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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] auswendig eine dunckle oder eine braunrothe Farbe haben, ziemlich angenehme riechen, und etwas bitter schmecken.

Wann diese Wurtzel ist aus der Erde gezogen worden, so wird die oberste Schale davon abgenommen, wie ingleichen das zarte, gelblichte Häutlein, das darunter liegt. Hernach wird sie durchstochen, damit ein Faden von Binsen dadurch gehen möge, daran sie aufgehängt und an der Luft gedörret wird. Dieweil sich aber grosse Stücken sehr schwerlich durchaus trocknen lassen, weil sie zu dicke sind, und darum auch nicht gar wol von der Luft durchgangen werden können, so werden sie inwendig leichtlich faul, da sie doch aussenher recht trocken werden. Eben deswegen bekommen wir so ofte dicke Stücken der Rhabarber zu Gesichte, die innewendig faul und gantz verdorben sind, ob sie von aussen gleich gar schön aussehen. Dahero muß man auch den dicken Wurtzeln gar nicht trauen, es ist nichts gutes dran, als etwa Fingers dick.

Am besten wird man thun; man nehme nicht zu grosse Stücken: dann, weil sie besser trocken werden können, deswegen sind sie auch durchgehends gut. Sie müssen knortzig seyn, so ziemlich hart und schwer, von aussen sollen sie fein gleich und gelbe seyn, doch innewendig wie zerschlagene Muscatennüsse sehen, und eine safrangelbe Farbe geben, wann etwas nasses drauf gegossen wird, ein wenig wie Gewürtze riechen, und bitter und anziehend schmecken. Der Rhabarber Substantz und Wesen ist zweyerley, saltzig und ölig, das purgiret, und irdisch, das hält an.

Sie dienet zum Durchfall, den Magen zu reinigen und zu stärcken, Appetit zu machen und die Würmer zu tödten. Die gallhaften Feuchtigkeiten führet sie gelinde ab und stopft hernach.

Doch darff darum dasjenige nicht weggeworffen werden, was von dem Hertzen der Rhabarber verfaulet und, verdorben scheint, auch insgemeine schwammig und braunroth ist. Ich habe aus der Erfahrung gelernet, daß es noch mehr anhält, als wie die gute Rhabarber, und zun Blutflüssen und zum Durchfall besser dienet.

Diese Wurtzel hat ihren Namen von einem Fluß in Moscau Rha genannt, anjetzo Wolga, überkommen, und von dem Worte barbarum, als ob es solte soviel heissen, eine Wurtzel, welche die Barbarn bey dem Flusse Rha zu bauen und zu ziehen pflegen.

Oder, das Wort Rha, welches eine Wurtzel bedeutet, ist dem Flusse darum gegeben worden, weil sie in Menge ehedessen an seinem Ufer gewachsen ist. Sie kan dessentwegen Rhabarbarum genennet worden seyn, weil es so viel hat heissen sollen, als eine ausbündig gute Wurtzel, welche in hohem Werthe bey den Barbaren gewesen.

Rhagadiolus.

Rhagadiolus alter, Caesalp. Pit. Tournef.

Hieracium stellatum, J.B. Raji Hist.

Hieracium falcatum, Ger. Lob.

Hieracium siliqua falcata, C. B.

Hieracium falcatum, sive stellatum, Park.

[Spaltenumbruch]

Ist ein Kraut, das einen Hauffen Stengel treibt, zu anderthalben Schuh hoch, die sind schwanck und ästig, mit etwas Wolle überzogen. Die Blätter sind lang und ziemlich breit, ausgeschweiffet und rauch. Die Blume ist ein Büschel gelber, so genannter halber Blümlein, die in einem Kelche stehen, der aus einigen schmalen Blättern bestehet, welche gebogen sind wie eine Rinne. Wann die Blüte oder Blume vergangen ist, so werden aus diesen Blätterlein wie Scheiden von Haut, die geben gleichsam Sterne und sind rauch. Jedwede dieser Scheiden beschliesset einen langen Samen, der meistens spitzig ist. Dieses Kraut wächst in Languedoc nahe bey Montpellier und in vielen andern warmen Landen.

Es eröfnet, reiniget, treibet den Urin, wann es abgesotten gebrauchet wird.

Rhamnus Catharticus.

Rhamnus catharticus, C.B.J.B. Pit. Tournefort.

Rhamnus solutivus, sive Spina infectoria vulgaris, Park.

Spina cervina vulgo, Gesn.

Rhamnus solutivus, Ger.

Rhamnus catharticus, sive Spina cervina, Raji Hist.

Spina infectoria, Matth. Bellon.

frantzösisch, Nerprun, oder Bourg-Epine.

teutsch, Wegdorn, Creutzbeer.

Ist ein Strauch, der manchmahl als ein Baum hoch wächst. Sein Stamm ist von mittelmäßiger Dicke, mit einer Rinde überzogen, der Kirschbaumrinde gleich: sein Holtz sieht gelblicht aus, die Zweige sind mit scharffen Dornen hin und her besetzt, als wie der wilde Birnenbaum. Die Blätter sind ziemlich breit und grün, kleiner als das Aepfellaub, am Rande rund umher sehr zarte ausgezackt. Seine Blüten sind klein und grün, wie Gras. Darauf folgen weiche Beeren, so dicke wie Wachholderbeeren, die sind zu Anfang grün, werden aber schwartz, je mehr sie zeitigen, und endlich gleissend, stecken voll schwartzes grünlichtes Safts, der etwas bitter ist, nebst einigen Samenkörnern, die beysammen hangen und an dem Obertheile rundlicht sind, deren Schale auch wie Knorpel ist. Dieser Strauch wächst in den Hecken, im Holtze und an andern wüsten Orten. Er stehet gerne an den Bächen und an feuchten Orten. Die Frucht wird im Herbste gesammlet, wann sie reiff ist, und um die Zeit der Weinlese. Sie dient zum färben und auch zur Artzney. Man soll die dicksten und die völligsten aussuchen, die gleissend schwartz und schleimig sind, ingleichen voller Saft, wann sie [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] auswendig eine dunckle oder eine braunrothe Farbe haben, ziemlich angenehme riechen, und etwas bitter schmecken.

Wann diese Wurtzel ist aus der Erde gezogen worden, so wird die oberste Schale davon abgenommen, wie ingleichen das zarte, gelblichte Häutlein, das darunter liegt. Hernach wird sie durchstochen, damit ein Faden von Binsen dadurch gehen möge, daran sie aufgehängt und an der Luft gedörret wird. Dieweil sich aber grosse Stücken sehr schwerlich durchaus trocknen lassen, weil sie zu dicke sind, und darum auch nicht gar wol von der Luft durchgangen werden können, so werden sie inwendig leichtlich faul, da sie doch aussenher recht trocken werden. Eben deswegen bekommen wir so ofte dicke Stücken der Rhabarber zu Gesichte, die innewendig faul und gantz verdorben sind, ob sie von aussen gleich gar schön aussehen. Dahero muß man auch den dicken Wurtzeln gar nicht trauen, es ist nichts gutes dran, als etwa Fingers dick.

Am besten wird man thun; man nehme nicht zu grosse Stücken: dann, weil sie besser trocken werden können, deswegen sind sie auch durchgehends gut. Sie müssen knortzig seyn, so ziemlich hart und schwer, von aussen sollen sie fein gleich und gelbe seyn, doch innewendig wie zerschlagene Muscatennüsse sehen, und eine safrangelbe Farbe geben, wann etwas nasses drauf gegossen wird, ein wenig wie Gewürtze riechen, und bitter und anziehend schmecken. Der Rhabarber Substantz und Wesen ist zweyerley, saltzig und ölig, das purgiret, und irdisch, das hält an.

Sie dienet zum Durchfall, den Magen zu reinigen und zu stärcken, Appetit zu machen und die Würmer zu tödten. Die gallhaften Feuchtigkeiten führet sie gelinde ab und stopft hernach.

Doch darff darum dasjenige nicht weggeworffen werden, was von dem Hertzen der Rhabarber verfaulet und, verdorben scheint, auch insgemeine schwammig und braunroth ist. Ich habe aus der Erfahrung gelernet, daß es noch mehr anhält, als wie die gute Rhabarber, und zun Blutflüssen und zum Durchfall besser dienet.

Diese Wurtzel hat ihren Namen von einem Fluß in Moscau Rha genannt, anjetzo Wolga, überkommen, und von dem Worte barbarum, als ob es solte soviel heissen, eine Wurtzel, welche die Barbarn bey dem Flusse Rha zu bauen und zu ziehen pflegen.

Oder, das Wort Rha, welches eine Wurtzel bedeutet, ist dem Flusse darum gegeben worden, weil sie in Menge ehedessen an seinem Ufer gewachsen ist. Sie kan dessentwegen Rhabarbarum genennet worden seyn, weil es so viel hat heissen sollen, als eine ausbündig gute Wurtzel, welche in hohem Werthe bey den Barbaren gewesen.

Rhagadiolus.

Rhagadiolus alter, Cæsalp. Pit. Tournef.

Hieracium stellatum, J.B. Raji Hist.

Hieracium falcatum, Ger. Lob.

Hieracium siliqua falcata, C. B.

Hieracium falcatum, sive stellatum, Park.

[Spaltenumbruch]

Ist ein Kraut, das einen Hauffen Stengel treibt, zu anderthalben Schuh hoch, die sind schwanck und ästig, mit etwas Wolle überzogen. Die Blätter sind lang und ziemlich breit, ausgeschweiffet und rauch. Die Blume ist ein Büschel gelber, so genannter halber Blümlein, die in einem Kelche stehen, der aus einigen schmalen Blättern bestehet, welche gebogen sind wie eine Rinne. Wann die Blüte oder Blume vergangen ist, so werden aus diesen Blätterlein wie Scheiden von Haut, die geben gleichsam Sterne und sind rauch. Jedwede dieser Scheiden beschliesset einen langen Samen, der meistens spitzig ist. Dieses Kraut wächst in Languedoc nahe bey Montpellier und in vielen andern warmen Landen.

Es eröfnet, reiniget, treibet den Urin, wann es abgesotten gebrauchet wird.

Rhamnus Catharticus.

Rhamnus catharticus, C.B.J.B. Pit. Tournefort.

Rhamnus solutivus, sive Spina infectoria vulgaris, Park.

Spina cervina vulgo, Gesn.

Rhamnus solutivus, Ger.

Rhamnus catharticus, sive Spina cervina, Raji Hist.

Spina infectoria, Matth. Bellon.

frantzösisch, Nerprun, oder Bourg-Epine.

teutsch, Wegdorn, Creutzbeer.

Ist ein Strauch, der manchmahl als ein Baum hoch wächst. Sein Stamm ist von mittelmäßiger Dicke, mit einer Rinde überzogen, der Kirschbaumrinde gleich: sein Holtz sieht gelblicht aus, die Zweige sind mit scharffen Dornen hin und her besetzt, als wie der wilde Birnenbaum. Die Blätter sind ziemlich breit und grün, kleiner als das Aepfellaub, am Rande rund umher sehr zarte ausgezackt. Seine Blüten sind klein und grün, wie Gras. Darauf folgen weiche Beeren, so dicke wie Wachholderbeeren, die sind zu Anfang grün, werden aber schwartz, je mehr sie zeitigen, und endlich gleissend, stecken voll schwartzes grünlichtes Safts, der etwas bitter ist, nebst einigen Samenkörnern, die beysammen hangen und an dem Obertheile rundlicht sind, deren Schale auch wie Knorpel ist. Dieser Strauch wächst in den Hecken, im Holtze und an andern wüsten Orten. Er stehet gerne an den Bächen und an feuchten Orten. Die Frucht wird im Herbste gesammlet, wann sie reiff ist, und um die Zeit der Weinlese. Sie dient zum färben und auch zur Artzney. Man soll die dicksten und die völligsten aussuchen, die gleissend schwartz und schleimig sind, ingleichen voller Saft, wann sie [Ende Spaltensatz]

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[0496] auswendig eine dunckle oder eine braunrothe Farbe haben, ziemlich angenehme riechen, und etwas bitter schmecken. Wann diese Wurtzel ist aus der Erde gezogen worden, so wird die oberste Schale davon abgenommen, wie ingleichen das zarte, gelblichte Häutlein, das darunter liegt. Hernach wird sie durchstochen, damit ein Faden von Binsen dadurch gehen möge, daran sie aufgehängt und an der Luft gedörret wird. Dieweil sich aber grosse Stücken sehr schwerlich durchaus trocknen lassen, weil sie zu dicke sind, und darum auch nicht gar wol von der Luft durchgangen werden können, so werden sie inwendig leichtlich faul, da sie doch aussenher recht trocken werden. Eben deswegen bekommen wir so ofte dicke Stücken der Rhabarber zu Gesichte, die innewendig faul und gantz verdorben sind, ob sie von aussen gleich gar schön aussehen. Dahero muß man auch den dicken Wurtzeln gar nicht trauen, es ist nichts gutes dran, als etwa Fingers dick. Am besten wird man thun; man nehme nicht zu grosse Stücken: dann, weil sie besser trocken werden können, deswegen sind sie auch durchgehends gut. Sie müssen knortzig seyn, so ziemlich hart und schwer, von aussen sollen sie fein gleich und gelbe seyn, doch innewendig wie zerschlagene Muscatennüsse sehen, und eine safrangelbe Farbe geben, wann etwas nasses drauf gegossen wird, ein wenig wie Gewürtze riechen, und bitter und anziehend schmecken. Der Rhabarber Substantz und Wesen ist zweyerley, saltzig und ölig, das purgiret, und irdisch, das hält an. Sie dienet zum Durchfall, den Magen zu reinigen und zu stärcken, Appetit zu machen und die Würmer zu tödten. Die gallhaften Feuchtigkeiten führet sie gelinde ab und stopft hernach. Doch darff darum dasjenige nicht weggeworffen werden, was von dem Hertzen der Rhabarber verfaulet und, verdorben scheint, auch insgemeine schwammig und braunroth ist. Ich habe aus der Erfahrung gelernet, daß es noch mehr anhält, als wie die gute Rhabarber, und zun Blutflüssen und zum Durchfall besser dienet. Diese Wurtzel hat ihren Namen von einem Fluß in Moscau Rha genannt, anjetzo Wolga, überkommen, und von dem Worte barbarum, als ob es solte soviel heissen, eine Wurtzel, welche die Barbarn bey dem Flusse Rha zu bauen und zu ziehen pflegen. Oder, das Wort Rha, welches eine Wurtzel bedeutet, ist dem Flusse darum gegeben worden, weil sie in Menge ehedessen an seinem Ufer gewachsen ist. Sie kan dessentwegen Rhabarbarum genennet worden seyn, weil es so viel hat heissen sollen, als eine ausbündig gute Wurtzel, welche in hohem Werthe bey den Barbaren gewesen. Rhagadiolus. Rhagadiolus alter, Cæsalp. Pit. Tournef. Hieracium stellatum, J.B. Raji Hist. Hieracium falcatum, Ger. Lob. Hieracium siliqua falcata, C. B. Hieracium falcatum, sive stellatum, Park. Ist ein Kraut, das einen Hauffen Stengel treibt, zu anderthalben Schuh hoch, die sind schwanck und ästig, mit etwas Wolle überzogen. Die Blätter sind lang und ziemlich breit, ausgeschweiffet und rauch. Die Blume ist ein Büschel gelber, so genannter halber Blümlein, die in einem Kelche stehen, der aus einigen schmalen Blättern bestehet, welche gebogen sind wie eine Rinne. Wann die Blüte oder Blume vergangen ist, so werden aus diesen Blätterlein wie Scheiden von Haut, die geben gleichsam Sterne und sind rauch. Jedwede dieser Scheiden beschliesset einen langen Samen, der meistens spitzig ist. Dieses Kraut wächst in Languedoc nahe bey Montpellier und in vielen andern warmen Landen. Es eröfnet, reiniget, treibet den Urin, wann es abgesotten gebrauchet wird. Rhamnus Catharticus. Rhamnus catharticus, C.B.J.B. Pit. Tournefort. Rhamnus solutivus, sive Spina infectoria vulgaris, Park. Spina cervina vulgo, Gesn. Rhamnus solutivus, Ger. Rhamnus catharticus, sive Spina cervina, Raji Hist. Spina infectoria, Matth. Bellon. frantzösisch, Nerprun, oder Bourg-Epine. teutsch, Wegdorn, Creutzbeer. Ist ein Strauch, der manchmahl als ein Baum hoch wächst. Sein Stamm ist von mittelmäßiger Dicke, mit einer Rinde überzogen, der Kirschbaumrinde gleich: sein Holtz sieht gelblicht aus, die Zweige sind mit scharffen Dornen hin und her besetzt, als wie der wilde Birnenbaum. Die Blätter sind ziemlich breit und grün, kleiner als das Aepfellaub, am Rande rund umher sehr zarte ausgezackt. Seine Blüten sind klein und grün, wie Gras. Darauf folgen weiche Beeren, so dicke wie Wachholderbeeren, die sind zu Anfang grün, werden aber schwartz, je mehr sie zeitigen, und endlich gleissend, stecken voll schwartzes grünlichtes Safts, der etwas bitter ist, nebst einigen Samenkörnern, die beysammen hangen und an dem Obertheile rundlicht sind, deren Schale auch wie Knorpel ist. Dieser Strauch wächst in den Hecken, im Holtze und an andern wüsten Orten. Er stehet gerne an den Bächen und an feuchten Orten. Die Frucht wird im Herbste gesammlet, wann sie reiff ist, und um die Zeit der Weinlese. Sie dient zum färben und auch zur Artzney. Man soll die dicksten und die völligsten aussuchen, die gleissend schwartz und schleimig sind, ingleichen voller Saft, wann sie

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/496>, abgerufen am 22.11.2024.