[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des dritten Bischof Alberts, vierzehntes Jahr, 1211reida, und liessen das Schloß der Einwohner bey stiller Nacht anzünden, damitsie sich nicht da versamleten und in der Burg gegen die Rigischen einen härtern Krieg anspinnen könten. Daher zerfiel auch der Rath der Treulosen nach Ein- äscherung ihrer Schlösser. Die Liven aber von Sattesele, so schon längst in ihre Vestung sich begeben hatten, fingen gegen die Ordensbrüder von Syge- walde Krieg an, verfolgten ihre Bedienten, und liessen etliche von ihnen über die Klinge springen. Diese aber fielen aus dem neulich erbaueten Schloß Syge- walde aus, trieben sie weg, gingen weiter auf sie zu, setzten ihnen nach, und er- legten einige. Die Liven, die sich an Anzahl und Macht verstärkten, gingen wieder auf sie los, verfolgten sie, tödteten einige, und trieben sie in ihr Schloß zu- rück. Und auf die Art fochten sie einige Tage. Der Bischof vernahm diesen Lerm, und sandte Boten, nach der Ursache dieses Krieges sich zu erkundigen. Der Li- ven Abgeordnete kamen hierauf nach Riga, brachten viele Klagen über Rudol- phen b), den Ordensmeister der Brüder, an, und erwähnten, daß ihnen Aecker, Wiesen und Gelder abgenommen wären. Der Bischof schickte anfänglich den Prie- ster Alobrand, der sie getauft hatte, nebst einigen andern dahin, sie gaben sich aber vergebliche Mühe, und konten ihren Streit nicht ausmachen. Der Bischof kam nachher selbst mit dem Herrn Bischof von Ratzeburg, Philipp, nach Thoreida. Er beschied die Liven und die Ordensbrüder vor sich. Die Liven lagen über dem Fluß im Gewehr, sprachen mit den Deutschen, und beschwerten sich über die Or- densbrüder in vielen Punkten. Der Bischof versprach ihnen auch die Erstattung alles unrechtmäßig entwandten. Dafür aber ward ihnen keine Ersetzung verspro- chen, was sie für ihre Ausschweifungen erlitten, weil sie es rechtmäßig verdienet hatten. Auf Angeben kluger Leute verlangte der Bischof ihre jungen Bursche zu Geisseln; daß sie nicht vom christlichen Glauben abfallen wolten. Sie wolten aber weder Geisseln ausliefern, noch dem Bischof und den Ordensbrüdern gehorsamen, sondern dachten noch immer den christlichen Glauben mit allen Deutschen aus dem Lande auszurotten. Die Bischöfe merkten dieses, und gingen wieder nach Riga. Es folgte ihnen aber ein Bote von ihnen nach, und bat mit Thränen, der Bischof von Ratzeburg möchte wieder mit dem Probst geschickt werden, ob sie vielleicht sich zur Ruhe bequemen und die Erinnerungen der heilsamen Lehre annehmen wol- ten. Also ward Philipp von Ratzeburg, mit dem Probst Johannes und Dietrichen, des Bischofs Bruder, samt dem Caupo und vielen andern an die Liven abgefertiget. Und sie setzten sich alle bey die Liven vor ihr Lager, und nahmen von neuem vor, was zum Frieden und zur Gerechtigkeit gehörte. Etli- che aber von ihnen, die von hinten nachkamen, berichteten lügenhaftig, daß die Ordensbrüder mit ihrer Armee die Provinz plünderten. Dahero rissen sie mit grossem Geschrey und Lermen den Probst Johannes und Dietrichen, den Bru- der des Bischofs, Bernharden, den Advocaten, Ritter und Geistliche, nebst al- len Knechten weg, schlepten sie aufs Schloß, prügelten sie durch, und legten sie ins Gefängniß. Sie wolten auch den Bischof anpacken, es wehrte ihnen aber sein Priester und Dolmetscher, Heinrich der Lette. Wie nun ihr Geschrey und ihre Wuth ein Ende hatte, bat der Bischof, daß sein Probst nebst allen andern ihm ausgeliefert würde, und that auch dieser Beschimpfung wegen noch Drohwor- te hinzu. Also wurden alle zurück gebracht, und der Bischof ermahnte sie ein- mal nach dem andern, sie möchten nicht das Sacrament der Taufe verachten; noch ihr Christenthum und ihren Gottesdienst schänden, auch nicht wieder ins Hei- denthum fallen, und verlangte von ihnen zwey bis drey Knaben zu Geisseln. Sie gaben zwar freundliche Antwort, bekümmerten sich aber nicht darum, Geis- seln zu stellen. Der Bischof sagte demnach: O ihr Ungläubigen im Herzen, von harter Stirn und von schmeichelhafter Zunge, erkennet doch euren Schöpfer. Ferner sagte er: Seyd stille und erkennet euren GOTT, und verlasset die Sitten der Heiden. Da sie aber nichts aus- richteten, sondern gleichsam in die Luft redeten, kehrten sie wieder nach Riga. Nicht
Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, vierzehntes Jahr, 1211reida, und lieſſen das Schloß der Einwohner bey ſtiller Nacht anzuͤnden, damitſie ſich nicht da verſamleten und in der Burg gegen die Rigiſchen einen haͤrtern Krieg anſpinnen koͤnten. Daher zerfiel auch der Rath der Treuloſen nach Ein- aͤſcherung ihrer Schloͤſſer. Die Liven aber von Satteſele, ſo ſchon laͤngſt in ihre Veſtung ſich begeben hatten, fingen gegen die Ordensbruͤder von Syge- walde Krieg an, verfolgten ihre Bedienten, und lieſſen etliche von ihnen uͤber die Klinge ſpringen. Dieſe aber fielen aus dem neulich erbaueten Schloß Syge- walde aus, trieben ſie weg, gingen weiter auf ſie zu, ſetzten ihnen nach, und er- legten einige. Die Liven, die ſich an Anzahl und Macht verſtaͤrkten, gingen wieder auf ſie los, verfolgten ſie, toͤdteten einige, und trieben ſie in ihr Schloß zu- ruͤck. Und auf die Art fochten ſie einige Tage. Der Biſchof vernahm dieſen Lerm, und ſandte Boten, nach der Urſache dieſes Krieges ſich zu erkundigen. Der Li- ven Abgeordnete kamen hierauf nach Riga, brachten viele Klagen uͤber Rudol- phen b), den Ordensmeiſter der Bruͤder, an, und erwaͤhnten, daß ihnen Aecker, Wieſen und Gelder abgenommen waͤren. Der Biſchof ſchickte anfaͤnglich den Prie- ſter Alobrand, der ſie getauft hatte, nebſt einigen andern dahin, ſie gaben ſich aber vergebliche Muͤhe, und konten ihren Streit nicht ausmachen. Der Biſchof kam nachher ſelbſt mit dem Herrn Biſchof von Ratzeburg, Philipp, nach Thoreida. Er beſchied die Liven und die Ordensbruͤder vor ſich. Die Liven lagen uͤber dem Fluß im Gewehr, ſprachen mit den Deutſchen, und beſchwerten ſich uͤber die Or- densbruͤder in vielen Punkten. Der Biſchof verſprach ihnen auch die Erſtattung alles unrechtmaͤßig entwandten. Dafuͤr aber ward ihnen keine Erſetzung verſpro- chen, was ſie fuͤr ihre Ausſchweifungen erlitten, weil ſie es rechtmaͤßig verdienet hatten. Auf Angeben kluger Leute verlangte der Biſchof ihre jungen Burſche zu Geiſſeln; daß ſie nicht vom chriſtlichen Glauben abfallen wolten. Sie wolten aber weder Geiſſeln ausliefern, noch dem Biſchof und den Ordensbruͤdern gehorſamen, ſondern dachten noch immer den chriſtlichen Glauben mit allen Deutſchen aus dem Lande auszurotten. Die Biſchoͤfe merkten dieſes, und gingen wieder nach Riga. Es folgte ihnen aber ein Bote von ihnen nach, und bat mit Thraͤnen, der Biſchof von Ratzeburg moͤchte wieder mit dem Probſt geſchickt werden, ob ſie vielleicht ſich zur Ruhe bequemen und die Erinnerungen der heilſamen Lehre annehmen wol- ten. Alſo ward Philipp von Ratzeburg, mit dem Probſt Johannes und Dietrichen, des Biſchofs Bruder, ſamt dem Caupo und vielen andern an die Liven abgefertiget. Und ſie ſetzten ſich alle bey die Liven vor ihr Lager, und nahmen von neuem vor, was zum Frieden und zur Gerechtigkeit gehoͤrte. Etli- che aber von ihnen, die von hinten nachkamen, berichteten luͤgenhaftig, daß die Ordensbruͤder mit ihrer Armee die Provinz pluͤnderten. Dahero riſſen ſie mit groſſem Geſchrey und Lermen den Probſt Johannes und Dietrichen, den Bru- der des Biſchofs, Bernharden, den Advocaten, Ritter und Geiſtliche, nebſt al- len Knechten weg, ſchlepten ſie aufs Schloß, pruͤgelten ſie durch, und legten ſie ins Gefaͤngniß. Sie wolten auch den Biſchof anpacken, es wehrte ihnen aber ſein Prieſter und Dolmetſcher, Heinrich der Lette. Wie nun ihr Geſchrey und ihre Wuth ein Ende hatte, bat der Biſchof, daß ſein Probſt nebſt allen andern ihm ausgeliefert wuͤrde, und that auch dieſer Beſchimpfung wegen noch Drohwor- te hinzu. Alſo wurden alle zuruͤck gebracht, und der Biſchof ermahnte ſie ein- mal nach dem andern, ſie moͤchten nicht das Sacrament der Taufe verachten; noch ihr Chriſtenthum und ihren Gottesdienſt ſchaͤnden, auch nicht wieder ins Hei- denthum fallen, und verlangte von ihnen zwey bis drey Knaben zu Geiſſeln. Sie gaben zwar freundliche Antwort, bekuͤmmerten ſich aber nicht darum, Geiſ- ſeln zu ſtellen. Der Biſchof ſagte demnach: O ihr Unglaͤubigen im Herzen, von harter Stirn und von ſchmeichelhafter Zunge, erkennet doch euren Schoͤpfer. Ferner ſagte er: Seyd ſtille und erkennet euren GOTT, und verlaſſet die Sitten der Heiden. Da ſie aber nichts aus- richteten, ſondern gleichſam in die Luft redeten, kehrten ſie wieder nach Riga. Nicht
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0132" n="100"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, vierzehntes Jahr,</hi></fw><lb/><note place="left">1211</note><hi rendition="#fr">reida,</hi> und lieſſen das Schloß der Einwohner bey ſtiller Nacht anzuͤnden, damit<lb/> ſie ſich nicht da verſamleten und in der Burg gegen die <hi rendition="#fr">Rigiſchen</hi> einen haͤrtern<lb/> Krieg anſpinnen koͤnten. Daher zerfiel auch der Rath der Treuloſen nach Ein-<lb/> aͤſcherung ihrer Schloͤſſer. Die <hi rendition="#fr">Liven</hi> aber von <hi rendition="#fr">Satteſele,</hi> ſo ſchon laͤngſt in<lb/> ihre Veſtung ſich begeben hatten, fingen gegen die Ordensbruͤder von <hi rendition="#fr">Syge-<lb/> walde</hi> Krieg an, verfolgten ihre Bedienten, und lieſſen etliche von ihnen uͤber<lb/> die Klinge ſpringen. Dieſe aber fielen aus dem neulich erbaueten Schloß <hi rendition="#fr">Syge-<lb/> walde</hi> aus, trieben ſie weg, gingen weiter auf ſie zu, ſetzten ihnen nach, und er-<lb/> legten einige. Die <hi rendition="#fr">Liven,</hi> die ſich an Anzahl und Macht verſtaͤrkten, gingen<lb/> wieder auf ſie los, verfolgten ſie, toͤdteten einige, und trieben ſie in ihr Schloß zu-<lb/> ruͤck. Und auf die Art fochten ſie einige Tage. Der Biſchof vernahm dieſen Lerm,<lb/> und ſandte Boten, nach der Urſache dieſes Krieges ſich zu erkundigen. Der <hi rendition="#fr">Li-<lb/> ven</hi> Abgeordnete kamen hierauf nach <hi rendition="#fr">Riga,</hi> brachten viele Klagen uͤber <hi rendition="#fr">Rudol-<lb/> phen</hi> <note place="end" n="b)"/>, den Ordensmeiſter der Bruͤder, an, und erwaͤhnten, daß ihnen Aecker,<lb/> Wieſen und Gelder abgenommen waͤren. Der Biſchof ſchickte anfaͤnglich den Prie-<lb/> ſter <hi rendition="#fr">Alobrand,</hi> der ſie getauft hatte, nebſt einigen andern dahin, ſie gaben ſich aber<lb/> vergebliche Muͤhe, und konten ihren Streit nicht ausmachen. Der Biſchof kam<lb/> nachher ſelbſt mit dem Herrn Biſchof von Ratzeburg, <hi rendition="#fr">Philipp,</hi> nach <hi rendition="#fr">Thoreida.</hi><lb/> Er beſchied die <hi rendition="#fr">Liven</hi> und die Ordensbruͤder vor ſich. Die <hi rendition="#fr">Liven</hi> lagen uͤber dem<lb/> Fluß im Gewehr, ſprachen mit den <hi rendition="#fr">Deutſchen,</hi> und beſchwerten ſich uͤber die Or-<lb/> densbruͤder in vielen Punkten. Der Biſchof verſprach ihnen auch die Erſtattung<lb/> alles unrechtmaͤßig entwandten. Dafuͤr aber ward ihnen keine Erſetzung verſpro-<lb/> chen, was ſie fuͤr ihre Ausſchweifungen erlitten, weil ſie es rechtmaͤßig verdienet<lb/> hatten. Auf Angeben kluger Leute verlangte der Biſchof ihre jungen Burſche zu<lb/> Geiſſeln; daß ſie nicht vom chriſtlichen Glauben abfallen wolten. Sie wolten aber<lb/> weder Geiſſeln ausliefern, noch dem Biſchof und den Ordensbruͤdern gehorſamen,<lb/> ſondern dachten noch immer den chriſtlichen Glauben mit allen <hi rendition="#fr">Deutſchen</hi> aus dem<lb/> Lande auszurotten. Die Biſchoͤfe merkten dieſes, und gingen wieder nach <hi rendition="#fr">Riga.</hi><lb/> Es folgte ihnen aber ein Bote von ihnen nach, und bat mit Thraͤnen, der Biſchof<lb/> von <hi rendition="#fr">Ratzeburg</hi> moͤchte wieder mit dem Probſt geſchickt werden, ob ſie vielleicht<lb/> ſich zur Ruhe bequemen und die Erinnerungen der heilſamen Lehre annehmen wol-<lb/> ten. Alſo ward <hi rendition="#fr">Philipp</hi> von <hi rendition="#fr">Ratzeburg,</hi> mit dem Probſt <hi rendition="#fr">Johannes</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Dietrichen,</hi> des Biſchofs Bruder, ſamt dem <hi rendition="#fr">Caupo</hi> und vielen andern an die<lb/><hi rendition="#fr">Liven</hi> abgefertiget. Und ſie ſetzten ſich alle bey die <hi rendition="#fr">Liven</hi> vor ihr Lager, und<lb/> nahmen von neuem vor, was zum Frieden und zur Gerechtigkeit gehoͤrte. Etli-<lb/> che aber von ihnen, die von hinten nachkamen, berichteten luͤgenhaftig, daß die<lb/> Ordensbruͤder mit ihrer Armee die Provinz pluͤnderten. Dahero riſſen ſie mit<lb/> groſſem Geſchrey und Lermen den Probſt <hi rendition="#fr">Johannes</hi> und <hi rendition="#fr">Dietrichen,</hi> den Bru-<lb/> der des Biſchofs, <hi rendition="#fr">Bernharden,</hi> den Advocaten, Ritter und Geiſtliche, nebſt al-<lb/> len Knechten weg, ſchlepten ſie aufs Schloß, pruͤgelten ſie durch, und legten ſie<lb/> ins Gefaͤngniß. Sie wolten auch den Biſchof anpacken, es wehrte ihnen aber ſein<lb/> Prieſter und Dolmetſcher, <hi rendition="#fr">Heinrich</hi> der <hi rendition="#fr">Lette.</hi> Wie nun ihr Geſchrey und<lb/> ihre Wuth ein Ende hatte, bat der Biſchof, daß ſein Probſt nebſt allen andern<lb/> ihm ausgeliefert wuͤrde, und that auch dieſer Beſchimpfung wegen noch Drohwor-<lb/> te hinzu. Alſo wurden alle zuruͤck gebracht, und der Biſchof ermahnte ſie ein-<lb/> mal nach dem andern, ſie moͤchten nicht das Sacrament der Taufe verachten;<lb/> noch ihr Chriſtenthum und ihren Gottesdienſt ſchaͤnden, auch nicht wieder ins Hei-<lb/> denthum fallen, und verlangte von ihnen zwey bis drey Knaben zu Geiſſeln.<lb/> Sie gaben zwar freundliche Antwort, bekuͤmmerten ſich aber nicht darum, Geiſ-<lb/> ſeln zu ſtellen. Der Biſchof ſagte demnach: <hi rendition="#fr">O ihr Unglaͤubigen im Herzen,<lb/> von harter Stirn und von ſchmeichelhafter Zunge, erkennet doch<lb/> euren Schoͤpfer.</hi> Ferner ſagte er: <hi rendition="#fr">Seyd ſtille und erkennet euren<lb/> GOTT, und verlaſſet die Sitten der</hi> Heiden. Da ſie aber nichts aus-<lb/> richteten, ſondern gleichſam in die Luft redeten, kehrten ſie wieder nach <hi rendition="#fr">Riga.</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Nicht</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0132]
Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, vierzehntes Jahr,
reida, und lieſſen das Schloß der Einwohner bey ſtiller Nacht anzuͤnden, damit
ſie ſich nicht da verſamleten und in der Burg gegen die Rigiſchen einen haͤrtern
Krieg anſpinnen koͤnten. Daher zerfiel auch der Rath der Treuloſen nach Ein-
aͤſcherung ihrer Schloͤſſer. Die Liven aber von Satteſele, ſo ſchon laͤngſt in
ihre Veſtung ſich begeben hatten, fingen gegen die Ordensbruͤder von Syge-
walde Krieg an, verfolgten ihre Bedienten, und lieſſen etliche von ihnen uͤber
die Klinge ſpringen. Dieſe aber fielen aus dem neulich erbaueten Schloß Syge-
walde aus, trieben ſie weg, gingen weiter auf ſie zu, ſetzten ihnen nach, und er-
legten einige. Die Liven, die ſich an Anzahl und Macht verſtaͤrkten, gingen
wieder auf ſie los, verfolgten ſie, toͤdteten einige, und trieben ſie in ihr Schloß zu-
ruͤck. Und auf die Art fochten ſie einige Tage. Der Biſchof vernahm dieſen Lerm,
und ſandte Boten, nach der Urſache dieſes Krieges ſich zu erkundigen. Der Li-
ven Abgeordnete kamen hierauf nach Riga, brachten viele Klagen uͤber Rudol-
phen
b⁾
, den Ordensmeiſter der Bruͤder, an, und erwaͤhnten, daß ihnen Aecker,
Wieſen und Gelder abgenommen waͤren. Der Biſchof ſchickte anfaͤnglich den Prie-
ſter Alobrand, der ſie getauft hatte, nebſt einigen andern dahin, ſie gaben ſich aber
vergebliche Muͤhe, und konten ihren Streit nicht ausmachen. Der Biſchof kam
nachher ſelbſt mit dem Herrn Biſchof von Ratzeburg, Philipp, nach Thoreida.
Er beſchied die Liven und die Ordensbruͤder vor ſich. Die Liven lagen uͤber dem
Fluß im Gewehr, ſprachen mit den Deutſchen, und beſchwerten ſich uͤber die Or-
densbruͤder in vielen Punkten. Der Biſchof verſprach ihnen auch die Erſtattung
alles unrechtmaͤßig entwandten. Dafuͤr aber ward ihnen keine Erſetzung verſpro-
chen, was ſie fuͤr ihre Ausſchweifungen erlitten, weil ſie es rechtmaͤßig verdienet
hatten. Auf Angeben kluger Leute verlangte der Biſchof ihre jungen Burſche zu
Geiſſeln; daß ſie nicht vom chriſtlichen Glauben abfallen wolten. Sie wolten aber
weder Geiſſeln ausliefern, noch dem Biſchof und den Ordensbruͤdern gehorſamen,
ſondern dachten noch immer den chriſtlichen Glauben mit allen Deutſchen aus dem
Lande auszurotten. Die Biſchoͤfe merkten dieſes, und gingen wieder nach Riga.
Es folgte ihnen aber ein Bote von ihnen nach, und bat mit Thraͤnen, der Biſchof
von Ratzeburg moͤchte wieder mit dem Probſt geſchickt werden, ob ſie vielleicht
ſich zur Ruhe bequemen und die Erinnerungen der heilſamen Lehre annehmen wol-
ten. Alſo ward Philipp von Ratzeburg, mit dem Probſt Johannes und
Dietrichen, des Biſchofs Bruder, ſamt dem Caupo und vielen andern an die
Liven abgefertiget. Und ſie ſetzten ſich alle bey die Liven vor ihr Lager, und
nahmen von neuem vor, was zum Frieden und zur Gerechtigkeit gehoͤrte. Etli-
che aber von ihnen, die von hinten nachkamen, berichteten luͤgenhaftig, daß die
Ordensbruͤder mit ihrer Armee die Provinz pluͤnderten. Dahero riſſen ſie mit
groſſem Geſchrey und Lermen den Probſt Johannes und Dietrichen, den Bru-
der des Biſchofs, Bernharden, den Advocaten, Ritter und Geiſtliche, nebſt al-
len Knechten weg, ſchlepten ſie aufs Schloß, pruͤgelten ſie durch, und legten ſie
ins Gefaͤngniß. Sie wolten auch den Biſchof anpacken, es wehrte ihnen aber ſein
Prieſter und Dolmetſcher, Heinrich der Lette. Wie nun ihr Geſchrey und
ihre Wuth ein Ende hatte, bat der Biſchof, daß ſein Probſt nebſt allen andern
ihm ausgeliefert wuͤrde, und that auch dieſer Beſchimpfung wegen noch Drohwor-
te hinzu. Alſo wurden alle zuruͤck gebracht, und der Biſchof ermahnte ſie ein-
mal nach dem andern, ſie moͤchten nicht das Sacrament der Taufe verachten;
noch ihr Chriſtenthum und ihren Gottesdienſt ſchaͤnden, auch nicht wieder ins Hei-
denthum fallen, und verlangte von ihnen zwey bis drey Knaben zu Geiſſeln.
Sie gaben zwar freundliche Antwort, bekuͤmmerten ſich aber nicht darum, Geiſ-
ſeln zu ſtellen. Der Biſchof ſagte demnach: O ihr Unglaͤubigen im Herzen,
von harter Stirn und von ſchmeichelhafter Zunge, erkennet doch
euren Schoͤpfer. Ferner ſagte er: Seyd ſtille und erkennet euren
GOTT, und verlaſſet die Sitten der Heiden. Da ſie aber nichts aus-
richteten, ſondern gleichſam in die Luft redeten, kehrten ſie wieder nach Riga.
Nicht
1211
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |