Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.cere zu machen, oder vielmehr ostentare zu scheinen, glänzen, schimmern. Dull. Jch sagte, das Thier war kein haud credo, es war ein Hirschkalb. Holof. Aufgewärmte Einfalt! bis coctus. O du monstrum der Unwissenheit. Nath. Herr, er hat nie die Leckerbißlein gekostet, die uns in den erbaulichsten Bü- chern zubereitet werden, er hat kein Pappier gessen, keine Dinte trunken, seine Seele ist ungebauet und leer, nur an den gröbern Theilen empfindlich. Diese niedrigen und unfruchtbaren Bäume sind uns dargestellt, daß wir sollen dankbar seyn, wir die wir nur an den feinern Theilen empfinden, die ihm gänzlich verschlossen seyn. Denn so wie es uns übel anstehen würde, hölzern und grob zu thun, so wäre es ein wahrer Schandfleck für die gelehrte Welt, wenn man ihn in eine Schule thäte. Aber omne bene sag ich, mancher kann das Wetter nicht vertragen, und segelt doch mit dem Winde. Dull. Jhr seyd doch beyde von den Stu- dirten, Herr! könnt ihr mir sagen, was war einen Monath alt zu Adams Zeiten, daß noch itzunderst nicht fünf Wochen alt ist. Holof. Dictinna guter Freund, Dictinna guter Freund. Dull. Was ist das dick dünn, was ist das? Nath.
cere zu machen, oder vielmehr oſtentare zu ſcheinen, glaͤnzen, ſchimmern. Dull. Jch ſagte, das Thier war kein haud credo, es war ein Hirſchkalb. Holof. Aufgewaͤrmte Einfalt! bis coctus. O du monſtrum der Unwiſſenheit. Nath. Herr, er hat nie die Leckerbißlein gekoſtet, die uns in den erbaulichſten Buͤ- chern zubereitet werden, er hat kein Pappier geſſen, keine Dinte trunken, ſeine Seele iſt ungebauet und leer, nur an den groͤbern Theilen empfindlich. Dieſe niedrigen und unfruchtbaren Baͤume ſind uns dargeſtellt, daß wir ſollen dankbar ſeyn, wir die wir nur an den feinern Theilen empfinden, die ihm gaͤnzlich verſchloſſen ſeyn. Denn ſo wie es uns uͤbel anſtehen wuͤrde, hoͤlzern und grob zu thun, ſo waͤre es ein wahrer Schandfleck fuͤr die gelehrte Welt, wenn man ihn in eine Schule thaͤte. Aber omne bene ſag ich, mancher kann das Wetter nicht vertragen, und ſegelt doch mit dem Winde. Dull. Jhr ſeyd doch beyde von den Stu- dirten, Herr! koͤnnt ihr mir ſagen, was war einen Monath alt zu Adams Zeiten, daß noch itzunderſt nicht fuͤnf Wochen alt iſt. Holof. Dictinna guter Freund, Dictinna guter Freund. Dull. Was iſt das dick duͤnn, was iſt das? Nath.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp> <p><pb facs="#f0104" n="98"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><hi rendition="#aq">cere</hi> zu machen, oder vielmehr <hi rendition="#aq">oſtentare</hi><lb/> zu ſcheinen, glaͤnzen, ſchimmern.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Dull</hi>.</speaker> <p>Jch ſagte, das Thier war kein<lb/><hi rendition="#aq">haud credo,</hi> es war ein Hirſchkalb.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Holof</hi>.</speaker> <p>Aufgewaͤrmte Einfalt! <hi rendition="#aq">bis coctus.</hi><lb/> O du <hi rendition="#aq">monſtrum</hi> der Unwiſſenheit.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Nath</hi>.</speaker> <p>Herr, er hat nie die Leckerbißlein<lb/> gekoſtet, die uns in den erbaulichſten Buͤ-<lb/> chern zubereitet werden, er hat kein Pappier<lb/> geſſen, keine Dinte trunken, ſeine Seele iſt<lb/> ungebauet und leer, nur an den groͤbern<lb/> Theilen empfindlich. Dieſe niedrigen und<lb/> unfruchtbaren Baͤume ſind uns dargeſtellt,<lb/> daß wir ſollen dankbar ſeyn, wir die wir<lb/> nur an den feinern Theilen empfinden, die<lb/> ihm gaͤnzlich verſchloſſen ſeyn. Denn ſo wie<lb/> es uns uͤbel anſtehen wuͤrde, hoͤlzern und<lb/> grob zu thun, ſo waͤre es ein wahrer<lb/> Schandfleck fuͤr die gelehrte Welt, wenn<lb/> man ihn in eine Schule thaͤte. Aber <hi rendition="#aq">omne<lb/> bene</hi> ſag ich, mancher kann das Wetter nicht<lb/> vertragen, und ſegelt doch mit dem Winde.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Dull</hi>.</speaker> <p>Jhr ſeyd doch beyde von den Stu-<lb/> dirten, Herr! koͤnnt ihr mir ſagen, was war<lb/> einen Monath alt zu Adams Zeiten, daß<lb/> noch itzunderſt nicht fuͤnf Wochen alt iſt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Holof</hi>.</speaker> <p><hi rendition="#aq">Dictinna</hi> guter Freund, <hi rendition="#aq">Dictinna</hi><lb/> guter Freund.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Dull</hi>.</speaker> <p>Was iſt das dick duͤnn, was iſt<lb/> das?</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">Nath</hi>.</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0104]
cere zu machen, oder vielmehr oſtentare
zu ſcheinen, glaͤnzen, ſchimmern.
Dull. Jch ſagte, das Thier war kein
haud credo, es war ein Hirſchkalb.
Holof. Aufgewaͤrmte Einfalt! bis coctus.
O du monſtrum der Unwiſſenheit.
Nath. Herr, er hat nie die Leckerbißlein
gekoſtet, die uns in den erbaulichſten Buͤ-
chern zubereitet werden, er hat kein Pappier
geſſen, keine Dinte trunken, ſeine Seele iſt
ungebauet und leer, nur an den groͤbern
Theilen empfindlich. Dieſe niedrigen und
unfruchtbaren Baͤume ſind uns dargeſtellt,
daß wir ſollen dankbar ſeyn, wir die wir
nur an den feinern Theilen empfinden, die
ihm gaͤnzlich verſchloſſen ſeyn. Denn ſo wie
es uns uͤbel anſtehen wuͤrde, hoͤlzern und
grob zu thun, ſo waͤre es ein wahrer
Schandfleck fuͤr die gelehrte Welt, wenn
man ihn in eine Schule thaͤte. Aber omne
bene ſag ich, mancher kann das Wetter nicht
vertragen, und ſegelt doch mit dem Winde.
Dull. Jhr ſeyd doch beyde von den Stu-
dirten, Herr! koͤnnt ihr mir ſagen, was war
einen Monath alt zu Adams Zeiten, daß
noch itzunderſt nicht fuͤnf Wochen alt iſt.
Holof. Dictinna guter Freund, Dictinna
guter Freund.
Dull. Was iſt das dick duͤnn, was iſt
das?
Nath.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |