Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Berlin, 1779.
Zu schlagen: für ein andres -- wenns auch nur Das Leben einer Jüdinn wäre. Nathan. Groß! Groß und abscheulich! -- Doch die Wendung läßt Sich denken. Die bescheidne Größe flüchtet Sich hinter das Abscheuliche, um der Bewundrung auszuweichen. -- Aber wenn Sie so das Opfer der Bewunderung Verschmäht: was für ein Opfer denn verschmäht Sie minder? -- Ritter, wenn Jhr hier nicht fremd, Und nicht gefangen wäret, würd' ich Euch So dreist nicht fragen. Sagt, befehlt: womit Kann man Euch dienen? Tempelherr. Jhr? Mit nichts. Nathan. Jch bin Ein reicher Mann. Tempelherr. Der reichre Jude war Mir nie der bessre Jude. Nathan. Dürft Jhr denn Darum nicht nützen, was dem ungeachtet Er bessres hat? nicht seinen Reichthum nützen? Tempelherr. Nun gut, das will ich auch nicht ganz verreden; Um
Zu ſchlagen: fuͤr ein andres — wenns auch nur Das Leben einer Juͤdinn waͤre. Nathan. Groß! Groß und abſcheulich! — Doch die Wendung laͤßt Sich denken. Die beſcheidne Groͤße fluͤchtet Sich hinter das Abſcheuliche, um der Bewundrung auszuweichen. — Aber wenn Sie ſo das Opfer der Bewunderung Verſchmaͤht: was fuͤr ein Opfer denn verſchmaͤht Sie minder? — Ritter, wenn Jhr hier nicht fremd, Und nicht gefangen waͤret, wuͤrd’ ich Euch So dreiſt nicht fragen. Sagt, befehlt: womit Kann man Euch dienen? Tempelherr. Jhr? Mit nichts. Nathan. Jch bin Ein reicher Mann. Tempelherr. Der reichre Jude war Mir nie der beſſre Jude. Nathan. Duͤrft Jhr denn Darum nicht nuͤtzen, was dem ungeachtet Er beſſres hat? nicht ſeinen Reichthum nuͤtzen? Tempelherr. Nun gut, das will ich auch nicht ganz verreden; Um
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Zu ſchlagen: fuͤr ein andres — wenns auch nur
Das Leben einer Juͤdinn waͤre.
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Groß!
Groß und abſcheulich! — Doch die Wendung laͤßt
Sich denken. Die beſcheidne Groͤße fluͤchtet
Sich hinter das Abſcheuliche, um der
Bewundrung auszuweichen. — Aber wenn
Sie ſo das Opfer der Bewunderung
Verſchmaͤht: was fuͤr ein Opfer denn verſchmaͤht
Sie minder? — Ritter, wenn Jhr hier nicht fremd,
Und nicht gefangen waͤret, wuͤrd’ ich Euch
So dreiſt nicht fragen. Sagt, befehlt: womit
Kann man Euch dienen?
Tempelherr.
Jhr? Mit nichts.
Nathan.
Jch bin
Ein reicher Mann.
Tempelherr.
Der reichre Jude war
Mir nie der beſſre Jude.
Nathan.
Duͤrft Jhr denn
Darum nicht nuͤtzen, was dem ungeachtet
Er beſſres hat? nicht ſeinen Reichthum nuͤtzen?
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