Leskien, August: Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen. Leipzig, 1876.i. Die Casus des Singulars. 1. Der Stammauslaut erscheint in seiner Steigerungsform, dabei kann die a) -s: skrt. suno-s, z. paceus, skrt. aves, z. patois; b) -as: z. pacavo, patajo = -vas, -jas; griech. edew-os, poleos, poleos = *polejos; 2. der Stammauslaut bleibt ungesteigert, Genitivendung ist -as, dabei bleibt a) u oder i als Vocal erhalten, nekuos, polios, wahrscheinlich auch im Grie- chischen aus -uv-as, -ij-as, jedenfalls kann die Spaltung des Vocals im betreffenden Fall immer angenommen werden; b) u, i werden zu den entsprechenden Spiranten v, j, skrt. sunv-as, bei den i-stämmen im Sanskrit nur mit der dort den fem. eigenthümlichen Endung -as, avj-as, aber vedisch auch von ari-, arj-as (s. Schleicher, Comp.3 538). Es ist noch hinzuzufügen, dass die Theorie geneigt ist, die angeführten Fälle Auf die gegebenen Möglichkeiten hin sind die bestehenden Formen zu unter- Wenn auch nicht mit völliger Sicherheit, so doch mit der grössten Wahr- i. Die Casus des Singulars. 1. Der Stammauslaut erscheint in seiner Steigerungsform, dabei kann die a) -s: skrt. sūnō-s, z. paçèus, skrt. avēs, z. patōis; b) -as: z. paçavō, patajō = -vas, -jas; griech. ἡδέϝ-ος, πόλεως, πόληος = *πολεϳος; 2. der Stammauslaut bleibt ungesteigert, Genitivendung ist -as, dabei bleibt a) u oder i als Vocal erhalten, νέκυος, πόλιος, wahrscheinlich auch im Grie- chischen aus -uv-as, -ij-as, jedenfalls kann die Spaltung des Vocals im betreffenden Fall immer angenommen werden; b) u, i werden zu den entsprechenden Spiranten v, j, skrt. sūnv-as, bei den i-stämmen im Sanskrit nur mit der dort den fem. eigenthümlichen Endung -ās, avj-ās, aber vedisch auch von ari-, arj-as (s. Schleicher, Comp.3 538). Es ist noch hinzuzufügen, dass die Theorie geneigt ist, die angeführten Fälle Auf die gegebenen Möglichkeiten hin sind die bestehenden Formen zu unter- Wenn auch nicht mit völliger Sicherheit, so doch mit der grössten Wahr- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0063" n="27"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">i. Die Casus des Singulars</hi>.</fw><lb/> <p>1. 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i. Die Casus des Singulars.
1. Der Stammauslaut erscheint in seiner Steigerungsform, dabei kann die
Form des Genitivsuffixes sein
a) -s: skrt. sūnō-s, z. paçèus, skrt. avēs, z. patōis;
b) -as: z. paçavō, patajō = -vas, -jas; griech. ἡδέϝ-ος, πόλεως, πόληος =
*πολεϳος;
2. der Stammauslaut bleibt ungesteigert, Genitivendung ist -as, dabei bleibt
a) u oder i als Vocal erhalten, νέκυος, πόλιος, wahrscheinlich auch im Grie-
chischen aus -uv-as, -ij-as, jedenfalls kann die Spaltung des Vocals im
betreffenden Fall immer angenommen werden;
b) u, i werden zu den entsprechenden Spiranten v, j, skrt. sūnv-as, bei den
i-stämmen im Sanskrit nur mit der dort den fem. eigenthümlichen
Endung -ās, avj-ās, aber vedisch auch von ari-, arj-as (s. Schleicher,
Comp.3 538).
Es ist noch hinzuzufügen, dass die Theorie geneigt ist, die angeführten Fälle
auf zwei zu reduciren, indem angenommen wird, dass sūnōs (= sūnaus) und
sūnvas beide aus der Grundform *sunavas entstanden seien, neben der dann als
zweite *sūnu-as, *sūnuv-as bestanden habe.
Auf die gegebenen Möglichkeiten hin sind die bestehenden Formen zu unter-
suchen. Bei der slavischen, synu, lässt sich sicher bestimmen, dass für den An-
fangspunkt der slavischen Entwicklung nur *sūnaus und keine andere Form
gelten kann; ein *sūnvas, *sūnuas, *sūnuvas kann selbstverständlich nicht zu
Grunde gelegt werden, da das u des Slavischen bestimmt auf einen, wie immer
entstandenen Diphthongen au hinweist. Aber auch eine Entstehung aus *sūnavs
= sūnavas ist nicht möglich, weil es im Slavischen keinen Fall giebt, wo vor
auslautender Consonanz Vocal ausfiele, das Slavische ist darin dem Litauischen
geradezu entgegengesetzt (vgl. gen. kamene mit akmèns); aus *sūnavas hätte nur
*synove werden können. Für die i-stämme lässt sich mit derselben Gewissheit
-ais als Anfangspunkt der slavischen Entwicklung erkennen: eine Form wie
pątī, moštī = *moktī kann aus *pantajas nicht hervorgehen aus dem eben bei
den u-stämmen angeführten Grunde; aus *pantijas, *pantjas nicht, weil das
Slavische eine Contraction von i (j) + a zu ī nicht kennt. Man darf hier nicht
etwa die nom. sg. fem. auf ī der oben (s. nom. sg.) besprochenen jā-stämme
heranziehen, da hier ja eben das j bleibt, nesąšti = *nesąt-jī. Die regelmässige
Entwicklung eines *pantijas wäre *pątĭje, die eines *pantjas *pąšte gewesen:
pątī, moštī können also nur auf *pantais, *maktais beruhen; ī ist der regelrechte
Vertreter von auslautendem ai, d. h. kurzem a + i.
Wenn auch nicht mit völliger Sicherheit, so doch mit der grössten Wahr-
scheinlichkeit lässt sich ferner behaupten, dass die litauischen Formen sūnaús,
akë́s = *akais mit Mittelstufe *akeis die ältesten erreichbaren sind. Leider hat
das Preussische nur sehr undeutliche Spuren der Genitive von i- und u-stämmen
erhalten. In Katech. III lautet der gen. von soûns; das schon im nom. in die
Analogie der a-stämme übergetreten erscheint, soûnas; das ist ebenfalls die Form
der a-stämme, wenigstens lässt sich nicht nachweisen, dass das als Länge anzu-
sehende a (s. beim gen. sg. der a-stämme) aus au hervorgegangen sein könne.
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