[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des ersten Bischof Meinhards, 1192§. 7. Die Kirchholmer, welche Nachbaren waren, hintergiengen schon erwehn- §. 8. Während der Erbauung der beyden besagten Schlösser, Yxkul nemlich und i) Die Worte: Uskul nemlich und Kirchholm scheinen eine Glosse**) zu seyn, die vielleicht am Rande gestanden, und durch Dumheit des Abschreibers in den Text gera- then. Zu welcher Meinung nicht nur deswegen veranlasset werde, weil sie überflüßig sind, indem ein noch so schläfriger. Leser gnugsam siehet, von welchen Schlössern die Rede sey; sondern auch hauptsächlich deshalben, daß der Gebrauch des Worts Uxkul in die neuern Zeiten fällt, und unser Verfasser nichts davon gewust, als der überall das Wort Ykeskola gebrauchet. k) Hier läst uns der Auctor völlig in Ungewißheit, und zeiget uns weder das Jahr der Or- dination, noch die Jahre des Amts, noch das Todesjahr eines so grossen Mannes an. Jch mache meine Rechnung so: Berthold, Meinhards Nachfolger, starb im Ju- lius 1198 im andern Jahre seines Amts. Also trat er seinen Dienst mit Ausgang des 1196sten Jahrs an. Daß nach Meinhards Tode seine Stelle nicht lange ledig gestan- den, erhellet aus den Berichten Arnolds l. 7. c. 9. Meinhard mag also 1196 gestor- ben seyn. Nun müssen wir uns noch nach einer glaubwürdigen Urkunde umsehen, wor- aus die Jahre des Bisthums Meinhards zu ersehen, damit dessen Anfang oder die Zeit seiner Einweihung gewiß bestimmet werden könne. Jch sehe zwar, daß Arnold von Lübek l. c. dis ins Jahr 1186 setzet. Aber da wird entweder der Antrit seines Pre- digens, und der Anfang des Bisthums Meinhards mit einander verwechselt, oder die Jahrzahl ist verfälschet; die ich lieber mit Worten ausgedruckt als mit Ziffern an- gegeben zu seyn wünschte. Zwar deucht mir, ich sehe die mehresten hier die Achseln zu- cken, die solche vorgeschützte Unwissenheit tadeln, und mir eine mehr als critische Ver- wegenheit vorrücken, bey so grosser Uebereinstimmung aller von Bangerten zu Rath ge- zogenen Manuscripte. Bey mir aber, der ich aus der Erfahrung gelernet, wie leichte von einem fehlerhaften Buche die Schnitzer in mehrere Exemplare überschrieben werden, hat dergleichen Uebereinstimmung wenig Ansehen. Die Leser belieben doch hier eben diesen Arnold nachzuschlagen lib. 4. c. 23. n. 6. wo alle Handschriften des Bangerts das Jahr 1184 haben, in welchem die Ankunft der Gebeine des heil. Bern- wards, Bischofs zu Hildesheim, soll gefeiert worden seyn. Und doch erweiset das vierte Jahr des Pabsts Cölestinus des dritten, und das vierte Jahr Kaiser Heinrichs des sechsten augenscheinlich, daß die Jahrzahl in allen Handschriften falsch gewesen, und in dem Original für 1184 das Jahr 1194 gestanden habe. Unten beym Jahr 1216, wo von dem Orlamündischen Grafen Albert etwas muß gesaget werden, wollen wir mit einem andern Exempel erweisen, wie die Verwechselung des einigen Buchstabens o *) Jn der Gruberischen Ausgabe stehet sed, in beiden Manuscripten aber sex. **) Nach dem Revelschen Manuscripte sind sie es auch, obgleich das Rigische die Glosse heibehält. Denn
Ykeskola ist die rechte und älteste Schreibart. Der Herr Pastor Kelch leitet es von ür kül ein Dorf her, weil ihm der alte Name nicht angestanden, da es doch gleich in die Augen fält, daß mans üx kool eine Schule geheissen. Es ist kaum zu erinnern nöthig, daß die Klöster bey den Alten den Namen der Schulen geführet. Jnzwischen ist an der alten Benennung etwas zu wissen gelegen. Lin- denbrog Script. Septemtr. p. 164. führt eine Bulle von Clemens III. an, in welcher er dem Erzbi- schof Hartwich von Bremen ausser den Bisthümern Lübek, Schwerin und Ratzeburg auch das Jxcolanensische bestätiget. Wie Staphorst hist. eccles. Hamburg. tom I. p. 595. diese Bulle abge- schrieben, so hängt er hinten die Frage an, was das Jxcolanensische Bisthum sey. Jn dem beyge- fügten Lemma aber gestehet er, er wisse es nicht. Es gestehens auch andre, wiewol sie lieber das Js- ländische lesen. Es ist aber handgreiflich, daß es das Jxkolische seyn soll, so der Bischof Mein- hard sich zur Residenz ersehen. Der Herr Hofrath Gruber macht dieses Worts halber dennoch die ganze Bulle verdächtig, weil der Bischof nicht nach seinem Schlosse oder gewissen Sitze, sondern nach seinem Volke mit einer am päbstl. Hofe gewöhnlichen Titelatur der Liefländische genennet werden müste. Geſchichte des erſten Biſchof Meinhards, 1192§. 7. Die Kirchholmer, welche Nachbaren waren, hintergiengen ſchon erwehn- §. 8. Waͤhrend der Erbauung der beyden beſagten Schloͤſſer, Yxkul nemlich und i) Die Worte: Uskul nemlich und Kirchholm ſcheinen eine Gloſſe**) zu ſeyn, die vielleicht am Rande geſtanden, und durch Dumheit des Abſchreibers in den Text gera- then. Zu welcher Meinung nicht nur deswegen veranlaſſet werde, weil ſie uͤberfluͤßig ſind, indem ein noch ſo ſchlaͤfriger. Leſer gnugſam ſiehet, von welchen Schloͤſſern die Rede ſey; ſondern auch hauptſaͤchlich deshalben, daß der Gebrauch des Worts Uxkul in die neuern Zeiten faͤllt, und unſer Verfaſſer nichts davon gewuſt, als der uͤberall das Wort Ykeskola gebrauchet. k) Hier laͤſt uns der Auctor voͤllig in Ungewißheit, und zeiget uns weder das Jahr der Or- dination, noch die Jahre des Amts, noch das Todesjahr eines ſo groſſen Mannes an. Jch mache meine Rechnung ſo: Berthold, Meinhards Nachfolger, ſtarb im Ju- lius 1198 im andern Jahre ſeines Amts. Alſo trat er ſeinen Dienſt mit Ausgang des 1196ſten Jahrs an. Daß nach Meinhards Tode ſeine Stelle nicht lange ledig geſtan- den, erhellet aus den Berichten Arnolds l. 7. c. 9. Meinhard mag alſo 1196 geſtor- ben ſeyn. Nun muͤſſen wir uns noch nach einer glaubwuͤrdigen Urkunde umſehen, wor- aus die Jahre des Bisthums Meinhards zu erſehen, damit deſſen Anfang oder die Zeit ſeiner Einweihung gewiß beſtimmet werden koͤnne. Jch ſehe zwar, daß Arnold von Luͤbek l. c. dis ins Jahr 1186 ſetzet. Aber da wird entweder der Antrit ſeines Pre- digens, und der Anfang des Bisthums Meinhards mit einander verwechſelt, oder die Jahrzahl iſt verfaͤlſchet; die ich lieber mit Worten ausgedruckt als mit Ziffern an- gegeben zu ſeyn wuͤnſchte. Zwar deucht mir, ich ſehe die mehreſten hier die Achſeln zu- cken, die ſolche vorgeſchuͤtzte Unwiſſenheit tadeln, und mir eine mehr als critiſche Ver- wegenheit vorruͤcken, bey ſo groſſer Uebereinſtimmung aller von Bangerten zu Rath ge- zogenen Manuſcripte. Bey mir aber, der ich aus der Erfahrung gelernet, wie leichte von einem fehlerhaften Buche die Schnitzer in mehrere Exemplare uͤberſchrieben werden, hat dergleichen Uebereinſtimmung wenig Anſehen. Die Leſer belieben doch hier eben dieſen Arnold nachzuſchlagen lib. 4. c. 23. n. 6. wo alle Handſchriften des Bangerts das Jahr 1184 haben, in welchem die Ankunft der Gebeine des heil. Bern- wards, Biſchofs zu Hildesheim, ſoll gefeiert worden ſeyn. Und doch erweiſet das vierte Jahr des Pabſts Coͤleſtinus des dritten, und das vierte Jahr Kaiſer Heinrichs des ſechſten augenſcheinlich, daß die Jahrzahl in allen Handſchriften falſch geweſen, und in dem Original fuͤr 1184 das Jahr 1194 geſtanden habe. Unten beym Jahr 1216, wo von dem Orlamuͤndiſchen Grafen Albert etwas muß geſaget werden, wollen wir mit einem andern Exempel erweiſen, wie die Verwechſelung des einigen Buchſtabens o *) Jn der Gruberiſchen Ausgabe ſtehet ſed, in beiden Manuſcripten aber ſex. **) Nach dem Revelſchen Manuſcripte ſind ſie es auch, obgleich das Rigiſche die Gloſſe heibehaͤlt. Denn
Ykeskola iſt die rechte und aͤlteſte Schreibart. Der Herr Paſtor Kelch leitet es von uͤr kuͤl ein Dorf her, weil ihm der alte Name nicht angeſtanden, da es doch gleich in die Augen faͤlt, daß mans uͤx kool eine Schule geheiſſen. Es iſt kaum zu erinnern noͤthig, daß die Kloͤſter bey den Alten den Namen der Schulen gefuͤhret. Jnzwiſchen iſt an der alten Benennung etwas zu wiſſen gelegen. Lin- denbrog Script. Septemtr. p. 164. fuͤhrt eine Bulle von Clemens III. an, in welcher er dem Erzbi- ſchof Hartwich von Bremen auſſer den Bisthuͤmern Luͤbek, Schwerin und Ratzeburg auch das Jxcolanenſiſche beſtaͤtiget. Wie Staphorſt hiſt. eccleſ. Hamburg. tom I. p. 595. dieſe Bulle abge- ſchrieben, ſo haͤngt er hinten die Frage an, was das Jxcolanenſiſche Bisthum ſey. Jn dem beyge- fuͤgten Lemma aber geſtehet er, er wiſſe es nicht. Es geſtehens auch andre, wiewol ſie lieber das Js- laͤndiſche leſen. Es iſt aber handgreiflich, daß es das Jxkoliſche ſeyn ſoll, ſo der Biſchof Mein- hard ſich zur Reſidenz erſehen. Der Herr Hofrath Gruber macht dieſes Worts halber dennoch die ganze Bulle verdaͤchtig, weil der Biſchof nicht nach ſeinem Schloſſe oder gewiſſen Sitze, ſondern nach ſeinem Volke mit einer am paͤbſtl. Hofe gewoͤhnlichen Titelatur der Lieflaͤndiſche genennet werden muͤſte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0040" n="8"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Geſchichte des erſten Biſchof Meinhards,</hi> </fw> <note place="left">1192</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 7.</head><lb/> <p>Die <hi rendition="#fr">Kirchholmer,</hi> welche Nachbaren waren, hintergiengen ſchon erwehn-<lb/> ten Biſchof <hi rendition="#fr">Meinharden</hi> mit gleichem Verſprechen. Sie baueten ſich ein Schloß,<lb/> ſo ſie durch dieſen Betrug erhielten. 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Geſchichte des erſten Biſchof Meinhards,
§. 7.
Die Kirchholmer, welche Nachbaren waren, hintergiengen ſchon erwehn-
ten Biſchof Meinharden mit gleichem Verſprechen. Sie baueten ſich ein Schloß,
ſo ſie durch dieſen Betrug erhielten. Sechſe *) lieſſen ſich gleich anfangs
taufen, ihre Abſicht mochte uͤbrigens dabey geweſen ſeyn, welche es wolle, deren
Namen ſind Viliendi, Uldenago, Wade, Waldeko, Gerweder und
Viezo.
§. 8.
Waͤhrend der Erbauung der beyden beſagten Schloͤſſer, Yxkul nemlich und
Holm
i⁾
, wird Meinhard von dem Erzbiſchof von Bremen, Hartwich, zum
Biſchof ordiniret
k⁾
.
i⁾ Die Worte: Uskul nemlich und Kirchholm ſcheinen eine Gloſſe **) zu ſeyn, die
vielleicht am Rande geſtanden, und durch Dumheit des Abſchreibers in den Text gera-
then. Zu welcher Meinung nicht nur deswegen veranlaſſet werde, weil ſie uͤberfluͤßig
ſind, indem ein noch ſo ſchlaͤfriger. Leſer gnugſam ſiehet, von welchen Schloͤſſern die
Rede ſey; ſondern auch hauptſaͤchlich deshalben, daß der Gebrauch des Worts Uxkul
in die neuern Zeiten faͤllt, und unſer Verfaſſer nichts davon gewuſt, als der uͤberall das
Wort Ykeskola gebrauchet.
k⁾ Hier laͤſt uns der Auctor voͤllig in Ungewißheit, und zeiget uns weder das Jahr der Or-
dination, noch die Jahre des Amts, noch das Todesjahr eines ſo groſſen Mannes an.
Jch mache meine Rechnung ſo: Berthold, Meinhards Nachfolger, ſtarb im Ju-
lius 1198 im andern Jahre ſeines Amts. Alſo trat er ſeinen Dienſt mit Ausgang des
1196ſten Jahrs an. Daß nach Meinhards Tode ſeine Stelle nicht lange ledig geſtan-
den, erhellet aus den Berichten Arnolds l. 7. c. 9. Meinhard mag alſo 1196 geſtor-
ben ſeyn. Nun muͤſſen wir uns noch nach einer glaubwuͤrdigen Urkunde umſehen, wor-
aus die Jahre des Bisthums Meinhards zu erſehen, damit deſſen Anfang oder die
Zeit ſeiner Einweihung gewiß beſtimmet werden koͤnne. Jch ſehe zwar, daß Arnold
von Luͤbek l. c. dis ins Jahr 1186 ſetzet. Aber da wird entweder der Antrit ſeines Pre-
digens, und der Anfang des Bisthums Meinhards mit einander verwechſelt, oder
die Jahrzahl iſt verfaͤlſchet; die ich lieber mit Worten ausgedruckt als mit Ziffern an-
gegeben zu ſeyn wuͤnſchte. Zwar deucht mir, ich ſehe die mehreſten hier die Achſeln zu-
cken, die ſolche vorgeſchuͤtzte Unwiſſenheit tadeln, und mir eine mehr als critiſche Ver-
wegenheit vorruͤcken, bey ſo groſſer Uebereinſtimmung aller von Bangerten zu Rath ge-
zogenen Manuſcripte. Bey mir aber, der ich aus der Erfahrung gelernet, wie leichte
von einem fehlerhaften Buche die Schnitzer in mehrere Exemplare uͤberſchrieben werden,
hat dergleichen Uebereinſtimmung wenig Anſehen. Die Leſer belieben doch hier eben
dieſen Arnold nachzuſchlagen lib. 4. c. 23. n. 6. wo alle Handſchriften des Bangerts
das Jahr 1184 haben, in welchem die Ankunft der Gebeine des heil. Bern-
wards, Biſchofs zu Hildesheim, ſoll gefeiert worden ſeyn. Und doch erweiſet das
vierte Jahr des Pabſts Coͤleſtinus des dritten, und das vierte Jahr Kaiſer Heinrichs
des ſechſten augenſcheinlich, daß die Jahrzahl in allen Handſchriften falſch geweſen, und
in dem Original fuͤr 1184 das Jahr 1194 geſtanden habe. Unten beym Jahr 1216, wo
von dem Orlamuͤndiſchen Grafen Albert etwas muß geſaget werden, wollen wir
mit einem andern Exempel erweiſen, wie die Verwechſelung des einigen Buchſtabens o
mit
*) Jn der Gruberiſchen Ausgabe ſtehet ſed, in beiden Manuſcripten aber ſex.
**) Nach dem Revelſchen Manuſcripte ſind ſie es auch, obgleich das Rigiſche die Gloſſe heibehaͤlt. Denn
Ykeskola iſt die rechte und aͤlteſte Schreibart. Der Herr Paſtor Kelch leitet es von uͤr kuͤl ein
Dorf her, weil ihm der alte Name nicht angeſtanden, da es doch gleich in die Augen faͤlt, daß mans
uͤx kool eine Schule geheiſſen. Es iſt kaum zu erinnern noͤthig, daß die Kloͤſter bey den Alten den
Namen der Schulen gefuͤhret. Jnzwiſchen iſt an der alten Benennung etwas zu wiſſen gelegen. Lin-
denbrog Script. Septemtr. p. 164. fuͤhrt eine Bulle von Clemens III. an, in welcher er dem Erzbi-
ſchof Hartwich von Bremen auſſer den Bisthuͤmern Luͤbek, Schwerin und Ratzeburg auch das
Jxcolanenſiſche beſtaͤtiget. Wie Staphorſt hiſt. eccleſ. Hamburg. tom I. p. 595. dieſe Bulle abge-
ſchrieben, ſo haͤngt er hinten die Frage an, was das Jxcolanenſiſche Bisthum ſey. Jn dem beyge-
fuͤgten Lemma aber geſtehet er, er wiſſe es nicht. Es geſtehens auch andre, wiewol ſie lieber das Js-
laͤndiſche leſen. Es iſt aber handgreiflich, daß es das Jxkoliſche ſeyn ſoll, ſo der Biſchof Mein-
hard ſich zur Reſidenz erſehen. Der Herr Hofrath Gruber macht dieſes Worts halber dennoch die
ganze Bulle verdaͤchtig, weil der Biſchof nicht nach ſeinem Schloſſe oder gewiſſen Sitze, ſondern nach
ſeinem Volke mit einer am paͤbſtl. Hofe gewoͤhnlichen Titelatur der Lieflaͤndiſche genennet werden
muͤſte.
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