Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Jüngling, mit den edlen Freunden,
Die getreu dir auch im Leide,
Ist noch eine treue Seele
Dir gefolgt in fremdem Kleide.
Ihre Sehnsucht will die Jungfrau
Deinem Blick verborgen halten,
In die Pflicht des Pagen hüllen
Ihrer Liebe stilles Walten.
Und es deckt die Rosenwangen
Gelbe, angetünchte Farbe,
Und es flüchtet ihre Stirne
Unter die gemalte Narbe. --
Kaum erwacht der Tag im Osten,
Und der Schwalbe frühes Rufen,
Eilt auch schon das gute Klärchen
Nieder die granitnen Stufen.
Ueber Felsen, Thal und Wiesen
Wandert sie wohl eine Meile
Nach dem Garten ihrer Mutter
Fort in rastlos froher Eile.
Juͤngling, mit den edlen Freunden,
Die getreu dir auch im Leide,
Iſt noch eine treue Seele
Dir gefolgt in fremdem Kleide.
Ihre Sehnſucht will die Jungfrau
Deinem Blick verborgen halten,
In die Pflicht des Pagen huͤllen
Ihrer Liebe ſtilles Walten.
Und es deckt die Roſenwangen
Gelbe, angetuͤnchte Farbe,
Und es fluͤchtet ihre Stirne
Unter die gemalte Narbe. —
Kaum erwacht der Tag im Oſten,
Und der Schwalbe fruͤhes Rufen,
Eilt auch ſchon das gute Klaͤrchen
Nieder die granitnen Stufen.
Ueber Felſen, Thal und Wieſen
Wandert ſie wohl eine Meile
Nach dem Garten ihrer Mutter
Fort in raſtlos froher Eile.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0256" n="242"/>
            <lg n="5">
              <l>Ju&#x0364;ngling, mit den edlen Freunden,</l><lb/>
              <l>Die getreu dir auch im Leide,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t noch eine treue Seele</l><lb/>
              <l>Dir gefolgt in fremdem Kleide.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="6">
              <l>Ihre Sehn&#x017F;ucht will die Jungfrau</l><lb/>
              <l>Deinem Blick verborgen halten,</l><lb/>
              <l>In die Pflicht des Pagen hu&#x0364;llen</l><lb/>
              <l>Ihrer Liebe &#x017F;tilles Walten.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="7">
              <l>Und es deckt die Ro&#x017F;enwangen</l><lb/>
              <l>Gelbe, angetu&#x0364;nchte Farbe,</l><lb/>
              <l>Und es flu&#x0364;chtet ihre Stirne</l><lb/>
              <l>Unter die gemalte Narbe. &#x2014;</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="8">
              <l>Kaum erwacht der Tag im O&#x017F;ten,</l><lb/>
              <l>Und der Schwalbe fru&#x0364;hes Rufen,</l><lb/>
              <l>Eilt auch &#x017F;chon das gute Kla&#x0364;rchen</l><lb/>
              <l>Nieder die granitnen Stufen.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="9">
              <l>Ueber Fel&#x017F;en, Thal und Wie&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Wandert &#x017F;ie wohl eine Meile</l><lb/>
              <l>Nach dem Garten ihrer Mutter</l><lb/>
              <l>Fort in ra&#x017F;tlos froher Eile.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0256] Juͤngling, mit den edlen Freunden, Die getreu dir auch im Leide, Iſt noch eine treue Seele Dir gefolgt in fremdem Kleide. Ihre Sehnſucht will die Jungfrau Deinem Blick verborgen halten, In die Pflicht des Pagen huͤllen Ihrer Liebe ſtilles Walten. Und es deckt die Roſenwangen Gelbe, angetuͤnchte Farbe, Und es fluͤchtet ihre Stirne Unter die gemalte Narbe. — Kaum erwacht der Tag im Oſten, Und der Schwalbe fruͤhes Rufen, Eilt auch ſchon das gute Klaͤrchen Nieder die granitnen Stufen. Ueber Felſen, Thal und Wieſen Wandert ſie wohl eine Meile Nach dem Garten ihrer Mutter Fort in raſtlos froher Eile.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/256
Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/256>, abgerufen am 23.11.2024.