Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Bald im ungestümen Werben Wird der Liebe Klagelaut, Wird das Bild der Heimat sterben! Arme Mutter! arme Braut! -- In des Jünglings letztes Wanken Bricht des Werbers rauhes Zanken, Lacht des Werbers bittrer Hohn: "Bist wohl auch kein Heldensohn! "Bist kein echter Ungarjunge! "Feiges Herz! so fahre hin!" Seht, er stürzt mit raschem Sprunge -- Zorn und Scham der Wange Glühn -- Hin zum Werber, von der Rechten Schallt der Handschlag in den Lüften, Und er gürtet, kühn zum Fechten, Schnell das Schwert sich um die Hüften. -- Wie beim Sonnenuntergange Hier und dort vom Saatgefild Still waldeinwärts schleicht das Wild: Also von der Ungarn Wange Flüchtet in den Bart herab Still die scheue Männerzähre. Ahnen sie des Jünglings Ehre? Ahnen sie sein frühes Grab? Bald im ungeſtuͤmen Werben Wird der Liebe Klagelaut, Wird das Bild der Heimat ſterben! Arme Mutter! arme Braut! — In des Juͤnglings letztes Wanken Bricht des Werbers rauhes Zanken, Lacht des Werbers bittrer Hohn: „Biſt wohl auch kein Heldenſohn! „Biſt kein echter Ungarjunge! „Feiges Herz! ſo fahre hin!“ Seht, er ſtuͤrzt mit raſchem Sprunge — Zorn und Scham der Wange Gluͤhn — Hin zum Werber, von der Rechten Schallt der Handſchlag in den Luͤften, Und er guͤrtet, kuͤhn zum Fechten, Schnell das Schwert ſich um die Huͤften. — Wie beim Sonnenuntergange Hier und dort vom Saatgefild Still waldeinwaͤrts ſchleicht das Wild: Alſo von der Ungarn Wange Fluͤchtet in den Bart herab Still die ſcheue Maͤnnerzaͤhre. Ahnen ſie des Juͤnglings Ehre? Ahnen ſie ſein fruͤhes Grab? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0040" n="26"/> <l>Bald im ungeſtuͤmen Werben</l><lb/> <l>Wird der Liebe Klagelaut,</l><lb/> <l>Wird das Bild der Heimat ſterben!</l><lb/> <l>Arme Mutter! arme Braut! —</l><lb/> <l>In des Juͤnglings letztes Wanken</l><lb/> <l>Bricht des Werbers rauhes Zanken,</l><lb/> <l>Lacht des Werbers bittrer Hohn:</l><lb/> <l>„Biſt wohl auch kein Heldenſohn!</l><lb/> <l>„Biſt kein echter Ungarjunge!</l><lb/> <l>„Feiges Herz! ſo fahre hin!“</l><lb/> <l>Seht, er ſtuͤrzt mit raſchem Sprunge —</l><lb/> <l>Zorn und Scham der Wange Gluͤhn —</l><lb/> <l>Hin zum Werber, von der Rechten</l><lb/> <l>Schallt der Handſchlag in den Luͤften,</l><lb/> <l>Und er guͤrtet, kuͤhn zum Fechten,</l><lb/> <l>Schnell das Schwert ſich um die Huͤften. —</l><lb/> <l>Wie beim Sonnenuntergange</l><lb/> <l>Hier und dort vom Saatgefild</l><lb/> <l>Still waldeinwaͤrts ſchleicht das Wild:</l><lb/> <l>Alſo von der Ungarn Wange</l><lb/> <l>Fluͤchtet in den Bart herab</l><lb/> <l>Still die ſcheue Maͤnnerzaͤhre.</l><lb/> <l>Ahnen ſie des Juͤnglings Ehre?</l><lb/> <l>Ahnen ſie ſein fruͤhes Grab?</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0040]
Bald im ungeſtuͤmen Werben
Wird der Liebe Klagelaut,
Wird das Bild der Heimat ſterben!
Arme Mutter! arme Braut! —
In des Juͤnglings letztes Wanken
Bricht des Werbers rauhes Zanken,
Lacht des Werbers bittrer Hohn:
„Biſt wohl auch kein Heldenſohn!
„Biſt kein echter Ungarjunge!
„Feiges Herz! ſo fahre hin!“
Seht, er ſtuͤrzt mit raſchem Sprunge —
Zorn und Scham der Wange Gluͤhn —
Hin zum Werber, von der Rechten
Schallt der Handſchlag in den Luͤften,
Und er guͤrtet, kuͤhn zum Fechten,
Schnell das Schwert ſich um die Huͤften. —
Wie beim Sonnenuntergange
Hier und dort vom Saatgefild
Still waldeinwaͤrts ſchleicht das Wild:
Alſo von der Ungarn Wange
Fluͤchtet in den Bart herab
Still die ſcheue Maͤnnerzaͤhre.
Ahnen ſie des Juͤnglings Ehre?
Ahnen ſie ſein fruͤhes Grab?
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