Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767.oder das Soldatenglück. sie mich sähe; aber, Gott sey bey uns! ich glaube, das Fräulein sahe mich für Sie an, mein Kind. "Franciska, rief sie, die Augen auf mich gerichtet, "bin ich nun glücklich?" Darauf sahe sie steif an die Decke, und wiederum: "bin ich nun glücklich?" Darauf wischte sie sich Thränen aus dem Auge, und lächelte, und fragte mich wiederum; "Fran- ciska, bin ich nun glücklich?" -- Wahrhaftig, ich wußte nicht, wie mir war. Bis sie nach ihrer Thüre lief; da kehrte sie sich nochmals nach mir um: "So komm doch, Franciska; wer jammert dich nun?" -- Und damit hinein. Franciska. O, Herr Wirth, das hat Jhnen geträumt. Der Wirth. Geträumt? Nein, mein schönes Kind; so umständlich träumt man nicht. -- Ja, ich wollte wie viel drum geben, -- ich bin nicht neugierig, -- aber ich wollte wie viel drum geben, wenn ich denn Schlüssel dazu hätte. Franciska. Den Schlüssel? zu unsrer Thüre? Herr Wirth, der steckt innerhalb; wir haben ihn zur Nacht hereingezogen; wir sind furchtsam. Der F 2
oder das Soldatengluͤck. ſie mich ſaͤhe; aber, Gott ſey bey uns! ich glaube, das Fraͤulein ſahe mich fuͤr Sie an, mein Kind. „Franciska, rief ſie, die Augen auf mich gerichtet, „bin ich nun gluͤcklich?„ Darauf ſahe ſie ſteif an die Decke, und wiederum: „bin ich nun gluͤcklich?„ Darauf wiſchte ſie ſich Thraͤnen aus dem Auge, und laͤchelte, und fragte mich wiederum; „Fran- ciska, bin ich nun gluͤcklich?„ — Wahrhaftig, ich wußte nicht, wie mir war. Bis ſie nach ihrer Thuͤre lief; da kehrte ſie ſich nochmals nach mir um: „So komm doch, Franciska; wer jammert dich nun?„ — Und damit hinein. Franciska. O, Herr Wirth, das hat Jhnen getraͤumt. Der Wirth. Getraͤumt? Nein, mein ſchoͤnes Kind; ſo umſtaͤndlich traͤumt man nicht. — Ja, ich wollte wie viel drum geben, — ich bin nicht neugierig, — aber ich wollte wie viel drum geben, wenn ich denn Schluͤſſel dazu haͤtte. Franciska. Den Schluͤſſel? zu unſrer Thuͤre? Herr Wirth, der ſteckt innerhalb; wir haben ihn zur Nacht hereingezogen; wir ſind furchtſam. Der F 2
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„Franciska, rief ſie, die Augen auf mich gerichtet,
„bin ich nun gluͤcklich?„ Darauf ſahe ſie ſteif an
die Decke, und wiederum: „bin ich nun gluͤcklich?„
Darauf wiſchte ſie ſich Thraͤnen aus dem Auge,
und laͤchelte, und fragte mich wiederum; „Fran-
ciska, bin ich nun gluͤcklich?„ — Wahrhaftig, ich
wußte nicht, wie mir war. Bis ſie nach ihrer
Thuͤre lief; da kehrte ſie ſich nochmals nach mir
um: „So komm doch, Franciska; wer jammert
dich nun?„ — Und damit hinein.
Franciska. O, Herr Wirth, das hat Jhnen
getraͤumt.
Der Wirth. Getraͤumt? Nein, mein ſchoͤnes
Kind; ſo umſtaͤndlich traͤumt man nicht. — Ja,
ich wollte wie viel drum geben, — ich bin nicht
neugierig, — aber ich wollte wie viel drum geben,
wenn ich denn Schluͤſſel dazu haͤtte.
Franciska. Den Schluͤſſel? zu unſrer Thuͤre?
Herr Wirth, der ſteckt innerhalb; wir haben ihn
zur Nacht hereingezogen; wir ſind furchtſam.
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