Lenz, Jakob Michael Reinhold: Die Soldaten. Leipzig, 1776.habe kein Geheimniß für Sie. Sie ha- ben mir nach dem Nachtessen mit Jungfer Wesenern begegnet, Sie haben aus der Zeit und aus der Art, mit der wir spra- chen, Schlüsse gemacht -- es ist ein ar- tig Mädchen, und das ist alles. Gräfin. Jch will nichts mehr wissen. Sobald du Ursache zu haben glaubst, mir was zu verheelen -- aber bedenk auch, daß du hernach die Folgen deiner Hand- lungen nur dir selber zuzuschreiben hast. Fräulein Anklam hat hier Verwandte, und ich weis, daß Jungfer Wesenern nicht in dem besten Ruf steht, ich glaube, nicht aus ihrer Schuld, das arme Kind soll hintergangen worden seyn -- Junge Graf (knieend.) Eben das, gnä- dige Mutter! eben ihr Unglück -- wenn Sie die Umstände wüßten, ja ich muß Jh- nen alles sagen, ich fühle, daß ich einen Antheil an dem Schicksal des Mädchens nehme -- und doch -- wie leicht ist sie zu hintergehen gewesen, ein so leichtes, offenes, unschuldiges Herz -- es quält mich,
habe kein Geheimniß fuͤr Sie. Sie ha- ben mir nach dem Nachteſſen mit Jungfer Weſenern begegnet, Sie haben aus der Zeit und aus der Art, mit der wir ſpra- chen, Schluͤſſe gemacht — es iſt ein ar- tig Maͤdchen, und das iſt alles. Graͤfin. Jch will nichts mehr wiſſen. Sobald du Urſache zu haben glaubſt, mir was zu verheelen — aber bedenk auch, daß du hernach die Folgen deiner Hand- lungen nur dir ſelber zuzuſchreiben haſt. Fraͤulein Anklam hat hier Verwandte, und ich weis, daß Jungfer Weſenern nicht in dem beſten Ruf ſteht, ich glaube, nicht aus ihrer Schuld, das arme Kind ſoll hintergangen worden ſeyn — Junge Graf (knieend.) Eben das, gnaͤ- dige Mutter! eben ihr Ungluͤck — wenn Sie die Umſtaͤnde wuͤßten, ja ich muß Jh- nen alles ſagen, ich fuͤhle, daß ich einen Antheil an dem Schickſal des Maͤdchens nehme — und doch — wie leicht iſt ſie zu hintergehen geweſen, ein ſo leichtes, offenes, unſchuldiges Herz — es quaͤlt mich,
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Weſenern begegnet, Sie haben aus der
Zeit und aus der Art, mit der wir ſpra-
chen, Schluͤſſe gemacht — es iſt ein ar-
tig Maͤdchen, und das iſt alles.
Graͤfin. Jch will nichts mehr wiſſen.
Sobald du Urſache zu haben glaubſt, mir
was zu verheelen — aber bedenk auch,
daß du hernach die Folgen deiner Hand-
lungen nur dir ſelber zuzuſchreiben haſt.
Fraͤulein Anklam hat hier Verwandte,
und ich weis, daß Jungfer Weſenern nicht
in dem beſten Ruf ſteht, ich glaube, nicht
aus ihrer Schuld, das arme Kind ſoll
hintergangen worden ſeyn —
Junge Graf (knieend.) Eben das, gnaͤ-
dige Mutter! eben ihr Ungluͤck — wenn
Sie die Umſtaͤnde wuͤßten, ja ich muß Jh-
nen alles ſagen, ich fuͤhle, daß ich einen
Antheil an dem Schickſal des Maͤdchens
nehme — und doch — wie leicht iſt ſie
zu hintergehen geweſen, ein ſo leichtes,
offenes, unſchuldiges Herz — es quaͤlt
mich,
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