[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des dritten Bischof Alberts, acht und zwanzigstes Jahr, 1225mit welchen das Schloß zu erobern sehr leichte fiel: so kam eine Furcht vom HErrnauf sie, daß sie um Friede baten. Weil sie vielleicht auch einen Schreck über die in Mone Erschlagenen bekommen, so demüthigten sie sich, redeten friedfertige Worte, und baten recht fußfällig, ihnen das Sacrament der heiligen Taufe zu reichen. Das war vor die Christen eine Freude. Sie sungen dem HErrn Lobpsalmen, und gaben dem Volke Friede. Sie forderten die Knaben der Vor- nehmsten zu Geisseln. Die Oeseler, die von Walde nemlich, wurden Kinder des Gehorsams, die vormals Kinder der Hoffart waren. Der vorher ein rechter Wolf war, ward nun zum Lamme. Ein ehemaliger Verfolger der Christen ward nun ein Mitbruder in Christo, und nahm den Frieden an, wegerte sich auch nicht, Geisseln zu geben, sondern bat gläubig um die Gnade der Taufe, und erschrack gar nicht, wenn er einen immerwährenden Tribut zahlen solte. Also wur- den die Knaben der Vornehmsten ausgestellet. Den ersten von ihnen katechisirte der Hochwürdige Bischof von Riga mit grosser Freude und Andacht, und be- sprengete ihn mit dem Wasser der heiligen Taufe. Die übrigen tauften wieder andere vornehme Geistlichen, welche man auch mit Freuden in die Stadt führte, Christum zu predigen, und den Tarapitha, den Götzen der Oeseler, aus- zuschmeissen. Sie weiheten mitten im Schlosse einen Brunnen dazu ein, und fülten ein grosses Wasserfaß e) an, worinne sie erst die katechisirten Landesältesten und Vornehmsten, hernach auch andere, Männer, Weiber und Kinder, tauften. Es war aber ein stark Gedränge von Männern, Weibern und Kindern, die im- mer riefen: Mache fortund taufe mich; von früh bis auf den Abend, daß auch selbst die Presbyters, deren bald fünfe, bald sechse waren, über der vielen Arbeit zu taufen ermüdeten. Also tauften die Priester mit grosser Andacht viel tausend Leute, die sie mit gröster Andacht zur Taufe herzueilen sahen; sie freueten sich auch selbst, weil sie hoften, diese Arbeit werde ihnen zur Vergebung der Sünden gereichen. Und was sie an einem Tage nicht bestellen konten, brachten sie den an- dern und dritten zu Ende. Wie diese heiligen Handlungen in der Stadt Walde auf Oesel vollendet und vorbey waren, so kamen Abgeordnete aus allen Städ- ten und Kilegunden auf Oesel, die Friede suchten, und das Sacrament der heiligen Taufe begehrten. Die Armee freuete sich deswegen, nahm die Geisseln an, gab Friede, und versprach alle brüderliche Liebe. Es ward ihnen hierauf angedeutet, sie solten die gefangenen Schweden beyderley Geschlechts wieder auf freyen Fuß stellen. Sie gehorsamten auch gleich, und gelobten nicht nur an, sie los zu geben, sondern führten noch Priester mit sich in ihr Schloß, daß sie Chri- stum predigen, den Tharapitha samt den andern heidnischen Abgöttern aus- werfen, und das Volk mit dem heiligen Taufbade besprengen möchten. Also tauften die Priester in allen Schlössern auf Oesel das ganze Volk beyderley Ge- schlechts mit grosser Freude. Ja sie weineten vor Freuden, weil sie dem HErrn so viel tausend Seelen durch das Bad der Wiedergeburt gezeuget hatten zu einem geistlichen Samen, und zu einer neuen geliebten Braut aus den Heiden. Gentes fonte rigant; fletibus ora rigant. Die Rigischen benetzten die Heiden mit Wasser, und ihr eigen Gesichte mit d) Auf nur kürzlich erwehnter Landkarte finde ich kein Walde, sondern ein Wykien, so mitten in der Jnsel liegt. Aber beym Pontanus in Chorograph. Dan. p. 735. sehe *) Wir können hier dem Leser die poetischen Einfälle des Verfassers nicht bergen, weil sonst der deutsche
Zusammenhang der Worte Noth litte. Es sieht freylich gezwungen aus, es würde aber noch ge- zwungener heraus kommen, wenn man diese Gedanken vollends in dentsche Reime zwingen wolte- Das Alterthum der Zeit, davon solche Stellen einen sichern Beweiß geben, hat unter Kennern sol- cher Schriften schon seine hinreichende Entschuldigung. Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, acht und zwanzigſtes Jahr, 1225mit welchen das Schloß zu erobern ſehr leichte fiel: ſo kam eine Furcht vom HErrnauf ſie, daß ſie um Friede baten. Weil ſie vielleicht auch einen Schreck uͤber die in Mone Erſchlagenen bekommen, ſo demuͤthigten ſie ſich, redeten friedfertige Worte, und baten recht fußfaͤllig, ihnen das Sacrament der heiligen Taufe zu reichen. Das war vor die Chriſten eine Freude. Sie ſungen dem HErrn Lobpſalmen, und gaben dem Volke Friede. Sie forderten die Knaben der Vor- nehmſten zu Geiſſeln. Die Oeſeler, die von Walde nemlich, wurden Kinder des Gehorſams, die vormals Kinder der Hoffart waren. Der vorher ein rechter Wolf war, ward nun zum Lamme. Ein ehemaliger Verfolger der Chriſten ward nun ein Mitbruder in Chriſto, und nahm den Frieden an, wegerte ſich auch nicht, Geiſſeln zu geben, ſondern bat glaͤubig um die Gnade der Taufe, und erſchrack gar nicht, wenn er einen immerwaͤhrenden Tribut zahlen ſolte. Alſo wur- den die Knaben der Vornehmſten ausgeſtellet. Den erſten von ihnen katechiſirte der Hochwuͤrdige Biſchof von Riga mit groſſer Freude und Andacht, und be- ſprengete ihn mit dem Waſſer der heiligen Taufe. Die uͤbrigen tauften wieder andere vornehme Geiſtlichen, welche man auch mit Freuden in die Stadt fuͤhrte, Chriſtum zu predigen, und den Tarapitha, den Goͤtzen der Oeſeler, aus- zuſchmeiſſen. Sie weiheten mitten im Schloſſe einen Brunnen dazu ein, und fuͤlten ein groſſes Waſſerfaß e) an, worinne ſie erſt die katechiſirten Landesaͤlteſten und Vornehmſten, hernach auch andere, Maͤnner, Weiber und Kinder, tauften. Es war aber ein ſtark Gedraͤnge von Maͤnnern, Weibern und Kindern, die im- mer riefen: Mache fortund taufe mich; von fruͤh bis auf den Abend, daß auch ſelbſt die Presbyters, deren bald fuͤnfe, bald ſechſe waren, uͤber der vielen Arbeit zu taufen ermuͤdeten. Alſo tauften die Prieſter mit groſſer Andacht viel tauſend Leute, die ſie mit groͤſter Andacht zur Taufe herzueilen ſahen; ſie freueten ſich auch ſelbſt, weil ſie hoften, dieſe Arbeit werde ihnen zur Vergebung der Suͤnden gereichen. Und was ſie an einem Tage nicht beſtellen konten, brachten ſie den an- dern und dritten zu Ende. Wie dieſe heiligen Handlungen in der Stadt Walde auf Oeſel vollendet und vorbey waren, ſo kamen Abgeordnete aus allen Staͤd- ten und Kilegunden auf Oeſel, die Friede ſuchten, und das Sacrament der heiligen Taufe begehrten. Die Armee freuete ſich deswegen, nahm die Geiſſeln an, gab Friede, und verſprach alle bruͤderliche Liebe. Es ward ihnen hierauf angedeutet, ſie ſolten die gefangenen Schweden beyderley Geſchlechts wieder auf freyen Fuß ſtellen. Sie gehorſamten auch gleich, und gelobten nicht nur an, ſie los zu geben, ſondern fuͤhrten noch Prieſter mit ſich in ihr Schloß, daß ſie Chri- ſtum predigen, den Tharapitha ſamt den andern heidniſchen Abgoͤttern aus- werfen, und das Volk mit dem heiligen Taufbade beſprengen moͤchten. Alſo tauften die Prieſter in allen Schloͤſſern auf Oeſel das ganze Volk beyderley Ge- ſchlechts mit groſſer Freude. Ja ſie weineten vor Freuden, weil ſie dem HErrn ſo viel tauſend Seelen durch das Bad der Wiedergeburt gezeuget hatten zu einem geiſtlichen Samen, und zu einer neuen geliebten Braut aus den Heiden. Gentes fonte rigant; fletibus ora rigant. Die Rigiſchen benetzten die Heiden mit Waſſer, und ihr eigen Geſichte mit d) Auf nur kuͤrzlich erwehnter Landkarte finde ich kein Walde, ſondern ein Wykien, ſo mitten in der Jnſel liegt. Aber beym Pontanus in Chorograph. Dan. p. 735. ſehe *) Wir koͤnnen hier dem Leſer die poetiſchen Einfaͤlle des Verfaſſers nicht bergen, weil ſonſt der deutſche
Zuſammenhang der Worte Noth litte. Es ſieht freylich gezwungen aus, es wuͤrde aber noch ge- zwungener heraus kommen, wenn man dieſe Gedanken vollends in dentſche Reime zwingen wolte- Das Alterthum der Zeit, davon ſolche Stellen einen ſichern Beweiß geben, hat unter Kennern ſol- cher Schriften ſchon ſeine hinreichende Entſchuldigung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0246" n="214"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, acht und zwanzigſtes Jahr,</hi></fw><lb/><note place="left">1225</note>mit welchen das Schloß zu erobern ſehr leichte fiel: ſo kam eine Furcht vom HErrn<lb/> auf ſie, daß ſie um Friede baten. Weil ſie vielleicht auch einen Schreck uͤber die<lb/> in <hi rendition="#fr">Mone</hi> Erſchlagenen bekommen, ſo demuͤthigten ſie ſich, redeten friedfertige<lb/> Worte, und baten recht fußfaͤllig, ihnen das Sacrament der heiligen Taufe zu<lb/> reichen. 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Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, acht und zwanzigſtes Jahr,
mit welchen das Schloß zu erobern ſehr leichte fiel: ſo kam eine Furcht vom HErrn
auf ſie, daß ſie um Friede baten. Weil ſie vielleicht auch einen Schreck uͤber die
in Mone Erſchlagenen bekommen, ſo demuͤthigten ſie ſich, redeten friedfertige
Worte, und baten recht fußfaͤllig, ihnen das Sacrament der heiligen Taufe zu
reichen. Das war vor die Chriſten eine Freude. Sie ſungen dem HErrn
Lobpſalmen, und gaben dem Volke Friede. Sie forderten die Knaben der Vor-
nehmſten zu Geiſſeln. Die Oeſeler, die von Walde nemlich, wurden Kinder
des Gehorſams, die vormals Kinder der Hoffart waren. Der vorher ein rechter
Wolf war, ward nun zum Lamme. Ein ehemaliger Verfolger der Chriſten
ward nun ein Mitbruder in Chriſto, und nahm den Frieden an, wegerte ſich
auch nicht, Geiſſeln zu geben, ſondern bat glaͤubig um die Gnade der Taufe, und
erſchrack gar nicht, wenn er einen immerwaͤhrenden Tribut zahlen ſolte. Alſo wur-
den die Knaben der Vornehmſten ausgeſtellet. Den erſten von ihnen katechiſirte
der Hochwuͤrdige Biſchof von Riga mit groſſer Freude und Andacht, und be-
ſprengete ihn mit dem Waſſer der heiligen Taufe. Die uͤbrigen tauften wieder
andere vornehme Geiſtlichen, welche man auch mit Freuden in die Stadt fuͤhrte,
Chriſtum zu predigen, und den Tarapitha, den Goͤtzen der Oeſeler, aus-
zuſchmeiſſen. Sie weiheten mitten im Schloſſe einen Brunnen dazu ein, und
fuͤlten ein groſſes Waſſerfaß
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an, worinne ſie erſt die katechiſirten Landesaͤlteſten
und Vornehmſten, hernach auch andere, Maͤnner, Weiber und Kinder, tauften.
Es war aber ein ſtark Gedraͤnge von Maͤnnern, Weibern und Kindern, die im-
mer riefen: Mache fortund taufe mich; von fruͤh bis auf den Abend, daß auch
ſelbſt die Presbyters, deren bald fuͤnfe, bald ſechſe waren, uͤber der vielen Arbeit
zu taufen ermuͤdeten. Alſo tauften die Prieſter mit groſſer Andacht viel tauſend
Leute, die ſie mit groͤſter Andacht zur Taufe herzueilen ſahen; ſie freueten ſich
auch ſelbſt, weil ſie hoften, dieſe Arbeit werde ihnen zur Vergebung der Suͤnden
gereichen. Und was ſie an einem Tage nicht beſtellen konten, brachten ſie den an-
dern und dritten zu Ende. Wie dieſe heiligen Handlungen in der Stadt Walde
auf Oeſel vollendet und vorbey waren, ſo kamen Abgeordnete aus allen Staͤd-
ten und Kilegunden auf Oeſel, die Friede ſuchten, und das Sacrament der
heiligen Taufe begehrten. Die Armee freuete ſich deswegen, nahm die Geiſſeln
an, gab Friede, und verſprach alle bruͤderliche Liebe. Es ward ihnen hierauf
angedeutet, ſie ſolten die gefangenen Schweden beyderley Geſchlechts wieder
auf freyen Fuß ſtellen. Sie gehorſamten auch gleich, und gelobten nicht nur an,
ſie los zu geben, ſondern fuͤhrten noch Prieſter mit ſich in ihr Schloß, daß ſie Chri-
ſtum predigen, den Tharapitha ſamt den andern heidniſchen Abgoͤttern aus-
werfen, und das Volk mit dem heiligen Taufbade beſprengen moͤchten. Alſo
tauften die Prieſter in allen Schloͤſſern auf Oeſel das ganze Volk beyderley Ge-
ſchlechts mit groſſer Freude. Ja ſie weineten vor Freuden, weil ſie dem HErrn
ſo viel tauſend Seelen durch das Bad der Wiedergeburt gezeuget hatten zu einem
geiſtlichen Samen, und zu einer neuen geliebten Braut aus den Heiden.
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Gentes fonte rigant; fletibus ora rigant.
Die Rigiſchen benetzten die Heiden mit Waſſer, und ihr eigen Geſichte mit
Thraͤnen *).
d⁾ Auf nur kuͤrzlich erwehnter Landkarte finde ich kein Walde, ſondern ein Wykien, ſo
mitten in der Jnſel liegt. Aber beym Pontanus in Chorograph. Dan. p. 735. ſehe
ich
*) Wir koͤnnen hier dem Leſer die poetiſchen Einfaͤlle des Verfaſſers nicht bergen, weil ſonſt der deutſche
Zuſammenhang der Worte Noth litte. Es ſieht freylich gezwungen aus, es wuͤrde aber noch ge-
zwungener heraus kommen, wenn man dieſe Gedanken vollends in dentſche Reime zwingen wolte-
Das Alterthum der Zeit, davon ſolche Stellen einen ſichern Beweiß geben, hat unter Kennern ſol-
cher Schriften ſchon ſeine hinreichende Entſchuldigung.
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