billigen Kritiken, sowohl über ihn als über die Schauspieler, vorbauen kann. Noch weniger bedienen sie sich des Epilogs, so wie sich wohl Plautus dessen manchmal bedienet; um die völ- lige Auflösung des Stücks, die in dem fünften Akte nicht Raum hatte, darinn erzehlen zu las- sen. Sondern sie machen ihn zu einer Art von Nutzanwendung, voll guter Lehren, voll feiner Bemerkungen über die geschilderten Sitten, und über die Kunst, mit der sie geschildert worden; und das alles in dem schnurrigsten, launigsten Tone. Diesen Ton ändern sie auch nicht ein- mal gern bey dem Trauerspiele; und es ist gar nichts ungewöhnliches, daß nach dem blutigsten und rührendsten, die Satyre ein so lautes Geläch- ter aufschlägt, und der Witz so muthwillig wird, daß es scheinet, es sey die ausdrückliche Absicht, mit allen Eindrücken des Guten ein Gespötte zu treiben. Es ist bekannt, wie sehr Thomson wider diese Narrenschellen, mit der man der Melpomene nachklingelt, geeifert hat. Wenn ich daher wünschte, daß auch bey uns neue Ori- ginalstücke, nicht ganz ohne Einführung und Empfehlung, vor das Publikum gebracht würden, so versteht es sich von selbst, daß bey dem Trauer- spiele der Ton des Epilogs unserm deutschen Ernste angemessener seyn müßte. Nach dem Lustspiele könnte er immer so burlesk seyn, als er wollte. Dryden ist es, der bey den Englän-
dern
billigen Kritiken, ſowohl uͤber ihn als uͤber die Schauſpieler, vorbauen kann. Noch weniger bedienen ſie ſich des Epilogs, ſo wie ſich wohl Plautus deſſen manchmal bedienet; um die voͤl- lige Aufloͤſung des Stuͤcks, die in dem fuͤnften Akte nicht Raum hatte, darinn erzehlen zu laſ- ſen. Sondern ſie machen ihn zu einer Art von Nutzanwendung, voll guter Lehren, voll feiner Bemerkungen uͤber die geſchilderten Sitten, und uͤber die Kunſt, mit der ſie geſchildert worden; und das alles in dem ſchnurrigſten, launigſten Tone. Dieſen Ton aͤndern ſie auch nicht ein- mal gern bey dem Trauerſpiele; und es iſt gar nichts ungewoͤhnliches, daß nach dem blutigſten und ruͤhrendſten, die Satyre ein ſo lautes Gelaͤch- ter aufſchlaͤgt, und der Witz ſo muthwillig wird, daß es ſcheinet, es ſey die ausdruͤckliche Abſicht, mit allen Eindruͤcken des Guten ein Geſpoͤtte zu treiben. Es iſt bekannt, wie ſehr Thomſon wider dieſe Narrenſchellen, mit der man der Melpomene nachklingelt, geeifert hat. Wenn ich daher wuͤnſchte, daß auch bey uns neue Ori- ginalſtuͤcke, nicht ganz ohne Einfuͤhrung und Empfehlung, vor das Publikum gebracht wuͤrden, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß bey dem Trauer- ſpiele der Ton des Epilogs unſerm deutſchen Ernſte angemeſſener ſeyn muͤßte. Nach dem Luſtſpiele koͤnnte er immer ſo burleſk ſeyn, als er wollte. Dryden iſt es, der bey den Englaͤn-
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billigen Kritiken, ſowohl uͤber ihn als uͤber die
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Plautus deſſen manchmal bedienet; um die voͤl-
lige Aufloͤſung des Stuͤcks, die in dem fuͤnften
Akte nicht Raum hatte, darinn erzehlen zu laſ-
ſen. Sondern ſie machen ihn zu einer Art von
Nutzanwendung, voll guter Lehren, voll feiner
Bemerkungen uͤber die geſchilderten Sitten, und
uͤber die Kunſt, mit der ſie geſchildert worden;
und das alles in dem ſchnurrigſten, launigſten
Tone. Dieſen Ton aͤndern ſie auch nicht ein-
mal gern bey dem Trauerſpiele; und es iſt gar
nichts ungewoͤhnliches, daß nach dem blutigſten
und ruͤhrendſten, die Satyre ein ſo lautes Gelaͤch-
ter aufſchlaͤgt, und der Witz ſo muthwillig wird,
daß es ſcheinet, es ſey die ausdruͤckliche Abſicht,
mit allen Eindruͤcken des Guten ein Geſpoͤtte
zu treiben. Es iſt bekannt, wie ſehr Thomſon
wider dieſe Narrenſchellen, mit der man der
Melpomene nachklingelt, geeifert hat. Wenn
ich daher wuͤnſchte, daß auch bey uns neue Ori-
ginalſtuͤcke, nicht ganz ohne Einfuͤhrung und
Empfehlung, vor das Publikum gebracht wuͤrden,
ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß bey dem Trauer-
ſpiele der Ton des Epilogs unſerm deutſchen
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/69>, abgerufen am 21.11.2024.
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