Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774. Dum. Schlank wie eine Zeder Bir. Krumm, sag ich, wie ein Fiddel- bogen. Dum. O hätt ich meinen Wunsch! Long. Und ich meinen. König. Und ich meinen. Bir. Amen und ich meinen! das war das erste gescheidte Wort, das er sprach. Dum. Jch wollte sie gern vergessen, aber sie herrscht wie ein Fieber in meinem Blute. Bir. Laß sie heraus, laß dich zur Ader. Dum. Jch will doch die Ode noch ein- mal durchgehn, die ich für sie aufgesetzt. Bir. Und ich noch einmal hören, wie die Liebe den Witz verwirrt. Dum. (liest) Eines Tags -- verhaßter Tag! Jn dem Mond, wo Zärtlichkeiten Mit den Rosen sich verbreiten, Da entdeckt ich, heller als den Tag, Eine Rose voll Vollkommenheiten, Die dem Zefir offen lag. Durch die seidnen Blätter macht Er sich Bahn in rothe Nacht. Wünschend stand ich, sah ihm zu, Wär ich, ach! von Luft wie du. Dürfte so mit vollen Backen Jhre schönen Wangen packen. Und sie küssen dreist wie du. Aber
Dum. Schlank wie eine Zeder Bir. Krumm, ſag ich, wie ein Fiddel- bogen. Dum. O haͤtt ich meinen Wunſch! Long. Und ich meinen. Koͤnig. Und ich meinen. Bir. Amen und ich meinen! das war das erſte geſcheidte Wort, das er ſprach. Dum. Jch wollte ſie gern vergeſſen, aber ſie herrſcht wie ein Fieber in meinem Blute. Bir. Laß ſie heraus, laß dich zur Ader. Dum. Jch will doch die Ode noch ein- mal durchgehn, die ich fuͤr ſie aufgeſetzt. Bir. Und ich noch einmal hoͤren, wie die Liebe den Witz verwirrt. Dum. (lieſt) Eines Tags — verhaßter Tag! Jn dem Mond, wo Zaͤrtlichkeiten Mit den Roſen ſich verbreiten, Da entdeckt ich, heller als den Tag, Eine Roſe voll Vollkommenheiten, Die dem Zefir offen lag. Durch die ſeidnen Blaͤtter macht Er ſich Bahn in rothe Nacht. Wuͤnſchend ſtand ich, ſah ihm zu, Waͤr ich, ach! von Luft wie du. Duͤrfte ſo mit vollen Backen Jhre ſchoͤnen Wangen packen. Und ſie kuͤſſen dreiſt wie du. Aber
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Dum. Schlank wie eine Zeder
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Dum. O haͤtt ich meinen Wunſch!
Long. Und ich meinen.
Koͤnig. Und ich meinen.
Bir. Amen und ich meinen! das war
das erſte geſcheidte Wort, das er ſprach.
Dum. Jch wollte ſie gern vergeſſen,
aber ſie herrſcht wie ein Fieber in meinem
Blute.
Bir. Laß ſie heraus, laß dich zur Ader.
Dum. Jch will doch die Ode noch ein-
mal durchgehn, die ich fuͤr ſie aufgeſetzt.
Bir. Und ich noch einmal hoͤren, wie
die Liebe den Witz verwirrt.
Dum. (lieſt)
Eines Tags — verhaßter Tag!
Jn dem Mond, wo Zaͤrtlichkeiten
Mit den Roſen ſich verbreiten,
Da entdeckt ich, heller als den Tag,
Eine Roſe voll Vollkommenheiten,
Die dem Zefir offen lag.
Durch die ſeidnen Blaͤtter macht
Er ſich Bahn in rothe Nacht.
Wuͤnſchend ſtand ich, ſah ihm zu,
Waͤr ich, ach! von Luft wie du.
Duͤrfte ſo mit vollen Backen
Jhre ſchoͤnen Wangen packen.
Und ſie kuͤſſen dreiſt wie du.
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