Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767.

Bild:
<< vorherige Seite
Minna von Barnhelm,


nicht hundertmal für den gemeinsten Soldaten,
wenn er ins Gedrenge gekommen war, Jhr Leben
wagen sehen?
v. Tellheim. Also!
Werner. Aber --
v. Tellheim. Warum verstehst du mich nicht
recht? Jch sage: es ziemt sich nicht, daß ich dein
Schuldner bin; ich will dein Schuldner nicht
seyn. Nehmlich in den Umständen nicht, in wel-
chen ich mich ietzt befinde.
Werner. So, so! Sie wollen es versparen,
bis auf beßre Zeiten; Sie wollen ein andermal
Geld von mir borgen, wenn Sie keines brauchen,
wenn Sie selbst welches haben, und ich vielleicht
keines.
v. Tellheim. Man muß nicht borgen, wenn
man nicht wieder zu geben weiß.
Werner. Einem Manne, wie Sie, kann es
nicht immer fehlen.
v. Tellheim. Du kennst die Welt! -- Am
wenigsten muß man sodann von Einem borgen,
der sein Geld selbst braucht.

Wer-
Minna von Barnhelm,


nicht hundertmal fuͤr den gemeinſten Soldaten,
wenn er ins Gedrenge gekommen war, Jhr Leben
wagen ſehen?
v. Tellheim. Alſo!
Werner. Aber —
v. Tellheim. Warum verſtehſt du mich nicht
recht? Jch ſage: es ziemt ſich nicht, daß ich dein
Schuldner bin; ich will dein Schuldner nicht
ſeyn. Nehmlich in den Umſtaͤnden nicht, in wel-
chen ich mich ietzt befinde.
Werner. So, ſo! Sie wollen es verſparen,
bis auf beßre Zeiten; Sie wollen ein andermal
Geld von mir borgen, wenn Sie keines brauchen,
wenn Sie ſelbſt welches haben, und ich vielleicht
keines.
v. Tellheim. Man muß nicht borgen, wenn
man nicht wieder zu geben weiß.
Werner. Einem Manne, wie Sie, kann es
nicht immer fehlen.
v. Tellheim. Du kennſt die Welt! — Am
wenigſten muß man ſodann von Einem borgen,
der ſein Geld ſelbſt braucht.

Wer-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#WAC">
            <p><pb facs="#f0104" n="100"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Minna von Barnhelm,</hi></fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
nicht hundertmal fu&#x0364;r den gemein&#x017F;ten Soldaten,<lb/>
wenn er ins Gedrenge gekommen war, Jhr Leben<lb/>
wagen &#x017F;ehen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#TEL">
            <speaker> <hi rendition="#fr">v. Tellheim.</hi> </speaker>
            <p>Al&#x017F;o!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WAC">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Werner.</hi> </speaker>
            <p>Aber &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#TEL">
            <speaker> <hi rendition="#fr">v. Tellheim.</hi> </speaker>
            <p>Warum ver&#x017F;teh&#x017F;t du mich nicht<lb/>
recht? Jch &#x017F;age: es ziemt &#x017F;ich nicht, daß ich dein<lb/>
Schuldner bin; ich will dein Schuldner nicht<lb/>
&#x017F;eyn. Nehmlich in den Um&#x017F;ta&#x0364;nden nicht, in wel-<lb/>
chen ich mich ietzt befinde.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WAC">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Werner.</hi> </speaker>
            <p>So, &#x017F;o! Sie wollen es ver&#x017F;paren,<lb/>
bis auf beßre Zeiten; Sie wollen ein andermal<lb/>
Geld von mir borgen, wenn Sie keines brauchen,<lb/>
wenn Sie &#x017F;elb&#x017F;t welches haben, und ich vielleicht<lb/>
keines.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#TEL">
            <speaker> <hi rendition="#fr">v. Tellheim.</hi> </speaker>
            <p>Man muß nicht borgen, wenn<lb/>
man nicht wieder zu geben weiß.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WAC">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Werner.</hi> </speaker>
            <p>Einem Manne, wie Sie, kann es<lb/>
nicht immer fehlen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#TEL">
            <speaker> <hi rendition="#fr">v. Tellheim.</hi> </speaker>
            <p>Du kenn&#x017F;t die Welt! &#x2014; Am<lb/>
wenig&#x017F;ten muß man &#x017F;odann von Einem borgen,<lb/>
der &#x017F;ein Geld &#x017F;elb&#x017F;t braucht.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Wer-</hi> </fw><lb/>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0104] Minna von Barnhelm, nicht hundertmal fuͤr den gemeinſten Soldaten, wenn er ins Gedrenge gekommen war, Jhr Leben wagen ſehen? v. Tellheim. Alſo! Werner. Aber — v. Tellheim. Warum verſtehſt du mich nicht recht? Jch ſage: es ziemt ſich nicht, daß ich dein Schuldner bin; ich will dein Schuldner nicht ſeyn. Nehmlich in den Umſtaͤnden nicht, in wel- chen ich mich ietzt befinde. Werner. So, ſo! Sie wollen es verſparen, bis auf beßre Zeiten; Sie wollen ein andermal Geld von mir borgen, wenn Sie keines brauchen, wenn Sie ſelbſt welches haben, und ich vielleicht keines. v. Tellheim. Man muß nicht borgen, wenn man nicht wieder zu geben weiß. Werner. Einem Manne, wie Sie, kann es nicht immer fehlen. v. Tellheim. Du kennſt die Welt! — Am wenigſten muß man ſodann von Einem borgen, der ſein Geld ſelbſt braucht. Wer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_minna_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_minna_1767/104
Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_minna_1767/104>, abgerufen am 24.11.2024.