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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, andres Jahr,
1199selbst von den Liven angenommen und gebraucht worden. Der Geistlichkeit gefiel es, auf
das Wort Rigatio zu zielen. Würde aber vielleicht eine See dieses Namens oder ein
Strömchen in der Nähe seyn, das in die Düne liefe, so würde ich desto weniger zweifeln,
daß die Stadt davon den Namen erhalten, je bekanter es ist, daß fast alle Städte an
der Düne an der Mündung eines kleinen Flusses liegen, von dem sie den Namen führen.
Also hat die Polotta, ein nicht grosser Fluß bey seinem Einfal in die Düne, dem
Schlosse und der Stadt, die Stadt dem Lande und der Woywoidschaft Polocz den
Namen gegeben. Diese Anmerkung Heidenstens de bello Moscou. l. 2. wird bestäti-
get durch das Nachschlagen der Landkarten.
§. 6.

Der Bischof aber, der die Bosheit der Liven wohl kante, und sahe, er könne
ohne Beystand der Pilger unter dieser Nation unmöglich was ausrichten, schickte
den Bruder Dietrich von Thoreida, dessen wir oben in der Geschichte Mein-
hards
erwehnet, nach Rom um eine Bulle zur Bestätigung einzuholen. Die-
ser brachte seine Verrichtung bey dem allerheiligsten Pabst Jnnocentius dieses
Namens dem dritten an, und erhielt von ihm vorerwehnten g) und gnädigst zuge-
standenen Brief. Ja der heilige Römische Pabst verbot allen ausdrücklich, die
sonst der Handlung wegen nach Semgallien fuhren, auf Anhalten und Bit-
ten des Bruder Dieterichs, den Hafen desselbigen Landes, bey Strafe des
Bannes h).

g) Was vorerwehnten? zielet er etwan auf das, was er beym Jahre 1198 n. 5. sagte? Jch
glaube nicht. Denn obgleich dieses Jahr Jnnocentius der 3te den päbstlichen Stuhl
bestiegen, so lieset man doch nirgends eher, daß er dieses Punkts wegen angesprochen
sey, als da Dietrich nach Rom gekommen. Vorerwehntes Schreiben verstehe ich also
von einem Briefe*), den Dietrich selbst aufgesetzt; der Pabst genehm gehalten, und
nach der am Römischen Hofe gebräuchlichen Form ausgestellet, und Dietrichen über-
reichet. Und dergleichen Art Briefe haben wir 3, die man in das andre Buch des
Jnnocentius des 3ten gebracht; ihr Titel ist, von dem Werke des Glaubens in
Liefland,
und sind gezeichnet im Lateran unter dem 5 October; die auch Raynald
in seiner Kirchengeschichte beym Jahre 1199 n. 38 anführet. Und zwar ist der erste, an
alle Gläubigen CHristi in Sachsen und Westphalen gerichtet; der andre, an alle
Gläubigen CHristi in Slavien; der letzte, an alle Gläubigen CHristi, die jenseit der
Elbe wohnen: wo Raynald einen Schnitzer macht, indem er Christianos transalpi-
nos,
(die Christen, die über den Alpen wohnen,) setzet, an stat Christianos transalbi-
nos,
(für Christen jenseit der Elbe). Der Jnhalt von allen dreyen ist einerley. Wir
versparen sie in den Anhang der Documenten, und bemerken hier, daß in ihnen keine Er-
wehnung des gegenwärtigen Bischof Alberts vorkomme; sondern allein des Liefländi-
schen
Bischof Meinhards, gottseliges Andenkens, der in der Provinz Liefland ange-
kommen sey.
h) Da der Bischof an der Düne eine vornehme Handelsstadt anlegen wolte, so war der-
gleichen Verbot zu einer geschwinden und vorzüglichen Aufnahme derselben nöthig, damit
die Schiffe nicht anderwerts einliefen. Was aber durch den Hafen in Semgallien zu
verstehen sey, läst sich schwer sagen, wo man nicht die Mündung der Musse, (Mie-
tau,)
wo sie sich gleich bey der See in die Düne ergiest, dafür hält. Denn das nach-
folgende scheinet darauf zu gehen.
§. 7.

Die Kaufleute waren mit dem gar wohl zufrieden, und setzten auf diesen Ha-
fen nach einmüthigem Schluß ein Verbot, daß wer künftig der Handlung wegen
diesen Hafen zu befahren sich unterfinge, Gut und Leben verlustig gehen solle.
Daher wurden einige zwar anfänglich herzlich gebeten, die 2 Jahre nach Erbau-
ung der Stadt diesen ihren Vertrag und Schluß wieder umwerfen wolten, sie

möchten
*) Jch verstehe hierunter das nur vor 3 Zeilen erwehnte Bestätigungsschreiben; welche Auslegung die
natürlichste ist. Wobey zu merken, daß das Revelsche Manuscript pro litteris expeditionis list,
an stat confirmationis: welches die Meinung hat, daß Dietrich eine Bulle empfangen, kraft de-
ren er allen Vergebung der Sünden ankündigen können, die den heil. Zug nach Liefland unter-
nehmen würden.
Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, andres Jahr,
1199ſelbſt von den Liven angenommen und gebraucht worden. Der Geiſtlichkeit gefiel es, auf
das Wort Rigatio zu zielen. Wuͤrde aber vielleicht eine See dieſes Namens oder ein
Stroͤmchen in der Naͤhe ſeyn, das in die Duͤne liefe, ſo wuͤrde ich deſto weniger zweifeln,
daß die Stadt davon den Namen erhalten, je bekanter es iſt, daß faſt alle Staͤdte an
der Duͤne an der Muͤndung eines kleinen Fluſſes liegen, von dem ſie den Namen fuͤhren.
Alſo hat die Polotta, ein nicht groſſer Fluß bey ſeinem Einfal in die Duͤne, dem
Schloſſe und der Stadt, die Stadt dem Lande und der Woywoidſchaft Polocz den
Namen gegeben. Dieſe Anmerkung Heidenſtens de bello Moſcou. l. 2. wird beſtaͤti-
get durch das Nachſchlagen der Landkarten.
§. 6.

Der Biſchof aber, der die Bosheit der Liven wohl kante, und ſahe, er koͤnne
ohne Beyſtand der Pilger unter dieſer Nation unmoͤglich was ausrichten, ſchickte
den Bruder Dietrich von Thoreida, deſſen wir oben in der Geſchichte Mein-
hards
erwehnet, nach Rom um eine Bulle zur Beſtaͤtigung einzuholen. Die-
ſer brachte ſeine Verrichtung bey dem allerheiligſten Pabſt Jnnocentius dieſes
Namens dem dritten an, und erhielt von ihm vorerwehnten g) und gnaͤdigſt zuge-
ſtandenen Brief. Ja der heilige Roͤmiſche Pabſt verbot allen ausdruͤcklich, die
ſonſt der Handlung wegen nach Semgallien fuhren, auf Anhalten und Bit-
ten des Bruder Dieterichs, den Hafen deſſelbigen Landes, bey Strafe des
Bannes h).

g) Was vorerwehnten? zielet er etwan auf das, was er beym Jahre 1198 n. 5. ſagte? Jch
glaube nicht. Denn obgleich dieſes Jahr Jnnocentius der 3te den paͤbſtlichen Stuhl
beſtiegen, ſo lieſet man doch nirgends eher, daß er dieſes Punkts wegen angeſprochen
ſey, als da Dietrich nach Rom gekommen. Vorerwehntes Schreiben verſtehe ich alſo
von einem Briefe*), den Dietrich ſelbſt aufgeſetzt; der Pabſt genehm gehalten, und
nach der am Roͤmiſchen Hofe gebraͤuchlichen Form ausgeſtellet, und Dietrichen uͤber-
reichet. Und dergleichen Art Briefe haben wir 3, die man in das andre Buch des
Jnnocentius des 3ten gebracht; ihr Titel iſt, von dem Werke des Glaubens in
Liefland,
und ſind gezeichnet im Lateran unter dem 5 October; die auch Raynald
in ſeiner Kirchengeſchichte beym Jahre 1199 n. 38 anfuͤhret. Und zwar iſt der erſte, an
alle Glaͤubigen CHriſti in Sachſen und Weſtphalen gerichtet; der andre, an alle
Glaͤubigen CHriſti in Slavien; der letzte, an alle Glaͤubigen CHriſti, die jenſeit der
Elbe wohnen: wo Raynald einen Schnitzer macht, indem er Chriſtianos tranſalpi-
nos,
(die Chriſten, die uͤber den Alpen wohnen,) ſetzet, an ſtat Chriſtianos transalbi-
nos,
(fuͤr Chriſten jenſeit der Elbe). Der Jnhalt von allen dreyen iſt einerley. Wir
verſparen ſie in den Anhang der Documenten, und bemerken hier, daß in ihnen keine Er-
wehnung des gegenwaͤrtigen Biſchof Alberts vorkomme; ſondern allein des Lieflaͤndi-
ſchen
Biſchof Meinhards, gottſeliges Andenkens, der in der Provinz Liefland ange-
kommen ſey.
h) Da der Biſchof an der Duͤne eine vornehme Handelsſtadt anlegen wolte, ſo war der-
gleichen Verbot zu einer geſchwinden und vorzuͤglichen Aufnahme derſelben noͤthig, damit
die Schiffe nicht anderwerts einliefen. Was aber durch den Hafen in Semgallien zu
verſtehen ſey, laͤſt ſich ſchwer ſagen, wo man nicht die Muͤndung der Muſſe, (Mie-
tau,)
wo ſie ſich gleich bey der See in die Duͤne ergieſt, dafuͤr haͤlt. Denn das nach-
folgende ſcheinet darauf zu gehen.
§. 7.

Die Kaufleute waren mit dem gar wohl zufrieden, und ſetzten auf dieſen Ha-
fen nach einmuͤthigem Schluß ein Verbot, daß wer kuͤnftig der Handlung wegen
dieſen Hafen zu befahren ſich unterfinge, Gut und Leben verluſtig gehen ſolle.
Daher wurden einige zwar anfaͤnglich herzlich gebeten, die 2 Jahre nach Erbau-
ung der Stadt dieſen ihren Vertrag und Schluß wieder umwerfen wolten, ſie

moͤchten
*) Jch verſtehe hierunter das nur vor 3 Zeilen erwehnte Beſtaͤtigungsſchreiben; welche Auslegung die
natuͤrlichſte iſt. Wobey zu merken, daß das Revelſche Manuſcript pro litteris expeditionis liſt,
an ſtat confirmationis: welches die Meinung hat, daß Dietrich eine Bulle empfangen, kraft de-
ren er allen Vergebung der Suͤnden ankuͤndigen koͤnnen, die den heil. Zug nach Liefland unter-
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[28/0060] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, andres Jahr, f⁾ ſelbſt von den Liven angenommen und gebraucht worden. Der Geiſtlichkeit gefiel es, auf das Wort Rigatio zu zielen. Wuͤrde aber vielleicht eine See dieſes Namens oder ein Stroͤmchen in der Naͤhe ſeyn, das in die Duͤne liefe, ſo wuͤrde ich deſto weniger zweifeln, daß die Stadt davon den Namen erhalten, je bekanter es iſt, daß faſt alle Staͤdte an der Duͤne an der Muͤndung eines kleinen Fluſſes liegen, von dem ſie den Namen fuͤhren. Alſo hat die Polotta, ein nicht groſſer Fluß bey ſeinem Einfal in die Duͤne, dem Schloſſe und der Stadt, die Stadt dem Lande und der Woywoidſchaft Polocz den Namen gegeben. Dieſe Anmerkung Heidenſtens de bello Moſcou. l. 2. wird beſtaͤti- get durch das Nachſchlagen der Landkarten. §. 6. Der Biſchof aber, der die Bosheit der Liven wohl kante, und ſahe, er koͤnne ohne Beyſtand der Pilger unter dieſer Nation unmoͤglich was ausrichten, ſchickte den Bruder Dietrich von Thoreida, deſſen wir oben in der Geſchichte Mein- hards erwehnet, nach Rom um eine Bulle zur Beſtaͤtigung einzuholen. Die- ſer brachte ſeine Verrichtung bey dem allerheiligſten Pabſt Jnnocentius dieſes Namens dem dritten an, und erhielt von ihm vorerwehnten g⁾ und gnaͤdigſt zuge- ſtandenen Brief. Ja der heilige Roͤmiſche Pabſt verbot allen ausdruͤcklich, die ſonſt der Handlung wegen nach Semgallien fuhren, auf Anhalten und Bit- ten des Bruder Dieterichs, den Hafen deſſelbigen Landes, bey Strafe des Bannes h⁾ . g⁾ Was vorerwehnten? zielet er etwan auf das, was er beym Jahre 1198 n. 5. ſagte? Jch glaube nicht. Denn obgleich dieſes Jahr Jnnocentius der 3te den paͤbſtlichen Stuhl beſtiegen, ſo lieſet man doch nirgends eher, daß er dieſes Punkts wegen angeſprochen ſey, als da Dietrich nach Rom gekommen. Vorerwehntes Schreiben verſtehe ich alſo von einem Briefe *), den Dietrich ſelbſt aufgeſetzt; der Pabſt genehm gehalten, und nach der am Roͤmiſchen Hofe gebraͤuchlichen Form ausgeſtellet, und Dietrichen uͤber- reichet. Und dergleichen Art Briefe haben wir 3, die man in das andre Buch des Jnnocentius des 3ten gebracht; ihr Titel iſt, von dem Werke des Glaubens in Liefland, und ſind gezeichnet im Lateran unter dem 5 October; die auch Raynald in ſeiner Kirchengeſchichte beym Jahre 1199 n. 38 anfuͤhret. Und zwar iſt der erſte, an alle Glaͤubigen CHriſti in Sachſen und Weſtphalen gerichtet; der andre, an alle Glaͤubigen CHriſti in Slavien; der letzte, an alle Glaͤubigen CHriſti, die jenſeit der Elbe wohnen: wo Raynald einen Schnitzer macht, indem er Chriſtianos tranſalpi- nos, (die Chriſten, die uͤber den Alpen wohnen,) ſetzet, an ſtat Chriſtianos transalbi- nos, (fuͤr Chriſten jenſeit der Elbe). Der Jnhalt von allen dreyen iſt einerley. Wir verſparen ſie in den Anhang der Documenten, und bemerken hier, daß in ihnen keine Er- wehnung des gegenwaͤrtigen Biſchof Alberts vorkomme; ſondern allein des Lieflaͤndi- ſchen Biſchof Meinhards, gottſeliges Andenkens, der in der Provinz Liefland ange- kommen ſey. h⁾ Da der Biſchof an der Duͤne eine vornehme Handelsſtadt anlegen wolte, ſo war der- gleichen Verbot zu einer geſchwinden und vorzuͤglichen Aufnahme derſelben noͤthig, damit die Schiffe nicht anderwerts einliefen. Was aber durch den Hafen in Semgallien zu verſtehen ſey, laͤſt ſich ſchwer ſagen, wo man nicht die Muͤndung der Muſſe, (Mie- tau,) wo ſie ſich gleich bey der See in die Duͤne ergieſt, dafuͤr haͤlt. Denn das nach- folgende ſcheinet darauf zu gehen. §. 7. Die Kaufleute waren mit dem gar wohl zufrieden, und ſetzten auf dieſen Ha- fen nach einmuͤthigem Schluß ein Verbot, daß wer kuͤnftig der Handlung wegen dieſen Hafen zu befahren ſich unterfinge, Gut und Leben verluſtig gehen ſolle. Daher wurden einige zwar anfaͤnglich herzlich gebeten, die 2 Jahre nach Erbau- ung der Stadt dieſen ihren Vertrag und Schluß wieder umwerfen wolten, ſie moͤchten *) Jch verſtehe hierunter das nur vor 3 Zeilen erwehnte Beſtaͤtigungsſchreiben; welche Auslegung die natuͤrlichſte iſt. Wobey zu merken, daß das Revelſche Manuſcript pro litteris expeditionis liſt, an ſtat confirmationis: welches die Meinung hat, daß Dietrich eine Bulle empfangen, kraft de- ren er allen Vergebung der Suͤnden ankuͤndigen koͤnnen, die den heil. Zug nach Liefland unter- nehmen wuͤrden.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/60>, abgerufen am 26.11.2024.