zart, stöst an der Spitze einen Hauffen kleine Stengel von sich, auf Art der Kronen oder Umbellen, darauf stehen die Blüten, deren jede aus sechs länglichten und spitzigen, in einen Kreis gestellten Blätterlein bestehet, welche aussen grünlicht, oder als wie das Gras aussehen, inwendig aber weiß, sind dreyeckigt, und inwendig in drey Fächlein abgetheilt, darinn die zarten, schier gantz runden, schwartzen Samenkörner liegen. Die Wurtzel ist ein weisser Bulben, oder eine weisse Zwiebel, an welcher gar viel andere kleine hangen, auf Traubenart, und noch dazu etliche Zasern. Die Wurtzel ist mit wässerigen, schleimigen, in etwas bitteren Safte angefüllt, und dient zu essen. Das Gewächse wächst in Hecken und im Getraide. Die Wurtzel wird zur Artzney gebraucht, führet viel phlegma und Oel, nicht eben gar zu viel Sal essentiale. Die dienet zu Beförderung des Auswurffs und des Harns: sie mildert die Schärffe der Feuchtigkeiten in dem Leibe, wann sie abgesotten gebrauchet, oder auch wol selbst genossen wird. Ornithogalum kommt von ὄρνις, avis, Vogel, und γάλα, lac, Milch, dieweil die Blüte dieses Krautes inwendig milchweiß ist, und eine Farbe hat, als wie die Federn an einen und den andern Vogeln. Ornithopodium. Ornithopodium, Dod. Ornithopodium flore flavescente, J.B. Ornithopodium majus, C.B. Pit. Tournef. Polygala, Ges. Hort. frantzösisch, Pied d'oiseau. teutsch, Vogelklauen. Ist ein Kraut, welches einen Hauffen kleine, zarte, schwache und ästige Stengel treibet, die schier gantz auf dem Boden liegen, rund und rauch sind. Die Blüten sind viel kleiner und viel zärter, dann die an den Linsen, stehen langs an einer Ribbe oder Stiele hinaus, gegen einander über. Die Blüten, welche klein, sehen wie an den Hülsenfrüchten, sitzen viele bey einander zu oberst an den Zweigen, auf kurtzen Stielen, und sehen gelbe: ihr Kelch ist ein ausgezacktes Hörnlein. Wann diese Blüten vergangen sind, so kommen Schoten dran zum Vorschein, die sind krumm, als wie die Sicheln, und bestehen eine jede aus viel Stücken, die mit den Enden zusammen gehencket sind. Dieser Schoten wachsen zwey und zwey beysammen, und sehen fast als wie die Vogelklauen, und in jedem Stück befindet sich ein dünnes, schier gantz rundes Samenkorn, den Steckrübensamen nicht unähnlich. Die Wurtzel ist klein und weiß. Dieses Kraut wächst auf dem Felde, in den Thälern, an trocknen, ungebauten Orten: es führet viel Saltz und Oel. Es eröffnet, ist gut den Nieren- und Blasenstein zu malmen und zu treiben: es wird auch äusserlich zu den Brüchen gebraucht. Ornithopodium kommt von ὄρνις, avis, Vogel, und ϖοῦς, pes, Fuß, als ob man sprechen wolte, Vogelfuß, Vogelklaue: dieweil die Schoten dieses Krautes also sehen und beysammen stehen. Orobanche. Orobanche, frantzösisch, Orobanche, teutsch, Sommerwurtzel, Ervenwürger, ist ein Kraut, dessen es zwey Hauptgattungen giebet. Die eine heisset Orobanche, Matth. Amat herba Tauri, vel Vaccæ, Ang. Cord. in Diosc. Leontobotanos, Lon. Lob. Cynomorion à canini genitalis similitudine, Plinio. Leonina herba, Hermolao. Orobanche flore majore, J.B. Raji Hist. Orobanche major Caryophyllum olens, C.B. Pit. Tournef. Legumen leoninum, Ruell. Rapum Genistæ, Dod. Gal. Ger. Die treibet einen Stengel, etwan auf anderthalben Schuh hoch, der ist gerade, rund oder cylinderformig, bleich oder gelblicht roth, rauch, hol wie ein Röhrlein, gar brüchig und träget keine rechten Blätter, sondern giebt nur als wie den Anfang darvon; die haben die Gestalt als wie ein schmales, schwammiges Zünglein und vergehen in kurtzer Zeit. Die Blüten wachsen nach der Länge zu oberst an dem Stengel etwas weit von einander; sind rauch, bleich purperfarbig oder gelb, oder grünlicht und riechen wol. Nach Tourneforts Erachten ist eine jede unter denenselben ein Röhrlein, das am Boden gantz geschlossen, am andern Ende aber offen, ausgeschweiffet und als eine Larve wunderlich zerschnitten ist. Das obere labium an dieser Blume sieht wie ein Helm, und das untere ist insgemeine in drey Theil zertheilet. Wann diese Blume vergangen ist, so erscheinet eine länglichte Frucht, die theilt sich in zwey Hülsen von einander, und diese sind mit gar sehr zart- und weißlichten Samen angefüllt. Die Wurtzeln sind knollicht, des Daumens dicke, fast gäntzlich rund oder kegelformig, schuppich und aussen schwartz, inwendig weißlicht oder gelblicht, dünn und voll bittern, schleimigen Saft, werden so harte wie Horn, wann sie dörr worden sind. Dieses Kraut wächst gemeiniglich nahe bey einem andern, im Felde, unter den Hülsenfrüchten, unter dem Lein und Hanff, unter dem Bockshornkraute und Getraide, nahe bey dem Ginst. C. Bauhinus saget, die Blüte von der Orobanche, die an dem Ginst wächst, sey grünlicht, die aber auf den spanischen Ginst oder Pfriemenkraute wächst, sey gelbe und viel grösser. Die Orobanche wird wie der Spargel, gegessen. Die zweyte Gattung heist Orobanche ramosa, C.B. Ger. Pit. Tournef. Orobanche altera brevior & ramosa, Cæs. Orobanche minor purpureis floribus, sive ramosa, J.B. Raji Hist. Die treibet einen oder mehr ästige Stengel, etwan des halben Fusses hoch, die sind viel dünner und härter, als wie die an der gemeinen, röthlicht und rauch, geben gleichergestalt nur einige Anzeichen von Blättern. Die Blüten stehen wie die Aehren oben auf den Spitzen ihrer Zweige, sind wie die an der vorigen formiret, jedoch ein gut Theil kleiner und purperfarbig. Nach ihnen folgen die Früchte, mit trefflich zarten Samen angefüllt. Die Wurtzeln

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-02-19T20:05:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-02-19T20:05:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein;

Abbildungen innerhalb des Textteils wurden nicht markiert. Die Stichwörter der einzelnen Einträge innerhalb des Textteils sind, abweichend von der Vorlage, nicht in Versalien gesetzt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/429
Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/429>, abgerufen am 22.11.2024.