Leskien, August: Die Declination im Slavisch-Litauischen und Germanischen. Leipzig, 1876.a. Declination der Nomina. im Zend gara, uta-juta und andere Beispiele auf a, a, o (s. Justi, Gr. § 534--539). Schleicher nimmt Comp.3 550 nach Spiegels Vorgang für die letzteren Abfall des ji an, demnach gara = *garaji, wie im skrt. sunau neben altem su- navi, das Mehr liegt bei jenen nur im Abfall des j. Die Uebertragung der u-form auf die i-stämme, denen eine dem sunavi entsprechende, * avaji, auch vedisch schon ganz zu fehlen scheint, muss einen bestimmten lautlichen Grund haben, und einen solchen kann man finden, wenn man annimmt, auch hier, wie im Zend sei das Suffix i mit dem vorausgehenden j sehr früh abhanden gekommen, eine dadurch ganz suffixlose und undeutlich gewordene Form wie * ava aber durch die sehr deutlich in der Endung ausgeprägte u-form vertreten, was gerade bei der Parallelität in der Declination der beiden Classen nicht fern liegt. Beim Slavischen fanden wir, dass mit dem loc. der u-stämme nicht über die Grundform * sunau hinaus zu kommen ist; supponiren wir nach dem eben an- geführten einen gleich alten Abfall des i bei den i-stämmen, so würde eine Form * mantai (aus *mantaji in weit vorslavischer Zeit entstanden) nothwendig zu *meti führen. Diese Auseinandersetzung scheint mir weiter dadurch eine Berechtigung zu bekommen, dass so innerhalb des Slavischen die Analogie der i-stämme mit den u-stämmen, die man ohne Noth nicht vernachlässigen darf, gewahrt bleibt. Was das Litauische betrifft, so würden beide vorgetragenen Deutungen es er- klären, warum der alte loc. verloren ging: ein *manti = * mantii gäbe lit. * at- minti, ein *mantai (aus *mantaji) kann ebenfalls durch die Zwischenstufe -*minte zu -*minti werden, und eben diese undeutliche Form hätte zur Entlehnung der kräftigeren Endung -je der femininalen a-stämme geführt (at-mintyje). Ueberblicken wir den bisher zurückgelegten Weg, so fanden wir einen seit a. Declination der Nomina. im Zend gara, uta-jūtā und andere Beispiele auf a, ā, ō (s. Justi, Gr. § 534—539). Schleicher nimmt Comp.3 550 nach Spiegels Vorgang für die letzteren Abfall des ji an, demnach gara = *garaji, wie im skrt. sūnā́u neben altem sū- návi, das Mehr liegt bei jenen nur im Abfall des j. Die Uebertragung der u-form auf die i-stämme, denen eine dem sūnávi entsprechende, * avaji, auch vedisch schon ganz zu fehlen scheint, muss einen bestimmten lautlichen Grund haben, und einen solchen kann man finden, wenn man annimmt, auch hier, wie im Zend sei das Suffix i mit dem vorausgehenden j sehr früh abhanden gekommen, eine dadurch ganz suffixlose und undeutlich gewordene Form wie * ava aber durch die sehr deutlich in der Endung ausgeprägte u-form vertreten, was gerade bei der Parallelität in der Declination der beiden Classen nicht fern liegt. Beim Slavischen fanden wir, dass mit dem loc. der u-stämme nicht über die Grundform * sūnau hinaus zu kommen ist; supponiren wir nach dem eben an- geführten einen gleich alten Abfall des i bei den i-stämmen, so würde eine Form * mantai (aus *mantaji in weit vorslavischer Zeit entstanden) nothwendig zu *mętī führen. Diese Auseinandersetzung scheint mir weiter dadurch eine Berechtigung zu bekommen, dass so innerhalb des Slavischen die Analogie der i-stämme mit den u-stämmen, die man ohne Noth nicht vernachlässigen darf, gewahrt bleibt. Was das Litauische betrifft, so würden beide vorgetragenen Deutungen es er- klären, warum der alte loc. verloren ging: ein *mantī = * mantii gäbe lit. * at- minti, ein *mantai (aus *mantaji) kann ebenfalls durch die Zwischenstufe -*mintë zu -*minti werden, und eben diese undeutliche Form hätte zur Entlehnung der kräftigeren Endung -je der femininalen ā-stämme geführt (at-mintyje). 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Und doch ist selbst hier eine lautliche<lb/> Sonderbarkeit: man hätte nach der sonst befolgten Regel * <hi rendition="#i">vlŭci</hi> statt <hi rendition="#i">vlŭcě</hi> er-<lb/> warten müssen (s. die oben gegebenen Beispiele der Vertretung des ursprüng-<lb/> lichen <hi rendition="#i">ai</hi> im Auslaut durch <hi rendition="#i">i</hi>), genau wie im nom. plur. <hi rendition="#i">vlŭci</hi> = lit. <hi rendition="#i">vilkai</hi> ist;<lb/> nur <hi rendition="#g">eine</hi> Form lässt sich dem loc. <hi rendition="#i">vlŭcě</hi> in dieser Hinsicht gleichstellen, der nom.-<lb/> acc. dual. ntr. <hi rendition="#i">izě</hi> (zu <hi rendition="#i">igo</hi>, Joch), doch ist dessen Erklärung auch schwierig. Man<lb/> pflegt sich in solchen Fällen gewöhnlich mit der den Sprachen zugeschriebenen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0088]
a. Declination der Nomina.
im Zend gara, uta-jūtā und andere Beispiele auf a, ā, ō (s. Justi, Gr. § 534—
539). Schleicher nimmt Comp.3 550 nach Spiegels Vorgang für die letzteren
Abfall des ji an, demnach gara = *garaji, wie im skrt. sūnā́u neben altem sū-
návi, das Mehr liegt bei jenen nur im Abfall des j. Die Uebertragung der u-form
auf die i-stämme, denen eine dem sūnávi entsprechende, * avaji, auch vedisch
schon ganz zu fehlen scheint, muss einen bestimmten lautlichen Grund haben,
und einen solchen kann man finden, wenn man annimmt, auch hier, wie im
Zend sei das Suffix i mit dem vorausgehenden j sehr früh abhanden gekommen,
eine dadurch ganz suffixlose und undeutlich gewordene Form wie * ava aber
durch die sehr deutlich in der Endung ausgeprägte u-form vertreten, was
gerade bei der Parallelität in der Declination der beiden Classen nicht fern liegt.
Beim Slavischen fanden wir, dass mit dem loc. der u-stämme nicht über die
Grundform * sūnau hinaus zu kommen ist; supponiren wir nach dem eben an-
geführten einen gleich alten Abfall des i bei den i-stämmen, so würde eine Form
* mantai (aus *mantaji in weit vorslavischer Zeit entstanden) nothwendig zu *mętī
führen. Diese Auseinandersetzung scheint mir weiter dadurch eine Berechtigung
zu bekommen, dass so innerhalb des Slavischen die Analogie der i-stämme mit
den u-stämmen, die man ohne Noth nicht vernachlässigen darf, gewahrt bleibt.
Was das Litauische betrifft, so würden beide vorgetragenen Deutungen es er-
klären, warum der alte loc. verloren ging: ein *mantī = * mantii gäbe lit. * at-
minti, ein *mantai (aus *mantaji) kann ebenfalls durch die Zwischenstufe -*mintë
zu -*minti werden, und eben diese undeutliche Form hätte zur Entlehnung der
kräftigeren Endung -je der femininalen ā-stämme geführt (at-mintyje).
Ueberblicken wir den bisher zurückgelegten Weg, so fanden wir einen seit
ältester Zeit ausgeprägten Unterschied von dat. und loc. im Slavischen bei den
u-stämmen (synovi, synu); konnten uns das Zusammenfallen der Formen beim
fem. ā-stamm (ženě) lautlich völlig befriedigend erklären; im Litauischen war
der Unterschied durch die Anwendung des Locativsuffixes -je gewahrt; bei den
i-stämmen war ebenfalls die Annahme eines bloss lautlichen, späteren Zu-
sammenfallens der Formen für das Slavische zu begründen, im Litauischen ist
ein wirklicher Dativ vorhanden, den man als ursprünglichen fassen kann. Es
bleiben noch zu besprechen: der slavische Dativ der a-stämme msc. ntr. vlŭku,
der litauische Dativ der msc. a-stämme vìlkui und der der u-stämme súnui, der
slavische loc. der msc. ntr. a-stämme, vlŭcě = *vlŭkě; sie gehören in der Decli-
nation des Slavischen und Litauischen zu den schwierigsten Formen. Am ein-
fachsten scheint sich die Locativform vlŭcě zu geben, wenn man sie = * varkai,
skrt. vrkē, ansetzt, wozu man nach den bekannten Formen der verwandten
Sprachen ohne Zweifel berechtigt ist. Und doch ist selbst hier eine lautliche
Sonderbarkeit: man hätte nach der sonst befolgten Regel * vlŭci statt vlŭcě er-
warten müssen (s. die oben gegebenen Beispiele der Vertretung des ursprüng-
lichen ai im Auslaut durch i), genau wie im nom. plur. vlŭci = lit. vilkai ist;
nur eine Form lässt sich dem loc. vlŭcě in dieser Hinsicht gleichstellen, der nom.-
acc. dual. ntr. izě (zu igo, Joch), doch ist dessen Erklärung auch schwierig. Man
pflegt sich in solchen Fällen gewöhnlich mit der den Sprachen zugeschriebenen
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