Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.Wie aus Krystall gehaun auf Kosten meiner Ruh So sieh nur immer her, die Thränen schwellen an Zu zeigen was du werth, und was ich fühlen kann. Thränen vermeiden, so müssen sie unauf- hörlich fließen. Königin der Königinnen! wie schön bist du! kein Gedanke kann es ausdenken, kein Mund beschreiben, wie soll ich dich mit meiner Pein bekannt ma- chen? Jch will den Zettel hier fallen lassen, getreues Laub, beschirme meine Thorheit -- Wer kommt da? (verbirgt sich.) Longaville tritt auf. König. Longaville! und liest -- hor- chen wir! (vor sich.) Biron. Ein Narr macht viele. (vor sich.) Longaville. Weh, ich bin meineidig. Biron. Und hasts aufgeschrieben, daß du's bist. König. Angenehme Gesellschaft der Schande! Biron. Ein Trunkener taumelt dem andern hinterher. Long. Muß ich denn der erste seyn der seinen Eid bricht. Biron.
Wie aus Kryſtall gehaun auf Koſten meiner Ruh So ſieh nur immer her, die Thraͤnen ſchwellen an Zu zeigen was du werth, und was ich fuͤhlen kann. Thraͤnen vermeiden, ſo muͤſſen ſie unauf- hoͤrlich fließen. Koͤnigin der Koͤniginnen! wie ſchoͤn biſt du! kein Gedanke kann es ausdenken, kein Mund beſchreiben, wie ſoll ich dich mit meiner Pein bekannt ma- chen? Jch will den Zettel hier fallen laſſen, getreues Laub, beſchirme meine Thorheit — Wer kommt da? (verbirgt ſich.) Longaville tritt auf. Koͤnig. Longaville! und lieſt — hor- chen wir! (vor ſich.) Biron. Ein Narr macht viele. (vor ſich.) Longaville. Weh, ich bin meineidig. Biron. Und haſts aufgeſchrieben, daß du’s biſt. Koͤnig. Angenehme Geſellſchaft der Schande! Biron. Ein Trunkener taumelt dem andern hinterher. Long. Muß ich denn der erſte ſeyn der ſeinen Eid bricht. Biron.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp> <lg type="poem"> <pb facs="#f0112" n="106"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <l>Wie aus Kryſtall gehaun auf Koſten</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">meiner Ruh</hi> </l><lb/> <l>So ſieh nur immer her, die Thraͤnen</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſchwellen an</hi> </l><lb/> <l>Zu zeigen was du werth, und was</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ich fuͤhlen kann.</hi> </l> </lg><lb/> <p>Ach wenn deine Augen den Spiegel meiner<lb/> Thraͤnen vermeiden, ſo muͤſſen ſie unauf-<lb/> hoͤrlich fließen. Koͤnigin der Koͤniginnen!<lb/> wie ſchoͤn biſt du! kein Gedanke kann es<lb/> ausdenken, kein Mund beſchreiben, wie<lb/> ſoll ich dich mit meiner Pein bekannt ma-<lb/> chen? Jch will den Zettel hier fallen laſſen,<lb/> getreues Laub, beſchirme meine Thorheit —<lb/> Wer kommt da?</p> </sp> <stage> <hi rendition="#et">(<hi rendition="#fr">verbirgt ſich.</hi>)</hi> </stage><lb/> <stage> <hi rendition="#c">Longaville tritt auf.</hi> </stage><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker> <p>Longaville! und lieſt — hor-<lb/> chen wir!</p> <stage> <hi rendition="#et">(<hi rendition="#fr">vor ſich.</hi>)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Biron</hi>.</speaker> <p>Ein Narr macht viele.</p> </sp><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(<hi rendition="#fr">vor ſich.</hi>)</hi> </stage><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Longaville</hi>.</speaker> <p>Weh, ich bin meineidig.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Biron</hi>.</speaker> <p>Und haſts aufgeſchrieben, daß<lb/> du’s biſt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker> <p>Angenehme Geſellſchaft der<lb/> Schande!</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Biron</hi>.</speaker> <p>Ein Trunkener taumelt dem<lb/> andern hinterher.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Long</hi>.</speaker> <p>Muß ich denn der erſte ſeyn der<lb/> ſeinen Eid bricht.</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">Biron</hi>.</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0112]
Wie aus Kryſtall gehaun auf Koſten
meiner Ruh
So ſieh nur immer her, die Thraͤnen
ſchwellen an
Zu zeigen was du werth, und was
ich fuͤhlen kann.
Ach wenn deine Augen den Spiegel meiner
Thraͤnen vermeiden, ſo muͤſſen ſie unauf-
hoͤrlich fließen. Koͤnigin der Koͤniginnen!
wie ſchoͤn biſt du! kein Gedanke kann es
ausdenken, kein Mund beſchreiben, wie
ſoll ich dich mit meiner Pein bekannt ma-
chen? Jch will den Zettel hier fallen laſſen,
getreues Laub, beſchirme meine Thorheit —
Wer kommt da?
(verbirgt ſich.)
Longaville tritt auf.
Koͤnig. Longaville! und lieſt — hor-
chen wir! (vor ſich.)
Biron. Ein Narr macht viele.
(vor ſich.)
Longaville. Weh, ich bin meineidig.
Biron. Und haſts aufgeſchrieben, daß
du’s biſt.
Koͤnig. Angenehme Geſellſchaft der
Schande!
Biron. Ein Trunkener taumelt dem
andern hinterher.
Long. Muß ich denn der erſte ſeyn der
ſeinen Eid bricht.
Biron.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |