Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Abschied von Galizien. Nach dem Polnischen des N. Boloz von Antonievicz. Lebt wohl, lebt wohl, ihr trauten Lindenbäume, Die ihr an's stille Vaterhaus euch schmiegt! Ihr seyd die Zeugen meiner Jugendträume, In die mich euer Flüstern oft gewiegt. Nahm auch dem Knaben einst auf Augenblicke Ein eingebildet Unglück seine Ruh', Und kam er trostlos dann zu euch zurücke, So rauschtet ihr ihm Trost und Freude zu. Von meinen frohen Spielen seyd ihr Zeugen, Von meinem raschen, leichten Jugendsinn, Nun säuselt Wehmuth mir aus euren Zweigen, Die Tage meiner Jugend sind dahin! Sie sind dahin! -- Ein Knabe noch vor Jahren,
Nehm' Abschied heute ich als Mann von euch; Ich ziehe fort zu Thaten und Gefahren, Es gilt der Tyrannei den Todesstreich. Abschied von Galizien. Nach dem Polniſchen des N. Boloz von Antonievicz. Lebt wohl, lebt wohl, ihr trauten Lindenbaͤume, Die ihr an's ſtille Vaterhaus euch ſchmiegt! Ihr ſeyd die Zeugen meiner Jugendtraͤume, In die mich euer Fluͤſtern oft gewiegt. Nahm auch dem Knaben einſt auf Augenblicke Ein eingebildet Ungluͤck ſeine Ruh', Und kam er troſtlos dann zu euch zuruͤcke, So rauſchtet ihr ihm Troſt und Freude zu. Von meinen frohen Spielen ſeyd ihr Zeugen, Von meinem raſchen, leichten Jugendſinn, Nun ſaͤuſelt Wehmuth mir aus euren Zweigen, Die Tage meiner Jugend ſind dahin! Sie ſind dahin! — Ein Knabe noch vor Jahren,
Nehm' Abſchied heute ich als Mann von euch; Ich ziehe fort zu Thaten und Gefahren, Es gilt der Tyrannei den Todesſtreich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0027" n="13"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Abschied von Galizien.</hi><lb/> </head> <p rendition="#c">Nach dem Polniſchen des N. Boloz von Antonievicz.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">L</hi>ebt wohl, lebt wohl, ihr trauten Lindenbaͤume,</l><lb/> <l>Die ihr an's ſtille Vaterhaus euch ſchmiegt!</l><lb/> <l>Ihr ſeyd die Zeugen meiner Jugendtraͤume,</l><lb/> <l>In die mich euer Fluͤſtern oft gewiegt.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Nahm auch dem Knaben einſt auf Augenblicke</l><lb/> <l>Ein eingebildet Ungluͤck ſeine Ruh',</l><lb/> <l>Und kam er troſtlos dann zu euch zuruͤcke,</l><lb/> <l>So rauſchtet ihr ihm Troſt und Freude zu.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Von meinen frohen Spielen ſeyd ihr Zeugen,</l><lb/> <l>Von meinem raſchen, leichten Jugendſinn,</l><lb/> <l>Nun ſaͤuſelt Wehmuth mir aus euren Zweigen,</l><lb/> <l>Die Tage meiner Jugend ſind dahin!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Sie ſind dahin! — Ein Knabe noch vor Jahren,</l><lb/> <l>Nehm' Abſchied heute ich als Mann von euch;</l><lb/> <l>Ich ziehe fort zu Thaten und Gefahren,</l><lb/> <l>Es gilt der Tyrannei den Todesſtreich.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0027]
Abschied von Galizien.
Nach dem Polniſchen des N. Boloz von Antonievicz.
Lebt wohl, lebt wohl, ihr trauten Lindenbaͤume,
Die ihr an's ſtille Vaterhaus euch ſchmiegt!
Ihr ſeyd die Zeugen meiner Jugendtraͤume,
In die mich euer Fluͤſtern oft gewiegt.
Nahm auch dem Knaben einſt auf Augenblicke
Ein eingebildet Ungluͤck ſeine Ruh',
Und kam er troſtlos dann zu euch zuruͤcke,
So rauſchtet ihr ihm Troſt und Freude zu.
Von meinen frohen Spielen ſeyd ihr Zeugen,
Von meinem raſchen, leichten Jugendſinn,
Nun ſaͤuſelt Wehmuth mir aus euren Zweigen,
Die Tage meiner Jugend ſind dahin!
Sie ſind dahin! — Ein Knabe noch vor Jahren,
Nehm' Abſchied heute ich als Mann von euch;
Ich ziehe fort zu Thaten und Gefahren,
Es gilt der Tyrannei den Todesſtreich.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |