Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.Anmuth der Harmonie? Du willst das Gewürze Ich wollte antworten, aber die Muse verschwand. Vortreflich, mein Leser! Mir ist keine Muse er- II. Der
Anmuth der Harmonie? Du willſt das Gewürze Ich wollte antworten, aber die Muſe verſchwand. Vortreflich, mein Leſer! Mir iſt keine Muſe er- II. Der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0024" n="4"/> Anmuth der Harmonie? Du willſt das Gewürze<lb/> würzen. Gnug, wenn die Erfindung des Dich-<lb/> ters iſt; der Vortrag ſey des ungekünſtelten Ge-<lb/> ſchichtſchreibers, ſo wie der Sinn des Weltweiſen.</p><lb/> <p>Ich wollte antworten, aber die Muſe verſchwand.<lb/> „Sie verſchwand? höre ich einen Leſer fragen.<lb/> „Wenn du uns doch nur wahrſcheinlicher täuſchen<lb/> „wollteſt! Die ſeichten Schlüſſe, auf die dein Un-<lb/> „vermögen dich führte, der Muſe in den Mund zu<lb/> „legen! Zwar ein gewöhnlicher Betrug —</p><lb/> <p>Vortreflich, mein Leſer! Mir iſt keine Muſe er-<lb/> ſchienen. Ich erzehlte eine bloſſe Fabel, aus der<lb/> du ſelbſt die Lehre gezogen. Ich bin nicht der erſte<lb/> und werde nicht der letzte ſeyn, der ſeine Grillen<lb/> zu Orakelſprüchen einer göttlichen Erſcheinung<lb/> macht.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">II.</hi> Der</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [4/0024]
Anmuth der Harmonie? Du willſt das Gewürze
würzen. Gnug, wenn die Erfindung des Dich-
ters iſt; der Vortrag ſey des ungekünſtelten Ge-
ſchichtſchreibers, ſo wie der Sinn des Weltweiſen.
Ich wollte antworten, aber die Muſe verſchwand.
„Sie verſchwand? höre ich einen Leſer fragen.
„Wenn du uns doch nur wahrſcheinlicher täuſchen
„wollteſt! Die ſeichten Schlüſſe, auf die dein Un-
„vermögen dich führte, der Muſe in den Mund zu
„legen! Zwar ein gewöhnlicher Betrug —
Vortreflich, mein Leſer! Mir iſt keine Muſe er-
ſchienen. Ich erzehlte eine bloſſe Fabel, aus der
du ſelbſt die Lehre gezogen. Ich bin nicht der erſte
und werde nicht der letzte ſeyn, der ſeine Grillen
zu Orakelſprüchen einer göttlichen Erſcheinung
macht.
II. Der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |