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Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779.

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Du stutzest? wägst mich mit dem Auge? -- Kann
Wohl seyn, daß ich der erste Sultan bin,
Der eine solche Grille hat; die mich
Doch eines Sultans eben nicht so ganz
Unwürdig dünkt. -- Nicht wahr? So rede doch!
Sprich! -- Oder willst du einen Augenblick,
Dich zu bedenken? Gut; ich geb' ihn dir. --
(Ob sie wohl horcht? Jch will sie doch belauschen;
Will hören, ob ichs recht gemacht. --) Denk nach!
Geschwind denk nach! Jch säume nicht, zurück
Zu kommen.

(Er geht in das Nebenzimmer, nach welchem sich Sittah begeben.)
Sechster Auftritt.
Nathan allein.

Hm! hm! -- wunderlich! Wie ist
Mir denn? -- Was will der Sultan? was? -- Jch bin
Auf Geld gefaßt; und er will -- Wahrheit. Wahrheit!
Und will sie so, -- so baar, so blank, -- als ob
Die Wahrheit Münze wäre! -- Ja, wenn noch
Uralte Münze, die gewogen ward! --
Das ginge noch! Allein so neue Münze,
Die nur der Stempel macht, die man aufs Bret
Nur zählen darf, das ist sie doch nun nicht!
Wie Geld in Sack, so striche man in Kopf
Auch Wahrheit ein? Wer ist denn hier der Jude?
Jch oder er? -- Doch wie? Sollt' er auch wohl
Die Wahrheit nicht in Wahrheit fodern? -- Zwar,

Zwar
Du ſtutzeſt? waͤgſt mich mit dem Auge? — Kann
Wohl ſeyn, daß ich der erſte Sultan bin,
Der eine ſolche Grille hat; die mich
Doch eines Sultans eben nicht ſo ganz
Unwuͤrdig duͤnkt. — Nicht wahr? So rede doch!
Sprich! — Oder willſt du einen Augenblick,
Dich zu bedenken? Gut; ich geb’ ihn dir. —
(Ob ſie wohl horcht? Jch will ſie doch belauſchen;
Will hoͤren, ob ichs recht gemacht. —) Denk nach!
Geſchwind denk nach! Jch ſaͤume nicht, zuruͤck
Zu kommen.

(Er geht in das Nebenzimmer, nach welchem ſich Sittah begeben.)
Sechster Auftritt.
Nathan allein.

Hm! hm! — wunderlich! Wie iſt
Mir denn? — Was will der Sultan? was? — Jch bin
Auf Geld gefaßt; und er will — Wahrheit. Wahrheit!
Und will ſie ſo, — ſo baar, ſo blank, — als ob
Die Wahrheit Muͤnze waͤre! — Ja, wenn noch
Uralte Muͤnze, die gewogen ward! —
Das ginge noch! Allein ſo neue Muͤnze,
Die nur der Stempel macht, die man aufs Bret
Nur zaͤhlen darf, das iſt ſie doch nun nicht!
Wie Geld in Sack, ſo ſtriche man in Kopf
Auch Wahrheit ein? Wer iſt denn hier der Jude?
Jch oder er? — Doch wie? Sollt’ er auch wohl
Die Wahrheit nicht in Wahrheit fodern? — Zwar,

Zwar
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[118/0126] Du ſtutzeſt? waͤgſt mich mit dem Auge? — Kann Wohl ſeyn, daß ich der erſte Sultan bin, Der eine ſolche Grille hat; die mich Doch eines Sultans eben nicht ſo ganz Unwuͤrdig duͤnkt. — Nicht wahr? So rede doch! Sprich! — Oder willſt du einen Augenblick, Dich zu bedenken? Gut; ich geb’ ihn dir. — (Ob ſie wohl horcht? Jch will ſie doch belauſchen; Will hoͤren, ob ichs recht gemacht. —) Denk nach! Geſchwind denk nach! Jch ſaͤume nicht, zuruͤck Zu kommen. (Er geht in das Nebenzimmer, nach welchem ſich Sittah begeben.) Sechster Auftritt. Nathan allein. Hm! hm! — wunderlich! Wie iſt Mir denn? — Was will der Sultan? was? — Jch bin Auf Geld gefaßt; und er will — Wahrheit. Wahrheit! Und will ſie ſo, — ſo baar, ſo blank, — als ob Die Wahrheit Muͤnze waͤre! — Ja, wenn noch Uralte Muͤnze, die gewogen ward! — Das ginge noch! Allein ſo neue Muͤnze, Die nur der Stempel macht, die man aufs Bret Nur zaͤhlen darf, das iſt ſie doch nun nicht! Wie Geld in Sack, ſo ſtriche man in Kopf Auch Wahrheit ein? Wer iſt denn hier der Jude? Jch oder er? — Doch wie? Sollt’ er auch wohl Die Wahrheit nicht in Wahrheit fodern? — Zwar, Zwar

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_nathan_1779/126>, abgerufen am 21.11.2024.