Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Ist's ein wildes ungezäumtes, Wird es im Tumulte scheu, Todestrunken glüht und schäumt es, Und zertrümmert sein Gebäu. Wenn dann auch der Himmel heiter Und mit lindem Hauche weht, Und der Strom sanft wiegt die Scheiter; Für die Todten ist's zu spät. Doch ihr Schifflein, hört, ihr andern! Seyd ihr auch dem Sturm entwischt, Ruhig mögt ihr weiter wandern, Aber nicht gehöhnt, gezischt: "Wie der Nachen ward zertrümmert! "Wie das Herz im Strom ersoff! "Warst wohl auch zu leicht gezimmert! "Warst wohl auch aus schlechtem Stoff!" Hütet euch, ihr andern, hütet! Denkt an eurer Fahrten Rest; Denn der Zukunft Nacht bebrütet Manchen Sturm im dunkeln Nest. Iſt's ein wildes ungezaͤumtes, Wird es im Tumulte ſcheu, Todestrunken gluͤht und ſchaͤumt es, Und zertruͤmmert ſein Gebaͤu. Wenn dann auch der Himmel heiter Und mit lindem Hauche weht, Und der Strom ſanft wiegt die Scheiter; Fuͤr die Todten iſt's zu ſpaͤt. Doch ihr Schifflein, hoͤrt, ihr andern! Seyd ihr auch dem Sturm entwiſcht, Ruhig moͤgt ihr weiter wandern, Aber nicht gehoͤhnt, geziſcht: „Wie der Nachen ward zertruͤmmert! „Wie das Herz im Strom erſoff! „Warſt wohl auch zu leicht gezimmert! „Warſt wohl auch aus ſchlechtem Stoff!“ Huͤtet euch, ihr andern, huͤtet! Denkt an eurer Fahrten Reſt; Denn der Zukunft Nacht bebruͤtet Manchen Sturm im dunkeln Neſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0148" n="134"/> <lg n="5"> <l>Iſt's ein wildes ungezaͤumtes,</l><lb/> <l>Wird es im Tumulte ſcheu,</l><lb/> <l>Todestrunken gluͤht und ſchaͤumt es,</l><lb/> <l>Und zertruͤmmert ſein Gebaͤu.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Wenn dann auch der Himmel heiter</l><lb/> <l>Und mit lindem Hauche weht,</l><lb/> <l>Und der Strom ſanft wiegt die Scheiter;</l><lb/> <l>Fuͤr die Todten iſt's zu ſpaͤt.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Doch ihr Schifflein, hoͤrt, ihr andern!</l><lb/> <l>Seyd ihr auch dem Sturm entwiſcht,</l><lb/> <l>Ruhig moͤgt ihr weiter wandern,</l><lb/> <l>Aber nicht gehoͤhnt, geziſcht:</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>„Wie der Nachen ward zertruͤmmert!</l><lb/> <l>„Wie das Herz im Strom erſoff!</l><lb/> <l>„Warſt wohl auch zu leicht gezimmert!</l><lb/> <l>„Warſt wohl auch aus ſchlechtem Stoff!“</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>Huͤtet euch, ihr andern, huͤtet!</l><lb/> <l>Denkt an eurer Fahrten Reſt;</l><lb/> <l>Denn der Zukunft Nacht bebruͤtet</l><lb/> <l>Manchen Sturm im dunkeln Neſt.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0148]
Iſt's ein wildes ungezaͤumtes,
Wird es im Tumulte ſcheu,
Todestrunken gluͤht und ſchaͤumt es,
Und zertruͤmmert ſein Gebaͤu.
Wenn dann auch der Himmel heiter
Und mit lindem Hauche weht,
Und der Strom ſanft wiegt die Scheiter;
Fuͤr die Todten iſt's zu ſpaͤt.
Doch ihr Schifflein, hoͤrt, ihr andern!
Seyd ihr auch dem Sturm entwiſcht,
Ruhig moͤgt ihr weiter wandern,
Aber nicht gehoͤhnt, geziſcht:
„Wie der Nachen ward zertruͤmmert!
„Wie das Herz im Strom erſoff!
„Warſt wohl auch zu leicht gezimmert!
„Warſt wohl auch aus ſchlechtem Stoff!“
Huͤtet euch, ihr andern, huͤtet!
Denkt an eurer Fahrten Reſt;
Denn der Zukunft Nacht bebruͤtet
Manchen Sturm im dunkeln Neſt.
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Zitationshilfe: | Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/148>, abgerufen am 16.02.2025. |