Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite
III.
Der Geist des Salomo.

Ein ehrlicher Greis trug des Tages Last und Hitze,
sein Feld mit eigner Hand zu pflügen, und mit
eigner Hand den reinen Saamen in den lockern
Schooß der willigen Erde zu streuen.

Auf einmal stand unter dem breiten Schatten
einer Linde, eine göttliche Erscheinung vor ihm da!
Der Greis stutzte.

Ich bin Salomo: sagte mit vertraulicher
Stimme das Phantom. Was machst du hier,
Alter?

Wenn du Salomo bist, versetzte der Alte,
wie kaunst du fragen? Du schicktest mich in mei-
ner Jugend zu der Ameise; ich sahe ihren Wan-
del, und lernte von ihr fleissig seyn, und sam-
meln. Was ich da lernte, das thue ich
noch. --

Du
III.
Der Geiſt des Salomo.

Ein ehrlicher Greis trug des Tages Laſt und Hitze,
ſein Feld mit eigner Hand zu pflügen, und mit
eigner Hand den reinen Saamen in den lockern
Schooß der willigen Erde zu ſtreuen.

Auf einmal ſtand unter dem breiten Schatten
einer Linde, eine göttliche Erſcheinung vor ihm da!
Der Greis ſtutzte.

Ich bin Salomo: ſagte mit vertraulicher
Stimme das Phantom. Was machſt du hier,
Alter?

Wenn du Salomo biſt, verſetzte der Alte,
wie kaunſt du fragen? Du ſchickteſt mich in mei-
ner Jugend zu der Ameiſe; ich ſahe ihren Wan-
del, und lernte von ihr fleiſſig ſeyn, und ſam-
meln. Was ich da lernte, das thue ich
noch. —

Du
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0097" n="77"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">III</hi>.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Der</hi> <hi rendition="#fr">Gei&#x017F;t</hi> <hi rendition="#b">des</hi> <hi rendition="#fr">Salomo.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>in ehrlicher Greis trug des Tages La&#x017F;t und Hitze,<lb/>
&#x017F;ein Feld mit eigner Hand zu pflügen, und mit<lb/>
eigner Hand den reinen Saamen in den lockern<lb/>
Schooß der willigen Erde zu &#x017F;treuen.</p><lb/>
          <p>Auf einmal &#x017F;tand unter dem breiten Schatten<lb/>
einer Linde, eine göttliche Er&#x017F;cheinung vor ihm da!<lb/>
Der Greis &#x017F;tutzte.</p><lb/>
          <p>Ich bin Salomo: &#x017F;agte mit vertraulicher<lb/>
Stimme das Phantom. Was mach&#x017F;t du hier,<lb/>
Alter?</p><lb/>
          <p>Wenn du Salomo bi&#x017F;t, ver&#x017F;etzte der Alte,<lb/>
wie kaun&#x017F;t du fragen? Du &#x017F;chickte&#x017F;t mich in mei-<lb/>
ner Jugend zu der Amei&#x017F;e; ich &#x017F;ahe ihren Wan-<lb/>
del, und lernte von ihr flei&#x017F;&#x017F;ig &#x017F;eyn, und &#x017F;am-<lb/>
meln. Was ich da lernte, das thue ich<lb/>
noch. &#x2014;</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Du</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0097] III. Der Geiſt des Salomo. Ein ehrlicher Greis trug des Tages Laſt und Hitze, ſein Feld mit eigner Hand zu pflügen, und mit eigner Hand den reinen Saamen in den lockern Schooß der willigen Erde zu ſtreuen. Auf einmal ſtand unter dem breiten Schatten einer Linde, eine göttliche Erſcheinung vor ihm da! Der Greis ſtutzte. Ich bin Salomo: ſagte mit vertraulicher Stimme das Phantom. Was machſt du hier, Alter? Wenn du Salomo biſt, verſetzte der Alte, wie kaunſt du fragen? Du ſchickteſt mich in mei- ner Jugend zu der Ameiſe; ich ſahe ihren Wan- del, und lernte von ihr fleiſſig ſeyn, und ſam- meln. Was ich da lernte, das thue ich noch. — Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/97
Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/97>, abgerufen am 22.11.2024.