Ces satisfactions n'appaissent point une ame: Qui les recoit n'a rien, qui les fait se diffame. Et de tous ces accords l'effet le plus commun, C'est de deshonorer deux hommes au lieu d'un.
Damals war in Frankreich das Edict wider die Duelle nicht lange ergangen, dem dergleichen Maximen schnurstracks zuwider liefen. Cor- neille erhielt also zwar Befehl, die ganzen Zeilen wegzulassen; und sie wurden aus dem Munde der Schauspieler verbannt. Aber jeder Zu- schauer ergänzte sie aus dem Gedächtnisse, und aus seiner Empfindung.
In dem Essex wird die Ohrfeige dadurch noch kritischer, daß sie eine Person giebt, welche die Gesetze der Ehre nicht verbinden. Sie ist Frau und Königinn: was kann der Beleidigte mit ihr anfangen? Ueber die handfertige wehrhafte Frau würde er spotten; denn eine Frau kann weder schimpfen, noch schlagen. Aber diese Frau ist zugleich der Souverain, dessen Beschimpfun- gen unauslöschlich sind, da sie von seiner Würde eine Art von Gesetzmäßigkeit erhalten. Was kann also natürlicher scheinen, als daß Essex sich wider diese Würde selbst auflehnet, und gegen die Höhe tobet, die den Beleidiger seiner Rache
ent-
Ces ſatisfactions n’appaiſſent point une ame: Qui les reçoit n’a rien, qui les fait ſe diffame. Et de tous ces accords l’effet le plus commun, C’eſt de deshonorer deux hommes au lieu d’un.
Damals war in Frankreich das Edict wider die Duelle nicht lange ergangen, dem dergleichen Maximen ſchnurſtracks zuwider liefen. Cor- neille erhielt alſo zwar Befehl, die ganzen Zeilen wegzulaſſen; und ſie wurden aus dem Munde der Schauſpieler verbannt. Aber jeder Zu- ſchauer ergänzte ſie aus dem Gedächtniſſe, und aus ſeiner Empfindung.
In dem Eſſex wird die Ohrfeige dadurch noch kritiſcher, daß ſie eine Perſon giebt, welche die Geſetze der Ehre nicht verbinden. Sie iſt Frau und Königinn: was kann der Beleidigte mit ihr anfangen? Ueber die handfertige wehrhafte Frau würde er ſpotten; denn eine Frau kann weder ſchimpfen, noch ſchlagen. Aber dieſe Frau iſt zugleich der Souverain, deſſen Beſchimpfun- gen unauslöſchlich ſind, da ſie von ſeiner Würde eine Art von Geſetzmäßigkeit erhalten. Was kann alſo natürlicher ſcheinen, als daß Eſſex ſich wider dieſe Würde ſelbſt auflehnet, und gegen die Höhe tobet, die den Beleidiger ſeiner Rache
ent-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0036"n="30"/><cit><quote><lgtype="poem"><l><hirendition="#aq">Ces ſatisfactions n’appaiſſent point une</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq"><hirendition="#et">ame:</hi></hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Qui les reçoit n’a rien, qui les fait ſe</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq #et">diffame.</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Et de tous ces accords l’effet le plus</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq #et">commun,</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq #et">C’eſt de deshonorer deux hommes au</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq"><hirendition="#et">lieu d’un.</hi></hi></l></lg></quote><bibl/></cit><lb/><p>Damals war in Frankreich das Edict wider die<lb/>
Duelle nicht lange ergangen, dem dergleichen<lb/>
Maximen ſchnurſtracks zuwider liefen. Cor-<lb/>
neille erhielt alſo zwar Befehl, die ganzen Zeilen<lb/>
wegzulaſſen; und ſie wurden aus dem Munde<lb/>
der Schauſpieler verbannt. Aber jeder Zu-<lb/>ſchauer ergänzte ſie aus dem Gedächtniſſe, und<lb/>
aus ſeiner Empfindung.</p><lb/><p>In dem Eſſex wird die Ohrfeige dadurch noch<lb/>
kritiſcher, daß ſie eine Perſon giebt, welche die<lb/>
Geſetze der Ehre nicht verbinden. Sie iſt Frau<lb/>
und Königinn: was kann der Beleidigte mit<lb/>
ihr anfangen? Ueber die handfertige wehrhafte<lb/>
Frau würde er ſpotten; denn eine Frau kann<lb/>
weder ſchimpfen, noch ſchlagen. Aber dieſe Frau<lb/>
iſt zugleich der Souverain, deſſen Beſchimpfun-<lb/>
gen unauslöſchlich ſind, da ſie von ſeiner Würde<lb/>
eine Art von Geſetzmäßigkeit erhalten. Was<lb/>
kann alſo natürlicher ſcheinen, als daß Eſſex ſich<lb/>
wider dieſe Würde ſelbſt auflehnet, und gegen<lb/>
die Höhe tobet, die den Beleidiger ſeiner Rache<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ent-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[30/0036]
Ces ſatisfactions n’appaiſſent point une
ame:
Qui les reçoit n’a rien, qui les fait ſe
diffame.
Et de tous ces accords l’effet le plus
commun,
C’eſt de deshonorer deux hommes au
lieu d’un.
Damals war in Frankreich das Edict wider die
Duelle nicht lange ergangen, dem dergleichen
Maximen ſchnurſtracks zuwider liefen. Cor-
neille erhielt alſo zwar Befehl, die ganzen Zeilen
wegzulaſſen; und ſie wurden aus dem Munde
der Schauſpieler verbannt. Aber jeder Zu-
ſchauer ergänzte ſie aus dem Gedächtniſſe, und
aus ſeiner Empfindung.
In dem Eſſex wird die Ohrfeige dadurch noch
kritiſcher, daß ſie eine Perſon giebt, welche die
Geſetze der Ehre nicht verbinden. Sie iſt Frau
und Königinn: was kann der Beleidigte mit
ihr anfangen? Ueber die handfertige wehrhafte
Frau würde er ſpotten; denn eine Frau kann
weder ſchimpfen, noch ſchlagen. Aber dieſe Frau
iſt zugleich der Souverain, deſſen Beſchimpfun-
gen unauslöſchlich ſind, da ſie von ſeiner Würde
eine Art von Geſetzmäßigkeit erhalten. Was
kann alſo natürlicher ſcheinen, als daß Eſſex ſich
wider dieſe Würde ſelbſt auflehnet, und gegen
die Höhe tobet, die den Beleidiger ſeiner Rache
ent-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/36>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.