Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.ihm, die Tochter des Königs von Frankreich verlange in einer wichtigen und dringenden Angelegenheit eine mündliche Unterredung mit Seiner Majestät. Eilt und bringt uns demüthigen Fremdlingen seinen königlichen Willen. Bojet. Jch eile, stolz auf meine Com- mission. (ab) Prinzeßin. Wer sind die Mitgeschwor- nen des gelehrten Herzogs? Maria. Ein Lord Longaville ist einer. Prinzeßin. Kennt ihr den Mann? Maria. Jch lernt' ihn auf der Hochzeit Lord Perigords und der schönen Tochter Faul- conbridgs kennen: in der Normandie sah ich diesen Longaville, er soll grosse Talente ha- ben, wohlbewandert in Künsten, in den Waf- fen, nichts mißlingt ihm, was er unter- nimmt. Der einzige Flecken seiner glänzen- den Eigenschaften war ein scharfer Witz mit einem stumpfen Herzen vermählt, der alles bis auf den Mark durchdringt, was ihm ent- gegen kommt. Prinzeß. Ein Momus also, der über- all zu lachen findet. Maria. So sagt man. Prinzeß. Der schnellschießende Witz verwelkt, so wie er wächst. Wer sind die andern? Ca-
ihm, die Tochter des Koͤnigs von Frankreich verlange in einer wichtigen und dringenden Angelegenheit eine muͤndliche Unterredung mit Seiner Majeſtaͤt. Eilt und bringt uns demuͤthigen Fremdlingen ſeinen koͤniglichen Willen. Bojet. Jch eile, ſtolz auf meine Com- miſſion. (ab) Prinzeßin. Wer ſind die Mitgeſchwor- nen des gelehrten Herzogs? Maria. Ein Lord Longaville iſt einer. Prinzeßin. Kennt ihr den Mann? Maria. Jch lernt’ ihn auf der Hochzeit Lord Perigords und der ſchoͤnen Tochter Faul- conbridgs kennen: in der Normandie ſah ich dieſen Longaville, er ſoll groſſe Talente ha- ben, wohlbewandert in Kuͤnſten, in den Waf- fen, nichts mißlingt ihm, was er unter- nimmt. Der einzige Flecken ſeiner glaͤnzen- den Eigenſchaften war ein ſcharfer Witz mit einem ſtumpfen Herzen vermaͤhlt, der alles bis auf den Mark durchdringt, was ihm ent- gegen kommt. Prinzeß. Ein Momus alſo, der uͤber- all zu lachen findet. Maria. So ſagt man. Prinzeß. Der ſchnellſchießende Witz verwelkt, ſo wie er waͤchſt. Wer ſind die andern? Ca-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp> <p><pb facs="#f0086" n="80"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ihm, die Tochter des Koͤnigs von Frankreich<lb/> verlange in einer wichtigen und dringenden<lb/> Angelegenheit eine muͤndliche Unterredung<lb/> mit Seiner Majeſtaͤt. Eilt und bringt uns<lb/> demuͤthigen Fremdlingen ſeinen koͤniglichen<lb/> Willen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Bojet</hi>.</speaker> <p>Jch eile, ſtolz auf meine Com-<lb/> miſſion.</p> </sp> <stage> <hi rendition="#et">(ab)</hi> </stage><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Prinzeßin</hi>.</speaker> <p>Wer ſind die Mitgeſchwor-<lb/> nen des gelehrten Herzogs?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker> <p>Ein Lord Longaville iſt einer.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Prinzeßin</hi>.</speaker> <p>Kennt ihr den Mann?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker> <p>Jch lernt’ ihn auf der Hochzeit<lb/> Lord Perigords und der ſchoͤnen Tochter Faul-<lb/> conbridgs kennen: in der Normandie ſah ich<lb/> dieſen Longaville, er ſoll groſſe Talente ha-<lb/> ben, wohlbewandert in Kuͤnſten, in den Waf-<lb/> fen, nichts mißlingt ihm, was er unter-<lb/> nimmt. Der einzige Flecken ſeiner glaͤnzen-<lb/> den Eigenſchaften war ein ſcharfer Witz mit<lb/> einem ſtumpfen Herzen vermaͤhlt, der alles<lb/> bis auf den Mark durchdringt, was ihm ent-<lb/> gegen kommt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Prinzeß</hi>.</speaker> <p>Ein Momus alſo, der uͤber-<lb/> all zu lachen findet.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker> <p>So ſagt man.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Prinzeß</hi>.</speaker> <p>Der ſchnellſchießende Witz<lb/> verwelkt, ſo wie er waͤchſt. Wer ſind die<lb/> andern?</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#g">Ca-</hi> </fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0086]
ihm, die Tochter des Koͤnigs von Frankreich
verlange in einer wichtigen und dringenden
Angelegenheit eine muͤndliche Unterredung
mit Seiner Majeſtaͤt. Eilt und bringt uns
demuͤthigen Fremdlingen ſeinen koͤniglichen
Willen.
Bojet. Jch eile, ſtolz auf meine Com-
miſſion.
(ab)
Prinzeßin. Wer ſind die Mitgeſchwor-
nen des gelehrten Herzogs?
Maria. Ein Lord Longaville iſt einer.
Prinzeßin. Kennt ihr den Mann?
Maria. Jch lernt’ ihn auf der Hochzeit
Lord Perigords und der ſchoͤnen Tochter Faul-
conbridgs kennen: in der Normandie ſah ich
dieſen Longaville, er ſoll groſſe Talente ha-
ben, wohlbewandert in Kuͤnſten, in den Waf-
fen, nichts mißlingt ihm, was er unter-
nimmt. Der einzige Flecken ſeiner glaͤnzen-
den Eigenſchaften war ein ſcharfer Witz mit
einem ſtumpfen Herzen vermaͤhlt, der alles
bis auf den Mark durchdringt, was ihm ent-
gegen kommt.
Prinzeß. Ein Momus alſo, der uͤber-
all zu lachen findet.
Maria. So ſagt man.
Prinzeß. Der ſchnellſchießende Witz
verwelkt, ſo wie er waͤchſt. Wer ſind die
andern?
Ca-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/86 |
Zitationshilfe: | Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/86>, abgerufen am 17.07.2024. |