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Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

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Zur gliederlosen, starren Ewigkeit.
Soll zählen er sie wohl nach seinen Thränen?
Und messen, wie sie noch vom Grabe weit,
Nach dem Unendlichen, nach seinem Sehnen? --
Er wird sein hart Geschick nicht überdauern,
Und hofft er dies, es ist ein eitles Wähnen;
Denn "sterben soll er in den Kerkermauern!"
So klangen seines Richters finstre Worte,
Des Mannes ohne Mitleid und Bedauern.
Sein Flehen schlägt vergebens an die Pforte:
"Gib mir, o Gott, bevor das Herz mir bricht,
"Nur einen Schritt aus diesem Qualenorte,
"Nur noch ein Auge voll von deinem Licht!
"Dann laß mich sterben immerhin zur Stelle,
"Ich klage meiner Todesstunde nicht!
"Mag dann mein Leichnam auf der Kerkerschwelle,
"O Herr, an deinem Lichte noch sich sonnen!
"So wie der müde Wandrer an der Quelle
"Schlaf' ich an deinem süßen Strahlenbronnen,
"Und träume, was ich sterbend noch empfunden,
"O Freiheit! Freiheit! alle deine Wonnen!" -- --
Warum hat der ein solches Loos gefunden? --
Er fleht umsonst, er hat zu viel verbrochen,
Hat sich des Allzukühnen unterwunden,
Zur gliederloſen, ſtarren Ewigkeit.
Soll zaͤhlen er ſie wohl nach ſeinen Thraͤnen?
Und meſſen, wie ſie noch vom Grabe weit,
Nach dem Unendlichen, nach ſeinem Sehnen? —
Er wird ſein hart Geſchick nicht uͤberdauern,
Und hofft er dies, es iſt ein eitles Waͤhnen;
Denn „ſterben ſoll er in den Kerkermauern!“
So klangen ſeines Richters finſtre Worte,
Des Mannes ohne Mitleid und Bedauern.
Sein Flehen ſchlaͤgt vergebens an die Pforte:
„Gib mir, o Gott, bevor das Herz mir bricht,
„Nur einen Schritt aus dieſem Qualenorte,
„Nur noch ein Auge voll von deinem Licht!
„Dann laß mich ſterben immerhin zur Stelle,
„Ich klage meiner Todesſtunde nicht!
„Mag dann mein Leichnam auf der Kerkerſchwelle,
„O Herr, an deinem Lichte noch ſich ſonnen!
„So wie der muͤde Wandrer an der Quelle
„Schlaf' ich an deinem ſuͤßen Strahlenbronnen,
„Und traͤume, was ich ſterbend noch empfunden,
„O Freiheit! Freiheit! alle deine Wonnen!“ — —
Warum hat der ein ſolches Loos gefunden? —
Er fleht umſonſt, er hat zu viel verbrochen,
Hat ſich des Allzukuͤhnen unterwunden,
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[6/0020] Zur gliederloſen, ſtarren Ewigkeit. Soll zaͤhlen er ſie wohl nach ſeinen Thraͤnen? Und meſſen, wie ſie noch vom Grabe weit, Nach dem Unendlichen, nach ſeinem Sehnen? — Er wird ſein hart Geſchick nicht uͤberdauern, Und hofft er dies, es iſt ein eitles Waͤhnen; Denn „ſterben ſoll er in den Kerkermauern!“ So klangen ſeines Richters finſtre Worte, Des Mannes ohne Mitleid und Bedauern. Sein Flehen ſchlaͤgt vergebens an die Pforte: „Gib mir, o Gott, bevor das Herz mir bricht, „Nur einen Schritt aus dieſem Qualenorte, „Nur noch ein Auge voll von deinem Licht! „Dann laß mich ſterben immerhin zur Stelle, „Ich klage meiner Todesſtunde nicht! „Mag dann mein Leichnam auf der Kerkerſchwelle, „O Herr, an deinem Lichte noch ſich ſonnen! „So wie der muͤde Wandrer an der Quelle „Schlaf' ich an deinem ſuͤßen Strahlenbronnen, „Und traͤume, was ich ſterbend noch empfunden, „O Freiheit! Freiheit! alle deine Wonnen!“ — — Warum hat der ein ſolches Loos gefunden? — Er fleht umſonſt, er hat zu viel verbrochen, Hat ſich des Allzukuͤhnen unterwunden,

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Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/20>, abgerufen am 03.12.2024.