Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767.Minna von Barnhelm, her! (reißt ihm ihn aus der Hand, und steckt ihm ihn selbst an den Finger) Nun? ist alles richtig? v. Tellheim. Wo bin ich? -- (ihre Hand küssend) O boshafter Engel! -- mich so zu quälen! Das Fräulein. Dieses zur Probe, mein lieber Gemahl, daß Sie mir nie einen Streich spielen sollen, ohne daß ich Jhnen nicht gleich darauf wieder einen spiele. -- Denken Sie, daß Sie mich nicht auch gequälet hatten? v. Tellheim. O Komödiantinnen, ich hätte euch doch kennen sollen! Franciska. Nein, wahrhaftig; ich bin zur Komödiantinn verdorben. Jch habe gezittert und gebebt, und mir mit der Hand das Maul zu- halten müssen. Das Fräulein. Leicht ist mir meine Rolle auch nicht geworden. -- Aber so kommen Sie doch! v. Tellheim. Noch kann ich mich nicht erholen. -- Wie wohl, wie ängstlich ist mir! So erwacht man plötzlich aus einem schreckhaften Traume! Das Fräulein. Wir zaudern. -- Jch höre ihn schon. Drey-
Minna von Barnhelm, her! (reißt ihm ihn aus der Hand, und ſteckt ihm ihn ſelbſt an den Finger) Nun? iſt alles richtig? v. Tellheim. Wo bin ich? — (ihre Hand kuͤſſend) O boshafter Engel! — mich ſo zu quaͤlen! Das Fraͤulein. Dieſes zur Probe, mein lieber Gemahl, daß Sie mir nie einen Streich ſpielen ſollen, ohne daß ich Jhnen nicht gleich darauf wieder einen ſpiele. — Denken Sie, daß Sie mich nicht auch gequaͤlet hatten? v. Tellheim. O Komoͤdiantinnen, ich haͤtte euch doch kennen ſollen! Franciska. Nein, wahrhaftig; ich bin zur Komoͤdiantinn verdorben. Jch habe gezittert und gebebt, und mir mit der Hand das Maul zu- halten muͤſſen. Das Fraͤulein. Leicht iſt mir meine Rolle auch nicht geworden. — Aber ſo kommen Sie doch! v. Tellheim. Noch kann ich mich nicht erholen. — Wie wohl, wie aͤngſtlich iſt mir! So erwacht man ploͤtzlich aus einem ſchreckhaften Traume! Das Fraͤulein. Wir zaudern. — Jch hoͤre ihn ſchon. Drey-
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Minna von Barnhelm,
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ſelbſt an den Finger) Nun? iſt alles richtig?
v. Tellheim. Wo bin ich? — (ihre Hand kuͤſſend)
O boshafter Engel! — mich ſo zu quaͤlen!
Das Fraͤulein. Dieſes zur Probe, mein
lieber Gemahl, daß Sie mir nie einen Streich
ſpielen ſollen, ohne daß ich Jhnen nicht gleich
darauf wieder einen ſpiele. — Denken Sie, daß
Sie mich nicht auch gequaͤlet hatten?
v. Tellheim. O Komoͤdiantinnen, ich haͤtte
euch doch kennen ſollen!
Franciska. Nein, wahrhaftig; ich bin zur
Komoͤdiantinn verdorben. Jch habe gezittert und
gebebt, und mir mit der Hand das Maul zu-
halten muͤſſen.
Das Fraͤulein. Leicht iſt mir meine Rolle
auch nicht geworden. — Aber ſo kommen Sie
doch!
v. Tellheim. Noch kann ich mich nicht erholen.
— Wie wohl, wie aͤngſtlich iſt mir! So erwacht
man ploͤtzlich aus einem ſchreckhaften Traume!
Das Fraͤulein. Wir zaudern. — Jch hoͤre
ihn ſchon.
Drey-
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