Leskien, August: Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen. Leipzig, 1876.Einleitung. Sprachen aber hängt nicht ab von ihrem etwaigen ursprünglichen, d. h. in derUrheimat zwischen den Dialekten der Ursprache anzusetzenden Verhältniss. Es kommt nun nach diesen allgemeinen Auseinandersetzungen vor allem Einleitung. Sprachen aber hängt nicht ab von ihrem etwaigen ursprünglichen, d. h. in derUrheimat zwischen den Dialekten der Ursprache anzusetzenden Verhältniss. Es kommt nun nach diesen allgemeinen Auseinandersetzungen vor allem <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="XVI"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">Einleitung</hi>.</fw><lb/> Sprachen aber hängt nicht ab von ihrem etwaigen ursprünglichen, d. h. in der<lb/> Urheimat zwischen den Dialekten der Ursprache anzusetzenden Verhältniss.</p><lb/> <p>Es kommt nun nach diesen allgemeinen Auseinandersetzungen vor allem<lb/> darauf an, ob die sprachlichen Erscheinungen, die Schmidt zur Grundlage seiner<lb/> Hypothese hat, das beweisen, was sie beweisen sollen. Ich knüpfe hier zunächst<lb/> an den speciellen Fall, das Verhältniss der slavischen Sprachen zu einander an,<lb/> um von da aus auf die Stellung des Slavisch-litauischen im Ganzen des Sprach-<lb/> stammes überzugehen. Zum Verständniss dessen, was Schmidt S. 194 über die<lb/> Entwicklungsgeschichte der slavischen Sprachen zusammenfasst, muss das Re-<lb/> sultat seiner Untersuchungen über die ursprünglichen Lautgruppen <hi rendition="#i">er, el, ar, al</hi><lb/> vor Consonant vorausgeschickt werden. Dies findet sich ausgesprochen einmal<lb/> S. 98: «Das Urslavische hatte, unmittelbar nachdem der Zusammenhang<lb/> zwischen ihm und dem Litauischen erloschen war, in den fraglichen Worten<lb/> noch wie dieses <hi rendition="#i">er, el</hi>» . . . . «Es entwickelte sich . . . . auf dem ganzen sla-<lb/> vischen Sprachgebiete gleichmässig die Svarabhakti: wo bisher nur <hi rendition="#i">er, el</hi> be-<lb/> standen hatten, traten <hi rendition="#i">ere, ele</hi> an deren Stelle». Also nach Schmidt setzen alle<lb/> Abweichungen der slavischen Sprachen in der Vertretung von ursprünglichem<lb/><hi rendition="#i">er, el</hi> durchgehends die Lautverbindung <hi rendition="#i">ere, ele</hi> voraus (von vereinzelten Fällen,<lb/> wo statt <hi rendition="#i">el — ol</hi> anzusetzen ist, kann hier als etwas unwesentlichem abgesehen<lb/> werden). Ferner S. 172: «nachdem das Slavische aus der Continuität mit den<lb/> verwandten Sprachen ausgeschieden war, hatte es <hi rendition="#i">år, ål</hi> an Stelle von lit. und<lb/> urspr. <hi rendition="#i">ar, al</hi>; von diesem Sprachstande hat sich eine einzige Spur bis auf den<lb/> heutigen Tag erhalten: poln. <hi rendition="#i">poleć</hi> gen. <hi rendition="#i">polcia</hi>, osorb. <hi rendition="#i">polč</hi>, ěech. <hi rendition="#i">polt</hi> sind laut-<lb/> gesetzliche Vertreter von urslav. * <hi rendition="#i">poltĭ</hi> (S. 134 unter <hi rendition="#i">platĭ</hi>). In allen übrigen<lb/> Worten entwickelten sich <hi rendition="#i">år, ål</hi> durch Svarabhakti zu <hi rendition="#i">årå, ålå</hi>, von denen sich<lb/> auch ausser dem gemeinslavischen <hi rendition="#i">olovo</hi> (S. 146) Spuren in allen slavischen Dia-<lb/> lekten erhalten haben. Im Russischen und Kleinrussischen sind <hi rendition="#i">oro, olo</hi> vom Be-<lb/> ginne der historischen Tradition an (S. 115) die regelmässigen Vertreter von altem<lb/><hi rendition="#i">ar, al</hi>. Ebenso war es im Altpolnischen . . . . Erst nachdem sich <hi rendition="#i">årå, ålå</hi> auf<lb/> dem ganzen slavischen Sprachgebiete gleichmässig entwickelt hatten (ausgenom-<lb/> men in * <hi rendition="#i">poltĭ</hi>), traten dialektische Verschiedenheiten in der bis dahin einheit-<lb/> lichen Sprache hervor. Russen und Kleinrussen bewahrten <hi rendition="#i">årå, ålå</hi> in <hi rendition="#i">oro, olo</hi>,<lb/> Polen und Sorben gaben den ersten Vocal auf . . . ., Südslaven und Čechen<lb/> zogen <hi rendition="#i">årå, ålå</hi> in <hi rendition="#i">rā, lā</hi> zusammen. Das Polabische hat inlautendes <hi rendition="#i">ålå</hi> wie das<lb/> Südslavische und Čechische zunächst zu <hi rendition="#i">lā</hi> zusammengezogen (S. 152), dagegen<lb/><hi rendition="#i">årå</hi> zu <hi rendition="#i">ār</hi>, welches später zu <hi rendition="#i">ōr</hi> geworden ist (S. 154)». Der auf S. 194 be-<lb/> schriebene gesammte Entwicklungsgang ist nun folgender: «Als die Slaven<lb/> noch <hi rendition="#g">ein</hi> Volk bildeten . . . ., hatte ihre Sprache noch 1. <hi rendition="#i">dj, tj</hi> unverändert,<lb/> 2. ebenso <hi rendition="#i">dl, tl, dn, tn</hi>, 3. <hi rendition="#i">vy</hi> und <hi rendition="#i">izŭ</hi> neben einander, 4. <hi rendition="#i">ere, ele . . . ., årå,<lb/> ålå</hi>. Allmählich traten auf verschiedenen Punkten des Gebietes neue Laut-<lb/> neigungen hervor, welche von dem Orte ihres Aufkommens aus weiter um sich<lb/> griffen, jede für sich, jede in anderer Ausdehnung. Die vier genannten ursla-<lb/> vischen Characteristica wurden durch sie in folgender Weise und Ausdehnung<lb/> verändert: 1. <hi rendition="#i">dj, tj</hi> wurden bei den Westslaven zu <hi rendition="#i">dz, ts</hi> (= <hi rendition="#i">c</hi>). 2. <hi rendition="#i">d, t</hi> schwan-<lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [XVI/0022]
Einleitung.
Sprachen aber hängt nicht ab von ihrem etwaigen ursprünglichen, d. h. in der
Urheimat zwischen den Dialekten der Ursprache anzusetzenden Verhältniss.
Es kommt nun nach diesen allgemeinen Auseinandersetzungen vor allem
darauf an, ob die sprachlichen Erscheinungen, die Schmidt zur Grundlage seiner
Hypothese hat, das beweisen, was sie beweisen sollen. Ich knüpfe hier zunächst
an den speciellen Fall, das Verhältniss der slavischen Sprachen zu einander an,
um von da aus auf die Stellung des Slavisch-litauischen im Ganzen des Sprach-
stammes überzugehen. Zum Verständniss dessen, was Schmidt S. 194 über die
Entwicklungsgeschichte der slavischen Sprachen zusammenfasst, muss das Re-
sultat seiner Untersuchungen über die ursprünglichen Lautgruppen er, el, ar, al
vor Consonant vorausgeschickt werden. Dies findet sich ausgesprochen einmal
S. 98: «Das Urslavische hatte, unmittelbar nachdem der Zusammenhang
zwischen ihm und dem Litauischen erloschen war, in den fraglichen Worten
noch wie dieses er, el» . . . . «Es entwickelte sich . . . . auf dem ganzen sla-
vischen Sprachgebiete gleichmässig die Svarabhakti: wo bisher nur er, el be-
standen hatten, traten ere, ele an deren Stelle». Also nach Schmidt setzen alle
Abweichungen der slavischen Sprachen in der Vertretung von ursprünglichem
er, el durchgehends die Lautverbindung ere, ele voraus (von vereinzelten Fällen,
wo statt el — ol anzusetzen ist, kann hier als etwas unwesentlichem abgesehen
werden). Ferner S. 172: «nachdem das Slavische aus der Continuität mit den
verwandten Sprachen ausgeschieden war, hatte es år, ål an Stelle von lit. und
urspr. ar, al; von diesem Sprachstande hat sich eine einzige Spur bis auf den
heutigen Tag erhalten: poln. poleć gen. polcia, osorb. polč, ěech. polt sind laut-
gesetzliche Vertreter von urslav. * poltĭ (S. 134 unter platĭ). In allen übrigen
Worten entwickelten sich år, ål durch Svarabhakti zu årå, ålå, von denen sich
auch ausser dem gemeinslavischen olovo (S. 146) Spuren in allen slavischen Dia-
lekten erhalten haben. Im Russischen und Kleinrussischen sind oro, olo vom Be-
ginne der historischen Tradition an (S. 115) die regelmässigen Vertreter von altem
ar, al. Ebenso war es im Altpolnischen . . . . Erst nachdem sich årå, ålå auf
dem ganzen slavischen Sprachgebiete gleichmässig entwickelt hatten (ausgenom-
men in * poltĭ), traten dialektische Verschiedenheiten in der bis dahin einheit-
lichen Sprache hervor. Russen und Kleinrussen bewahrten årå, ålå in oro, olo,
Polen und Sorben gaben den ersten Vocal auf . . . ., Südslaven und Čechen
zogen årå, ålå in rā, lā zusammen. Das Polabische hat inlautendes ålå wie das
Südslavische und Čechische zunächst zu lā zusammengezogen (S. 152), dagegen
årå zu ār, welches später zu ōr geworden ist (S. 154)». Der auf S. 194 be-
schriebene gesammte Entwicklungsgang ist nun folgender: «Als die Slaven
noch ein Volk bildeten . . . ., hatte ihre Sprache noch 1. dj, tj unverändert,
2. ebenso dl, tl, dn, tn, 3. vy und izŭ neben einander, 4. ere, ele . . . ., årå,
ålå. Allmählich traten auf verschiedenen Punkten des Gebietes neue Laut-
neigungen hervor, welche von dem Orte ihres Aufkommens aus weiter um sich
griffen, jede für sich, jede in anderer Ausdehnung. Die vier genannten ursla-
vischen Characteristica wurden durch sie in folgender Weise und Ausdehnung
verändert: 1. dj, tj wurden bei den Westslaven zu dz, ts (= c). 2. d, t schwan-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |