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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] wird, je weisser wird der Zucker, bis daß der Royalzucker daraus wird, das ist, so weiß und reine, als es immer seyn kan. Er muß recht schön seyn, rein und weiß, schwerlich zu brechen, inwendig wie Crystallen sehen, wann er abgebrochen wird, süß und lieblich, ein wenig wie nach Veilgen schmecken. Gemeiniglich wird dieser schöne Zucker wie kleine Brode oder Hüte in blau Papier gewickelt gefunden.

Der Hutzucker und der Kastenzucker sind gut zur Brustbeschwerung, sie zertreiben den Schleim und machen ihn dünne, befördern den Auswurff. Sie machen der die Dünste und das Zahnweh ein wenig rege.

Der Syrup, oder das schleimige und leimige Theil, das aus den Zuckerhüten rinnet, wird auf frantzösisch, Melasse genennet, und dieses kommt von mel, Honig, dieweil es bald so dicke ist und auch bald schmecket, wie der Honig. Man läst ihn fermentiren und destilliret einen guten Branntewein daraus.

Der braune Zucker oder Farin, bey den frantzösischen Kauffleuten Chypre genannt, ist eine Gattung Moscuat, und aus dem Syrup bereitet, der aus den Zuckerhüten rinnet, wann der Zucker in die Formen geschüttet worden ist: den lassen sie so lange sieden, bis er wie Zucker dicke wird. Der soll so trocken seyn, als möglich ist, von Farbe röthlicht grau, und schier nicht im geringsten brandig riechen: gemeiniglich ist er schleimig und feucht. Er wird zu den Clystiren genommen, zur Abführung und Stillung des Durchfalls.

Der Zuckerkant, Candizucker, lateinisch, Saccharum candum, Saccharum candidum, Saccharum crystallinum, Saccharum lucidum, frantzösisch, Sucre candi, ist crystallisirter Zucker. Diesen zu verfertigen, lassen sie den Zucker mit Wasser sieden, bis daß ein dicker Syrup daraus wird, hernach schütten sie ihn gantz siedend heiß in ein thönernes Geschirr, in welches sie einen Hauffen kleine Stöcklein feinordentlich geleget haben: stellen darauf das Geschirr in eine Stube, welche vierzehen Tage nicht gar zu warm gehalten wird, so candisirt er sich, oder legt sich an: sodann nehmen sie ihn heraus, lassen ihn vertrieffen und trocken werden. Es giebet zweyerley Candizucker, weissen und braunen. Der weisse wird von weissen refinirten Zucker, oder von Refinat, der braune von braunen Moscuat oder Farine gemacht: doch ist der weisse besser und gebräuchlicher. Er muß schön weiß, crystallisiret und durchsichtig seyn, trocken und rein, von süssem lieblichen Geschmack, und langsam in dem Munde zergehen.

Er dienet für die Brust, lindert, ist gut zu Flüssen und zu Beförderung des Auswurffs. Zu Kranckheiten soll man ihn dem gemeinen, schlechten Zucker vorziehen: dann, weil er nicht sobald im Munde schmeltzet, deshalben vermag er die Gänge besser anzufeuchten, den Schleim zu lösen, und die Schärffe zu lindern, welche sonsten auf die Luftröhre und auf die Brust fallen dürfften. Jedoch ist hierbey wol zu mercken, daß diese guten Wirckungen nicht nur dem gantzen zuzuschreiben sind, sondern auch dem in kleinen Stücken: sonst, wann man ihn gantz klar zerstossen, oder als wie einen Syrup brauchen wolte, so würde er sofort zergehen, sobald nur etswa feuchtes darzu käme, [Spaltenumbruch] und anders nichts nicht thun, als der recht wolgereinigte Zucker thut, dann er würde so geschwind weggehen, wie derselbe.

Der gewundenen Zucker, Penidzucker, lateinisch, Penidia, Saccharum penidiatum, Alphoenix, Alphenie, frantzösisch, Pentdes und Epenides, ist Zucker, der mit Gerstenwasser solange gekochet wird, bis daß er stäubet oder fleugt, hernach wird er, weil er noch warm ist, mit einem Nagel oder Haken gewunden. Wann er gar leicht gemacht werden soll, so wird er, wann er gnug gekochet, auf eine Marmortafel, mit sussem Mandelöl bestrichen, ausgeschüttet, hernach mit den Händen, die man zuvor mit Kraftmehle gerieben hat, als wie ein Teig geknetet, damit man sich die Hände nicht verbrenne, so kan man ihn, nach Gefallen, winden. Er muß trocken und weiß seyn, sich leichtlich brechen lassen, und lieblich süsse schmecken. Die ihn bereiten, mischen öfters fein viel Kraftmehl drunter, damit er schön weiß werde, dann das Kraftmehl ist wohlfeiler als der Zucker. Wann man ihn kostet, kan man solches gar bald mercken, dann das Kraftmehl machet, daß er in dem Munde wie Teig schmeckt.

Der Penidzucker kommt unter allerhand Artzneyen. Er dienet zu den Flüssen, die Schärffe auf der Brust zu lindern, den Auswurff zu befördern.

Der Gerstenzucker, lateinisch, Saccharum hordearum, frantzösisch, Sucre d'Orge, ist Zucker, der so starck gekocht ist worden, wie der Penidzucker; hernach wird er auf eine mit süssem Mandelöl bestrichene Tafel geschüttet, und der Hand lange und eines Fingers dick gewundene Stücklein oder Stengel draus gemacht. Der Gerstenzucker muß frisch bereitet seyn, trocken, gelbe und durchsichtig, wie Agtstein von Farbe, brüchig, lieblich und süsse von Geschmack, und muß nicht zu geschwind im Mund zergehen. Seinen Namen bekommt er von der Gerste, welche, wie zu dem Penidzucker, solte kommen: allein, die Zuckerbecker machen so viel Wesens nicht, sie nehmen nur schlecht Wasser, und bemühen sich blos, diesen Zucker schön und lieblich von Geschmack zu machen. Einige mischen etwas Saffran drunter, damit er eine höhere Farbe überkomme.

Er dienet zum Husten, zu Flüssen auf der Brust, zu Beförderung des Auswurffs, zu Milderung der scharffen Feuchtigkeiten, die auf die Drüslein des Gehirns zu fallen pflegen. Man lässet ein Stücklein in dem Munde zergehen.

Obgleich der Zucker unter die salia essentialia gezehlet werden will, doch führet er ein wenig Oel bey sich, daher er sich anzünden lässet.

Wann man Zucker siedet oder kochet, mag man genaue Achtung geben, daß nichts nicht saures drunter komme. Dann, wann aus Unvorsichtigkeit etwas darein gerathen; obs auch schon noch so wenig wäre; so würde es dannoch verhindern, daß der Zucker nicht möchte zu behöriger Dicke gebracht werden. So kan auch ein gantz kleines Stück Alaune, in einem gantzen grossen Kessel voll zerlassenes Zuckers geworffen, die gantze Arbeit verderben, daß man nichts anders als Syrup bekommen solte.

Wann der Zucker in grosser Menge gesotten wird und will sich zu starck erheben, daß zu besorgen stehet, [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] wird, je weisser wird der Zucker, bis daß der Royalzucker daraus wird, das ist, so weiß und reine, als es immer seyn kan. Er muß recht schön seyn, rein und weiß, schwerlich zu brechen, inwendig wie Crystallen sehen, wann er abgebrochen wird, süß und lieblich, ein wenig wie nach Veilgen schmecken. Gemeiniglich wird dieser schöne Zucker wie kleine Brode oder Hüte in blau Papier gewickelt gefunden.

Der Hutzucker und der Kastenzucker sind gut zur Brustbeschwerung, sie zertreiben den Schleim und machen ihn dünne, befördern den Auswurff. Sie machen der die Dünste und das Zahnweh ein wenig rege.

Der Syrup, oder das schleimige und leimige Theil, das aus den Zuckerhüten rinnet, wird auf frantzösisch, Melasse genennet, und dieses kommt von mel, Honig, dieweil es bald so dicke ist und auch bald schmecket, wie der Honig. Man läst ihn fermentiren und destilliret einen guten Branntewein daraus.

Der braune Zucker oder Farin, bey den frantzösischen Kauffleuten Chypre genannt, ist eine Gattung Moscuat, und aus dem Syrup bereitet, der aus den Zuckerhüten rinnet, wann der Zucker in die Formen geschüttet worden ist: den lassen sie so lange sieden, bis er wie Zucker dicke wird. Der soll so trocken seyn, als möglich ist, von Farbe röthlicht grau, und schier nicht im geringsten brandig riechen: gemeiniglich ist er schleimig und feucht. Er wird zu den Clystiren genommen, zur Abführung und Stillung des Durchfalls.

Der Zuckerkant, Candizucker, lateinisch, Saccharum candum, Saccharum candidum, Saccharum crystallinum, Saccharum lucidum, frantzösisch, Sucre candi, ist crystallisirter Zucker. Diesen zu verfertigen, lassen sie den Zucker mit Wasser sieden, bis daß ein dicker Syrup daraus wird, hernach schütten sie ihn gantz siedend heiß in ein thönernes Geschirr, in welches sie einen Hauffen kleine Stöcklein feinordentlich geleget haben: stellen darauf das Geschirr in eine Stube, welche vierzehen Tage nicht gar zu warm gehalten wird, so candisirt er sich, oder legt sich an: sodann nehmen sie ihn heraus, lassen ihn vertrieffen und trocken werden. Es giebet zweyerley Candizucker, weissen und braunen. Der weisse wird von weissen refinirten Zucker, oder von Refinat, der braune von braunen Moscuat oder Farine gemacht: doch ist der weisse besser und gebräuchlicher. Er muß schön weiß, crystallisiret und durchsichtig seyn, trocken und rein, von süssem lieblichen Geschmack, und langsam in dem Munde zergehen.

Er dienet für die Brust, lindert, ist gut zu Flüssen und zu Beförderung des Auswurffs. Zu Kranckheiten soll man ihn dem gemeinen, schlechten Zucker vorziehen: dann, weil er nicht sobald im Munde schmeltzet, deshalben vermag er die Gänge besser anzufeuchten, den Schleim zu lösen, und die Schärffe zu lindern, welche sonsten auf die Luftröhre und auf die Brust fallen dürfften. Jedoch ist hierbey wol zu mercken, daß diese guten Wirckungen nicht nur dem gantzen zuzuschreiben sind, sondern auch dem in kleinen Stücken: sonst, wann man ihn gantz klar zerstossen, oder als wie einen Syrup brauchen wolte, so würde er sofort zergehen, sobald nur etswa feuchtes darzu käme, [Spaltenumbruch] und anders nichts nicht thun, als der recht wolgereinigte Zucker thut, dann er würde so geschwind weggehen, wie derselbe.

Der gewundenen Zucker, Penidzucker, lateinisch, Penidia, Saccharum penidiatum, Alphœnix, Alphenie, frantzösisch, Pentdes und Epenides, ist Zucker, der mit Gerstenwasser solange gekochet wird, bis daß er stäubet oder fleugt, hernach wird er, weil er noch warm ist, mit einem Nagel oder Haken gewunden. Wann er gar leicht gemacht werden soll, so wird er, wann er gnug gekochet, auf eine Marmortafel, mit sussem Mandelöl bestrichen, ausgeschüttet, hernach mit den Händen, die man zuvor mit Kraftmehle gerieben hat, als wie ein Teig geknetet, damit man sich die Hände nicht verbrenne, so kan man ihn, nach Gefallen, winden. Er muß trocken und weiß seyn, sich leichtlich brechen lassen, und lieblich süsse schmecken. Die ihn bereiten, mischen öfters fein viel Kraftmehl drunter, damit er schön weiß werde, dann das Kraftmehl ist wohlfeiler als der Zucker. Wann man ihn kostet, kan man solches gar bald mercken, dann das Kraftmehl machet, daß er in dem Munde wie Teig schmeckt.

Der Penidzucker kommt unter allerhand Artzneyen. Er dienet zu den Flüssen, die Schärffe auf der Brust zu lindern, den Auswurff zu befördern.

Der Gerstenzucker, lateinisch, Saccharum hordearum, frantzösisch, Sucre d'Orge, ist Zucker, der so starck gekocht ist worden, wie der Penidzucker; hernach wird er auf eine mit süssem Mandelöl bestrichene Tafel geschüttet, und der Hand lange und eines Fingers dick gewundene Stücklein oder Stengel draus gemacht. Der Gerstenzucker muß frisch bereitet seyn, trocken, gelbe und durchsichtig, wie Agtstein von Farbe, brüchig, lieblich und süsse von Geschmack, und muß nicht zu geschwind im Mund zergehen. Seinen Namen bekommt er von der Gerste, welche, wie zu dem Penidzucker, solte kommen: allein, die Zuckerbecker machen so viel Wesens nicht, sie nehmen nur schlecht Wasser, und bemühen sich blos, diesen Zucker schön und lieblich von Geschmack zu machen. Einige mischen etwas Saffran drunter, damit er eine höhere Farbe überkomme.

Er dienet zum Husten, zu Flüssen auf der Brust, zu Beförderung des Auswurffs, zu Milderung der scharffen Feuchtigkeiten, die auf die Drüslein des Gehirns zu fallen pflegen. Man lässet ein Stücklein in dem Munde zergehen.

Obgleich der Zucker unter die salia essentialia gezehlet werden will, doch führet er ein wenig Oel bey sich, daher er sich anzünden lässet.

Wann man Zucker siedet oder kochet, mag man genaue Achtung geben, daß nichts nicht saures drunter komme. Dann, wann aus Unvorsichtigkeit etwas darein gerathen; obs auch schon noch so wenig wäre; so würde es dannoch verhindern, daß der Zucker nicht möchte zu behöriger Dicke gebracht werden. So kan auch ein gantz kleines Stück Alaune, in einem gantzen grossen Kessel voll zerlassenes Zuckers geworffen, die gantze Arbeit verderben, daß man nichts anders als Syrup bekommen solte.

Wann der Zucker in grosser Menge gesotten wird und will sich zu starck erheben, daß zu besorgen stehet, [Ende Spaltensatz]

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[0509] wird, je weisser wird der Zucker, bis daß der Royalzucker daraus wird, das ist, so weiß und reine, als es immer seyn kan. Er muß recht schön seyn, rein und weiß, schwerlich zu brechen, inwendig wie Crystallen sehen, wann er abgebrochen wird, süß und lieblich, ein wenig wie nach Veilgen schmecken. Gemeiniglich wird dieser schöne Zucker wie kleine Brode oder Hüte in blau Papier gewickelt gefunden. Der Hutzucker und der Kastenzucker sind gut zur Brustbeschwerung, sie zertreiben den Schleim und machen ihn dünne, befördern den Auswurff. Sie machen der die Dünste und das Zahnweh ein wenig rege. Der Syrup, oder das schleimige und leimige Theil, das aus den Zuckerhüten rinnet, wird auf frantzösisch, Melasse genennet, und dieses kommt von mel, Honig, dieweil es bald so dicke ist und auch bald schmecket, wie der Honig. Man läst ihn fermentiren und destilliret einen guten Branntewein daraus. Der braune Zucker oder Farin, bey den frantzösischen Kauffleuten Chypre genannt, ist eine Gattung Moscuat, und aus dem Syrup bereitet, der aus den Zuckerhüten rinnet, wann der Zucker in die Formen geschüttet worden ist: den lassen sie so lange sieden, bis er wie Zucker dicke wird. Der soll so trocken seyn, als möglich ist, von Farbe röthlicht grau, und schier nicht im geringsten brandig riechen: gemeiniglich ist er schleimig und feucht. Er wird zu den Clystiren genommen, zur Abführung und Stillung des Durchfalls. Der Zuckerkant, Candizucker, lateinisch, Saccharum candum, Saccharum candidum, Saccharum crystallinum, Saccharum lucidum, frantzösisch, Sucre candi, ist crystallisirter Zucker. Diesen zu verfertigen, lassen sie den Zucker mit Wasser sieden, bis daß ein dicker Syrup daraus wird, hernach schütten sie ihn gantz siedend heiß in ein thönernes Geschirr, in welches sie einen Hauffen kleine Stöcklein feinordentlich geleget haben: stellen darauf das Geschirr in eine Stube, welche vierzehen Tage nicht gar zu warm gehalten wird, so candisirt er sich, oder legt sich an: sodann nehmen sie ihn heraus, lassen ihn vertrieffen und trocken werden. Es giebet zweyerley Candizucker, weissen und braunen. Der weisse wird von weissen refinirten Zucker, oder von Refinat, der braune von braunen Moscuat oder Farine gemacht: doch ist der weisse besser und gebräuchlicher. Er muß schön weiß, crystallisiret und durchsichtig seyn, trocken und rein, von süssem lieblichen Geschmack, und langsam in dem Munde zergehen. Er dienet für die Brust, lindert, ist gut zu Flüssen und zu Beförderung des Auswurffs. Zu Kranckheiten soll man ihn dem gemeinen, schlechten Zucker vorziehen: dann, weil er nicht sobald im Munde schmeltzet, deshalben vermag er die Gänge besser anzufeuchten, den Schleim zu lösen, und die Schärffe zu lindern, welche sonsten auf die Luftröhre und auf die Brust fallen dürfften. Jedoch ist hierbey wol zu mercken, daß diese guten Wirckungen nicht nur dem gantzen zuzuschreiben sind, sondern auch dem in kleinen Stücken: sonst, wann man ihn gantz klar zerstossen, oder als wie einen Syrup brauchen wolte, so würde er sofort zergehen, sobald nur etswa feuchtes darzu käme, und anders nichts nicht thun, als der recht wolgereinigte Zucker thut, dann er würde so geschwind weggehen, wie derselbe. Der gewundenen Zucker, Penidzucker, lateinisch, Penidia, Saccharum penidiatum, Alphœnix, Alphenie, frantzösisch, Pentdes und Epenides, ist Zucker, der mit Gerstenwasser solange gekochet wird, bis daß er stäubet oder fleugt, hernach wird er, weil er noch warm ist, mit einem Nagel oder Haken gewunden. Wann er gar leicht gemacht werden soll, so wird er, wann er gnug gekochet, auf eine Marmortafel, mit sussem Mandelöl bestrichen, ausgeschüttet, hernach mit den Händen, die man zuvor mit Kraftmehle gerieben hat, als wie ein Teig geknetet, damit man sich die Hände nicht verbrenne, so kan man ihn, nach Gefallen, winden. Er muß trocken und weiß seyn, sich leichtlich brechen lassen, und lieblich süsse schmecken. Die ihn bereiten, mischen öfters fein viel Kraftmehl drunter, damit er schön weiß werde, dann das Kraftmehl ist wohlfeiler als der Zucker. Wann man ihn kostet, kan man solches gar bald mercken, dann das Kraftmehl machet, daß er in dem Munde wie Teig schmeckt. Der Penidzucker kommt unter allerhand Artzneyen. Er dienet zu den Flüssen, die Schärffe auf der Brust zu lindern, den Auswurff zu befördern. Der Gerstenzucker, lateinisch, Saccharum hordearum, frantzösisch, Sucre d'Orge, ist Zucker, der so starck gekocht ist worden, wie der Penidzucker; hernach wird er auf eine mit süssem Mandelöl bestrichene Tafel geschüttet, und der Hand lange und eines Fingers dick gewundene Stücklein oder Stengel draus gemacht. Der Gerstenzucker muß frisch bereitet seyn, trocken, gelbe und durchsichtig, wie Agtstein von Farbe, brüchig, lieblich und süsse von Geschmack, und muß nicht zu geschwind im Mund zergehen. Seinen Namen bekommt er von der Gerste, welche, wie zu dem Penidzucker, solte kommen: allein, die Zuckerbecker machen so viel Wesens nicht, sie nehmen nur schlecht Wasser, und bemühen sich blos, diesen Zucker schön und lieblich von Geschmack zu machen. Einige mischen etwas Saffran drunter, damit er eine höhere Farbe überkomme. 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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/509>, abgerufen am 17.06.2024.