Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.9. Ein Greis trat lächelnd mir entgegen, Bot mir die Hand gedankenvoll, Und hob sie dann empor zum Segen, Der sanft vom Himmel niederquoll; Und ich empfand es tief im Herzen, Daß Zorn der Donner Gottes nicht; Daß aus der Weste leichten Scherzen, Wie aus Gewittern Liebe spricht. Und einen Labebecher trank ich, Und schlich, wohin die Ruh' mich rief, Hinaus zur Scheune, müde sank ich Hier in des Heues Duft -- und schlief. Was mich erfreut auf meinen Wegen, Das träumt' ich nun im Schlafe nach, Und träumend hört' ich, wie der Regen Sanft niederträufelt' auf das Dach. Süß träumt es sich in einer Scheune, Wenn drauf der Regen leise klopft; So mag sich's ruh'n im Todtenschreine, Auf den die Freundeszähre tropft. 9. Ein Greis trat laͤchelnd mir entgegen, Bot mir die Hand gedankenvoll, Und hob ſie dann empor zum Segen, Der ſanft vom Himmel niederquoll; Und ich empfand es tief im Herzen, Daß Zorn der Donner Gottes nicht; Daß aus der Weſte leichten Scherzen, Wie aus Gewittern Liebe ſpricht. Und einen Labebecher trank ich, Und ſchlich, wohin die Ruh' mich rief, Hinaus zur Scheune, muͤde ſank ich Hier in des Heues Duft — und ſchlief. Was mich erfreut auf meinen Wegen, Das traͤumt' ich nun im Schlafe nach, Und traͤumend hoͤrt' ich, wie der Regen Sanft niedertraͤufelt' auf das Dach. Suͤß traͤumt es ſich in einer Scheune, Wenn drauf der Regen leiſe klopft; So mag ſich's ruh'n im Todtenſchreine, Auf den die Freundeszaͤhre tropft. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0165" n="151"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">9.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">E</hi>in Greis trat laͤchelnd mir entgegen,</l><lb/> <l>Bot mir die Hand gedankenvoll,</l><lb/> <l>Und hob ſie dann empor zum Segen,</l><lb/> <l>Der ſanft vom Himmel niederquoll;</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Und ich empfand es tief im Herzen,</l><lb/> <l>Daß Zorn der Donner Gottes nicht;</l><lb/> <l>Daß aus der Weſte leichten Scherzen,</l><lb/> <l>Wie aus Gewittern Liebe ſpricht.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Und einen Labebecher trank ich,</l><lb/> <l>Und ſchlich, wohin die Ruh' mich rief,</l><lb/> <l>Hinaus zur Scheune, muͤde ſank ich</l><lb/> <l>Hier in des Heues Duft — und ſchlief.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Was mich erfreut auf meinen Wegen,</l><lb/> <l>Das traͤumt' ich nun im Schlafe nach,</l><lb/> <l>Und traͤumend hoͤrt' ich, wie der Regen</l><lb/> <l>Sanft niedertraͤufelt' auf das Dach.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Suͤß traͤumt es ſich in einer Scheune,</l><lb/> <l>Wenn drauf der Regen leiſe klopft;</l><lb/> <l>So mag ſich's ruh'n im Todtenſchreine,</l><lb/> <l>Auf den die Freundeszaͤhre tropft.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [151/0165]
9.
Ein Greis trat laͤchelnd mir entgegen,
Bot mir die Hand gedankenvoll,
Und hob ſie dann empor zum Segen,
Der ſanft vom Himmel niederquoll;
Und ich empfand es tief im Herzen,
Daß Zorn der Donner Gottes nicht;
Daß aus der Weſte leichten Scherzen,
Wie aus Gewittern Liebe ſpricht.
Und einen Labebecher trank ich,
Und ſchlich, wohin die Ruh' mich rief,
Hinaus zur Scheune, muͤde ſank ich
Hier in des Heues Duft — und ſchlief.
Was mich erfreut auf meinen Wegen,
Das traͤumt' ich nun im Schlafe nach,
Und traͤumend hoͤrt' ich, wie der Regen
Sanft niedertraͤufelt' auf das Dach.
Suͤß traͤumt es ſich in einer Scheune,
Wenn drauf der Regen leiſe klopft;
So mag ſich's ruh'n im Todtenſchreine,
Auf den die Freundeszaͤhre tropft.
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