Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.sachen mir nicht erlauben, so weit mich über meinen Gegenstand auszubreiten, so tief hineinzudringen, als ich gern wollte. Jch zimmere in meiner Einbildung ein ungeheu- res Theater, auf dem die berühmtesten Schauspieler alter und neuer Zeiten nun vor unserm Auge vorbeyziehen sollen. Da wer- den Sie also sehen die grossen Meisterstücke Griechenlands von eben so grossen Meistern in der Aktion vorgestellt, wenn wir dem Aulus Gellius glauben wollen und andern. Sie werden, wenn Sie belieben, im zwey- ten Departement gewahr werden die Trau- erspiele des Ovids und Seneka, die Lust- spiele des Plautus und Terenz und den grossen Komödianten Roscius, dessen der be- rühmte Herr Cicero selbst mit vieler Achtung erwähnt. Werden sehen die drey Schau- spieler, die sich in eine Rolle theilen, die Larven, die uns Herr du Bos so ausführ- lich beschreibt, den ganzen furchtbaren Ap- paratus, und dennoch den alten Römern müssen Gerechtigkeit wiederfahren lassen, daß die wesentliche Einrichtung ihrer Bühne und ihr Parterre, das wills Gott aus nichts weniger als der Nation bestand, diese schein- baren Ausschweifungen von der Natur noth- wendig machten. Daß aber die Alten ihre Stücke mehr abgesungen als recitirt, scheint mir aus dem du Bos sehr wahrscheinlich, da A 3
ſachen mir nicht erlauben, ſo weit mich uͤber meinen Gegenſtand auszubreiten, ſo tief hineinzudringen, als ich gern wollte. Jch zimmere in meiner Einbildung ein ungeheu- res Theater, auf dem die beruͤhmteſten Schauſpieler alter und neuer Zeiten nun vor unſerm Auge vorbeyziehen ſollen. Da wer- den Sie alſo ſehen die groſſen Meiſterſtuͤcke Griechenlands von eben ſo groſſen Meiſtern in der Aktion vorgeſtellt, wenn wir dem Aulus Gellius glauben wollen und andern. Sie werden, wenn Sie belieben, im zwey- ten Departement gewahr werden die Trau- erſpiele des Ovids und Seneka, die Luſt- ſpiele des Plautus und Terenz und den groſſen Komoͤdianten Roſcius, deſſen der be- ruͤhmte Herr Cicero ſelbſt mit vieler Achtung erwaͤhnt. Werden ſehen die drey Schau- ſpieler, die ſich in eine Rolle theilen, die Larven, die uns Herr du Bos ſo ausfuͤhr- lich beſchreibt, den ganzen furchtbaren Ap- paratus, und dennoch den alten Roͤmern muͤſſen Gerechtigkeit wiederfahren laſſen, daß die weſentliche Einrichtung ihrer Buͤhne und ihr Parterre, das wills Gott aus nichts weniger als der Nation beſtand, dieſe ſchein- baren Ausſchweifungen von der Natur noth- wendig machten. Daß aber die Alten ihre Stuͤcke mehr abgeſungen als recitirt, ſcheint mir aus dem du Bos ſehr wahrſcheinlich, da A 3
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ſachen mir nicht erlauben, ſo weit mich uͤber
meinen Gegenſtand auszubreiten, ſo tief
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zimmere in meiner Einbildung ein ungeheu-
res Theater, auf dem die beruͤhmteſten
Schauſpieler alter und neuer Zeiten nun vor
unſerm Auge vorbeyziehen ſollen. Da wer-
den Sie alſo ſehen die groſſen Meiſterſtuͤcke
Griechenlands von eben ſo groſſen Meiſtern
in der Aktion vorgeſtellt, wenn wir dem
Aulus Gellius glauben wollen und andern.
Sie werden, wenn Sie belieben, im zwey-
ten Departement gewahr werden die Trau-
erſpiele des Ovids und Seneka, die Luſt-
ſpiele des Plautus und Terenz und den
groſſen Komoͤdianten Roſcius, deſſen der be-
ruͤhmte Herr Cicero ſelbſt mit vieler Achtung
erwaͤhnt. Werden ſehen die drey Schau-
ſpieler, die ſich in eine Rolle theilen, die
Larven, die uns Herr du Bos ſo ausfuͤhr-
lich beſchreibt, den ganzen furchtbaren Ap-
paratus, und dennoch den alten Roͤmern
muͤſſen Gerechtigkeit wiederfahren laſſen,
daß die weſentliche Einrichtung ihrer Buͤhne
und ihr Parterre, das wills Gott aus nichts
weniger als der Nation beſtand, dieſe ſchein-
baren Ausſchweifungen von der Natur noth-
wendig machten. Daß aber die Alten ihre
Stuͤcke mehr abgeſungen als recitirt, ſcheint
mir aus dem du Bos ſehr wahrſcheinlich,
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