Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.heiten liegen wie in einer Messe auf ihrem Angesichte versammlet, fließen in eine Göt- terfarbe zusammen, wo der Mangel selbst keine Mängel entdecken kann. O alle Rednerzungen müsten mir ihre Zauberkünste leihen, nein, pfuy mit dem gekünstelten Lobe, sie bedarf dessen nicht, Trödelwaaren nur bedürfen eines Ausrufers, sie, weit über alles Lob erhaben, o das Lob sinkt und löscht aus, ehe es sie erreicht. Ein verwelkter Einsiedler, der hundert Winter auf dem Puckel trüge, schüttelt gleich funf- zig ab, so bald er ihr in die Augen sieht. Jhre Sönheit überfirnißt das Alter, wie- dergebähret es, giebt der Krücke die Mun- terkeit der Wiege, ist eine Sonne, die die ganze Natur belebt. König. Beym Himmel! deine Liebste ist schwarz, wie Ebenholz. Biron. Jst Ebenholz ihr ähnlich? O schönes Wort, so ist denn ein Weib von Ebenholz eine Hury. Wer kann mir einen recht schweren Eid diktiren, wo ist ein Buch, ich wills beschwören, daß der Schönheit selbst Schönheit mangelt, wenn sie nicht aus ihren Augen sieht. Es leben die schwarzen Farben! König. Was sind das für Paradoxen? Schwarz ist die Farbe der Hölle, der Ker- ker, der Nacht! welche Farbe kann der Schön- H 2
heiten liegen wie in einer Meſſe auf ihrem Angeſichte verſammlet, fließen in eine Goͤt- terfarbe zuſammen, wo der Mangel ſelbſt keine Maͤngel entdecken kann. O alle Rednerzungen muͤſten mir ihre Zauberkuͤnſte leihen, nein, pfuy mit dem gekuͤnſtelten Lobe, ſie bedarf deſſen nicht, Troͤdelwaaren nur beduͤrfen eines Ausrufers, ſie, weit uͤber alles Lob erhaben, o das Lob ſinkt und loͤſcht aus, ehe es ſie erreicht. Ein verwelkter Einſiedler, der hundert Winter auf dem Puckel truͤge, ſchuͤttelt gleich funf- zig ab, ſo bald er ihr in die Augen ſieht. Jhre Soͤnheit uͤberfirnißt das Alter, wie- dergebaͤhret es, giebt der Kruͤcke die Mun- terkeit der Wiege, iſt eine Sonne, die die ganze Natur belebt. Koͤnig. Beym Himmel! deine Liebſte iſt ſchwarz, wie Ebenholz. Biron. Jſt Ebenholz ihr aͤhnlich? O ſchoͤnes Wort, ſo iſt denn ein Weib von Ebenholz eine Hury. Wer kann mir einen recht ſchweren Eid diktiren, wo iſt ein Buch, ich wills beſchwoͤren, daß der Schoͤnheit ſelbſt Schoͤnheit mangelt, wenn ſie nicht aus ihren Augen ſieht. Es leben die ſchwarzen Farben! Koͤnig. Was ſind das fuͤr Paradoxen? Schwarz iſt die Farbe der Hoͤlle, der Ker- ker, der Nacht! welche Farbe kann der Schoͤn- H 2
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Angeſichte verſammlet, fließen in eine Goͤt-
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keine Maͤngel entdecken kann. O alle
Rednerzungen muͤſten mir ihre Zauberkuͤnſte
leihen, nein, pfuy mit dem gekuͤnſtelten
Lobe, ſie bedarf deſſen nicht, Troͤdelwaaren
nur beduͤrfen eines Ausrufers, ſie, weit
uͤber alles Lob erhaben, o das Lob ſinkt
und loͤſcht aus, ehe es ſie erreicht. Ein
verwelkter Einſiedler, der hundert Winter
auf dem Puckel truͤge, ſchuͤttelt gleich funf-
zig ab, ſo bald er ihr in die Augen ſieht.
Jhre Soͤnheit uͤberfirnißt das Alter, wie-
dergebaͤhret es, giebt der Kruͤcke die Mun-
terkeit der Wiege, iſt eine Sonne, die die
ganze Natur belebt.
Koͤnig. Beym Himmel! deine Liebſte
iſt ſchwarz, wie Ebenholz.
Biron. Jſt Ebenholz ihr aͤhnlich? O
ſchoͤnes Wort, ſo iſt denn ein Weib von
Ebenholz eine Hury. Wer kann mir einen
recht ſchweren Eid diktiren, wo iſt ein Buch,
ich wills beſchwoͤren, daß der Schoͤnheit
ſelbſt Schoͤnheit mangelt, wenn ſie nicht
aus ihren Augen ſieht. Es leben die
ſchwarzen Farben!
Koͤnig. Was ſind das fuͤr Paradoxen?
Schwarz iſt die Farbe der Hoͤlle, der Ker-
ker, der Nacht! welche Farbe kann der
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