Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
4.
Ich trat in einen heilig düstern
Eichwald, da hört' ich leis' und lind
Ein Bächlein unter Blumen flüstern,
Wie das Gebet von einem Kind;
Und mich ergriff ein süßes Grauen,
Es rauscht' der Wald geheimnißvoll,
Als möcht' er mir was anvertrauen,
Das noch mein Herz nicht wissen soll;
Als möcht' er heimlich mir entdecken,
Was Gottes Liebe sinnt, und will;
Doch schien er plötzlich zu erschrecken
Vor Gottes Näh' -- und wurde still.

Lenau's Gedichte. 10
4.
Ich trat in einen heilig duͤſtern
Eichwald, da hoͤrt' ich leiſ' und lind
Ein Baͤchlein unter Blumen fluͤſtern,
Wie das Gebet von einem Kind;
Und mich ergriff ein ſuͤßes Grauen,
Es rauſcht' der Wald geheimnißvoll,
Als moͤcht' er mir was anvertrauen,
Das noch mein Herz nicht wiſſen ſoll;
Als moͤcht' er heimlich mir entdecken,
Was Gottes Liebe ſinnt, und will;
Doch ſchien er ploͤtzlich zu erſchrecken
Vor Gottes Naͤh' — und wurde ſtill.

Lenau's Gedichte. 10
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0159" n="145"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">4.</hi><lb/>
            </head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">I</hi>ch trat in einen heilig du&#x0364;&#x017F;tern</l><lb/>
                <l>Eichwald, da ho&#x0364;rt' ich lei&#x017F;' und lind</l><lb/>
                <l>Ein Ba&#x0364;chlein unter Blumen flu&#x0364;&#x017F;tern,</l><lb/>
                <l>Wie das Gebet von einem Kind;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Und mich ergriff ein &#x017F;u&#x0364;ßes Grauen,</l><lb/>
                <l>Es rau&#x017F;cht' der Wald geheimnißvoll,</l><lb/>
                <l>Als mo&#x0364;cht' er mir was anvertrauen,</l><lb/>
                <l>Das noch mein Herz nicht wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;oll;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Als mo&#x0364;cht' er heimlich mir entdecken,</l><lb/>
                <l>Was Gottes Liebe &#x017F;innt, und will;</l><lb/>
                <l>Doch &#x017F;chien er plo&#x0364;tzlich zu er&#x017F;chrecken</l><lb/>
                <l>Vor Gottes Na&#x0364;h' &#x2014; und wurde &#x017F;till.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <fw place="bottom" type="sig">Lenau's Gedichte. 10<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0159] 4. Ich trat in einen heilig duͤſtern Eichwald, da hoͤrt' ich leiſ' und lind Ein Baͤchlein unter Blumen fluͤſtern, Wie das Gebet von einem Kind; Und mich ergriff ein ſuͤßes Grauen, Es rauſcht' der Wald geheimnißvoll, Als moͤcht' er mir was anvertrauen, Das noch mein Herz nicht wiſſen ſoll; Als moͤcht' er heimlich mir entdecken, Was Gottes Liebe ſinnt, und will; Doch ſchien er ploͤtzlich zu erſchrecken Vor Gottes Naͤh' — und wurde ſtill. Lenau's Gedichte. 10

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/159
Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/159>, abgerufen am 27.11.2024.