Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772.Emilia Galotti. Der Prinz. Nicht doch, bestes Fräulein. -- Geben Sie mir Jhren Arm, und folgen Sie mir getrost. Emilia. (unentschlossen) Aber -- wenn ihnen nichts wiederfahren -- wenn meine Ahnungen mich trügen: -- warum sind sie nicht schon hier? Warum kamen sie nicht mit Jhnen, gnädi- ger Herr? Der Prinz. So eilen Sie doch, mein Fräu- lein, alle diese Schreckenbilder mit eins verschwin- den zu sehen. -- Emilia. Was soll ich thun! (die Hände ringend) Der Prinz. Wie, mein Fräulein? Sollten Sie einen Verdacht gegen mich hegen? -- Emilia. (die vor ihm niederfällt) Zu Jhren Füßen, gnädiger Herr -- Der Prinz. (sie aufhebend) Jch bin äußerst be- schämt. -- Ja, Emilia, ich verdiene diesen stum- men Vorwurf. -- Mein Betragen diesen Mor- gen, ist nicht zu rechtfertigen: -- zu entschuldigen höchstens. Verzeihen Sie meiner Schwachheit. Jch hätte Sie mit keinem Geständnisse beunruhi- gen sollen, von dem ich keinen Vortheil zu erwar- ten
Emilia Galotti. Der Prinz. Nicht doch, beſtes Fraͤulein. — Geben Sie mir Jhren Arm, und folgen Sie mir getroſt. Emilia. (unentſchloſſen) Aber — wenn ihnen nichts wiederfahren — wenn meine Ahnungen mich truͤgen: — warum ſind ſie nicht ſchon hier? Warum kamen ſie nicht mit Jhnen, gnaͤdi- ger Herr? Der Prinz. So eilen Sie doch, mein Fraͤu- lein, alle dieſe Schreckenbilder mit eins verſchwin- den zu ſehen. — Emilia. Was ſoll ich thun! (die Haͤnde ringend) Der Prinz. Wie, mein Fraͤulein? Sollten Sie einen Verdacht gegen mich hegen? — Emilia. (die vor ihm niederfaͤllt) Zu Jhren Fuͤßen, gnaͤdiger Herr — Der Prinz. (ſie aufhebend) Jch bin aͤußerſt be- ſchaͤmt. — Ja, Emilia, ich verdiene dieſen ſtum- men Vorwurf. — Mein Betragen dieſen Mor- gen, iſt nicht zu rechtfertigen: — zu entſchuldigen hoͤchſtens. Verzeihen Sie meiner Schwachheit. Jch haͤtte Sie mit keinem Geſtaͤndniſſe beunruhi- gen ſollen, von dem ich keinen Vortheil zu erwar- ten
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Emilia Galotti.
Der Prinz. Nicht doch, beſtes Fraͤulein. —
Geben Sie mir Jhren Arm, und folgen Sie mir
getroſt.
Emilia. (unentſchloſſen) Aber — wenn ihnen
nichts wiederfahren — wenn meine Ahnungen
mich truͤgen: — warum ſind ſie nicht ſchon hier?
Warum kamen ſie nicht mit Jhnen, gnaͤdi-
ger Herr?
Der Prinz. So eilen Sie doch, mein Fraͤu-
lein, alle dieſe Schreckenbilder mit eins verſchwin-
den zu ſehen. —
Emilia. Was ſoll ich thun! (die Haͤnde ringend)
Der Prinz. Wie, mein Fraͤulein? Sollten
Sie einen Verdacht gegen mich hegen? —
Emilia. (die vor ihm niederfaͤllt) Zu Jhren Fuͤßen,
gnaͤdiger Herr —
Der Prinz. (ſie aufhebend) Jch bin aͤußerſt be-
ſchaͤmt. — Ja, Emilia, ich verdiene dieſen ſtum-
men Vorwurf. — Mein Betragen dieſen Mor-
gen, iſt nicht zu rechtfertigen: — zu entſchuldigen
hoͤchſtens. Verzeihen Sie meiner Schwachheit.
Jch haͤtte Sie mit keinem Geſtaͤndniſſe beunruhi-
gen ſollen, von dem ich keinen Vortheil zu erwar-
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