Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.von Diamanten umgeben, die der König mir geschenkt hat. Rosaline. Habt ihr sonst nichts bey erhalten? Prinzes. Ey freylich, so viel Liebe in Reimen, als jemals in einem ganzen Rieße Prosa ist ausgekramt worden, auf beyden Seiten beschrieben, Kuvert, Rand, alles, kaum noch Platz übrig für das Siegel des Liebesgottes. Rosaline. Cupido in Siegelwachs. Cathrine. Wie er leichtfertig aussieht darinn! Ros. Jhr seyd ihm nicht gut, denn er bracht' eure Schwester um. Cath. Wäre sie leichtsinnig gewesen wie ihr, sie hätte können Großmutter werden. Ros. Was ist deine finstere Meynung, du Maus! Cath. Meine Worte leuchten nicht, aber sie sind auch nicht leicht. Prinzes. Spielt Ball ein andermal. Aber was hast du denn, Rosaline! laß sehen. Ros. Wäre mein Gesicht so schön als eures, so würd' auch mein Präsent so reich seyn. Jndessen vergleicht er mich hunderttausend berühmten Schönheiten, in Wahr-
von Diamanten umgeben, die der Koͤnig mir geſchenkt hat. Roſaline. Habt ihr ſonſt nichts bey erhalten? Prinzeſ. Ey freylich, ſo viel Liebe in Reimen, als jemals in einem ganzen Rieße Proſa iſt ausgekramt worden, auf beyden Seiten beſchrieben, Kuvert, Rand, alles, kaum noch Platz uͤbrig fuͤr das Siegel des Liebesgottes. Roſaline. Cupido in Siegelwachs. Cathrine. Wie er leichtfertig ausſieht darinn! Roſ. Jhr ſeyd ihm nicht gut, denn er bracht’ eure Schweſter um. Cath. Waͤre ſie leichtſinnig geweſen wie ihr, ſie haͤtte koͤnnen Großmutter werden. Roſ. Was iſt deine finſtere Meynung, du Maus! Cath. Meine Worte leuchten nicht, aber ſie ſind auch nicht leicht. Prinzeſ. Spielt Ball ein andermal. Aber was haſt du denn, Roſaline! laß ſehen. Roſ. Waͤre mein Geſicht ſo ſchoͤn als eures, ſo wuͤrd’ auch mein Praͤſent ſo reich ſeyn. Jndeſſen vergleicht er mich hunderttauſend beruͤhmten Schoͤnheiten, in Wahr-
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Roſaline. Habt ihr ſonſt nichts bey
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Prinzeſ. Ey freylich, ſo viel Liebe in
Reimen, als jemals in einem ganzen Rieße
Proſa iſt ausgekramt worden, auf beyden
Seiten beſchrieben, Kuvert, Rand, alles,
kaum noch Platz uͤbrig fuͤr das Siegel des
Liebesgottes.
Roſaline. Cupido in Siegelwachs.
Cathrine. Wie er leichtfertig ausſieht
darinn!
Roſ. Jhr ſeyd ihm nicht gut, denn
er bracht’ eure Schweſter um.
Cath. Waͤre ſie leichtſinnig geweſen
wie ihr, ſie haͤtte koͤnnen Großmutter
werden.
Roſ. Was iſt deine finſtere Meynung,
du Maus!
Cath. Meine Worte leuchten nicht,
aber ſie ſind auch nicht leicht.
Prinzeſ. Spielt Ball ein andermal.
Aber was haſt du denn, Roſaline! laß
ſehen.
Roſ. Waͤre mein Geſicht ſo ſchoͤn als
eures, ſo wuͤrd’ auch mein Praͤſent ſo
reich ſeyn. Jndeſſen vergleicht er mich
hunderttauſend beruͤhmten Schoͤnheiten, in
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