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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, achtes Jahr, von 1205 bis 1206.
1205dem Grossen und denen Kaisern, Ottonen, an die Sachsen gekommen: so ist es
durch Einbildung des Pöbels, die kurz hernach der Zusammenflicker des Sachsenspie-
gels
in Schriften ausgebreitet, wohl möglich gewesen, daß man diese die Rechte der
Christlichen Kaiser genennet hat. Denn jenes Jus Caesareum Germanicum, so unter
dem Titel Keiser-Recht noch ungedruckt herumwandert, obgleich ich einige Spuren
seines Gebrauchs in diesen Ländern, sonderlich zu Lüneburg und Hildesheim finde,
ist doch eine viel neuere Geburt, und scheinet über die Zeiten Kaiser Karls des IIII
nicht wegzugehen. Die Gründe dieser Muthmassung, die vielleicht bey anderer Gele-
genheit sich entdecken lassen, halte ich für unnöthig, hier her zu schreiben. Daß aber
das Jus Caesareum scriptum, der Kaiser geschrieben Recht, welchem Heinrich der
VII in einer zu Speier 1309 datirten Achtserklärung wider die Mörder Kaiser Alberts
des ersten, gefolget zu seyn gestehet, das römische bürgerliche Recht gewesen sey, be-
lehret uns desselben Jnhalt.
w) Man sehe einmal, wie redlich diese Leute zu Werke gegangen.
§. 16.

Denselbigen Winter war eine Finsterniß, wodurch die Sonne einen guten
Theil des Tages erschrecklich verdunkelt ward x).

x) Godefriedus Colon. beym Jahre 1206: Es entstand eine Sonnenfinsterniß den 28 Febr.
um die zehnte Tagesstunde. Viele bezeugen, sie hätten in der Sonne einen Men-
schenkopf gesehen.
§. 17.

Es war Bischof Albert der erste, der in Deutschland durch alle Flecken,
Strassen und Kirchen umher zog und suchte Ritter auf die mit walfarten wolten.
Er durchreisete Sachsen, Westphalen und Frisland, kam endlich bey der
Hofstadt des Königs Philippi an; und da er von keinem Könige sich einige Hül-
fe versprechen konte, so wandte er sich ans Reich, sprach selbiges an, und erhielt
von demselben mit algemeinem Beyfal des Kaisers und der Stände*) Liefland y).
Vorbesagter König Philippus versprach zwar, daß ihm jährlich hundert Mark
Silbers zur Beysteuer solten gegeben werden z) wenn nur jemand auf Zusage hätte
reich seyn können.

y) Der König Otto war damals nicht am Hofe. Denn wie er von Cöln aufgebrochen,
kam er nach Braunschweig; wie er auch da seine Sachen in Ordnung gebracht, be-
gab er sich zu Schiffe über Meer nach Engeland, wo ihn der König, sein Herr Vetter
von mütterlicher Seite, und alle dessen Lords, mit grossen Ehrenbezeigungen aufnahmen,
und eine Zeitlang bey sich behielten, sagt eben dieser Gottfried von Cöln l. c. Uebri-
gens komt noch eine andere Stelle unter folgendem Jahre n. 3 vor, da das Reich ein
Recht auf Liefland affectiret.
z) Hier sind die Worte: Quod diuitem fecisset**), oder sonst von gleichem Jnhalt,
verloren gegangen.


Des
*) Ju dem Revelschen Manuscript stehet blos: ad imperium se conuertit & Liuoniam ab imperio
recipit.
**) Das Revelsche Manuscript hat blos die Aenderung: si promissis suis quispiam diues esse poterit.
Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, achtes Jahr, von 1205 bis 1206.
1205dem Groſſen und denen Kaiſern, Ottonen, an die Sachſen gekommen: ſo iſt es
durch Einbildung des Poͤbels, die kurz hernach der Zuſammenflicker des Sachſenſpie-
gels
in Schriften ausgebreitet, wohl moͤglich geweſen, daß man dieſe die Rechte der
Chriſtlichen Kaiſer genennet hat. Denn jenes Jus Cæſareum Germanicum, ſo unter
dem Titel Keiſer-Recht noch ungedruckt herumwandert, obgleich ich einige Spuren
ſeines Gebrauchs in dieſen Laͤndern, ſonderlich zu Luͤneburg und Hildesheim finde,
iſt doch eine viel neuere Geburt, und ſcheinet uͤber die Zeiten Kaiſer Karls des IIII
nicht wegzugehen. Die Gruͤnde dieſer Muthmaſſung, die vielleicht bey anderer Gele-
genheit ſich entdecken laſſen, halte ich fuͤr unnoͤthig, hier her zu ſchreiben. Daß aber
das Jus Cæſareum ſcriptum, der Kaiſer geſchrieben Recht, welchem Heinrich der
VII in einer zu Speier 1309 datirten Achtserklaͤrung wider die Moͤrder Kaiſer Alberts
des erſten, gefolget zu ſeyn geſtehet, das roͤmiſche buͤrgerliche Recht geweſen ſey, be-
lehret uns deſſelben Jnhalt.
w) Man ſehe einmal, wie redlich dieſe Leute zu Werke gegangen.
§. 16.

Denſelbigen Winter war eine Finſterniß, wodurch die Sonne einen guten
Theil des Tages erſchrecklich verdunkelt ward x).

x) Godefriedus Colon. beym Jahre 1206: Es entſtand eine Sonnenfinſterniß den 28 Febr.
um die zehnte Tagesſtunde. Viele bezeugen, ſie haͤtten in der Sonne einen Men-
ſchenkopf geſehen.
§. 17.

Es war Biſchof Albert der erſte, der in Deutſchland durch alle Flecken,
Straſſen und Kirchen umher zog und ſuchte Ritter auf die mit walfarten wolten.
Er durchreiſete Sachſen, Weſtphalen und Frisland, kam endlich bey der
Hofſtadt des Koͤnigs Philippi an; und da er von keinem Koͤnige ſich einige Huͤl-
fe verſprechen konte, ſo wandte er ſich ans Reich, ſprach ſelbiges an, und erhielt
von demſelben mit algemeinem Beyfal des Kaiſers und der Staͤnde*) Liefland y).
Vorbeſagter Koͤnig Philippus verſprach zwar, daß ihm jaͤhrlich hundert Mark
Silbers zur Beyſteuer ſolten gegeben werden z) wenn nur jemand auf Zuſage haͤtte
reich ſeyn koͤnnen.

y) Der Koͤnig Otto war damals nicht am Hofe. Denn wie er von Coͤln aufgebrochen,
kam er nach Braunſchweig; wie er auch da ſeine Sachen in Ordnung gebracht, be-
gab er ſich zu Schiffe uͤber Meer nach Engeland, wo ihn der Koͤnig, ſein Herr Vetter
von muͤtterlicher Seite, und alle deſſen Lords, mit groſſen Ehrenbezeigungen aufnahmen,
und eine Zeitlang bey ſich behielten, ſagt eben dieſer Gottfried von Coͤln l. c. Uebri-
gens komt noch eine andere Stelle unter folgendem Jahre n. 3 vor, da das Reich ein
Recht auf Liefland affectiret.
z) Hier ſind die Worte: Quod diuitem feciſſet**), oder ſonſt von gleichem Jnhalt,
verloren gegangen.


Des
*) Ju dem Revelſchen Manuſcript ſtehet blos: ad imperium ſe conuertit & Liuoniam ab imperio
recipit.
**) Das Revelſche Manuſcript hat blos die Aenderung: ſi promiſſis ſuis quispiam diues eſſe poterit.
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[58/0090] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, achtes Jahr, von 1205 bis 1206. u⁾ dem Groſſen und denen Kaiſern, Ottonen, an die Sachſen gekommen: ſo iſt es durch Einbildung des Poͤbels, die kurz hernach der Zuſammenflicker des Sachſenſpie- gels in Schriften ausgebreitet, wohl moͤglich geweſen, daß man dieſe die Rechte der Chriſtlichen Kaiſer genennet hat. Denn jenes Jus Cæſareum Germanicum, ſo unter dem Titel Keiſer-Recht noch ungedruckt herumwandert, obgleich ich einige Spuren ſeines Gebrauchs in dieſen Laͤndern, ſonderlich zu Luͤneburg und Hildesheim finde, iſt doch eine viel neuere Geburt, und ſcheinet uͤber die Zeiten Kaiſer Karls des IIII nicht wegzugehen. Die Gruͤnde dieſer Muthmaſſung, die vielleicht bey anderer Gele- genheit ſich entdecken laſſen, halte ich fuͤr unnoͤthig, hier her zu ſchreiben. Daß aber das Jus Cæſareum ſcriptum, der Kaiſer geſchrieben Recht, welchem Heinrich der VII in einer zu Speier 1309 datirten Achtserklaͤrung wider die Moͤrder Kaiſer Alberts des erſten, gefolget zu ſeyn geſtehet, das roͤmiſche buͤrgerliche Recht geweſen ſey, be- lehret uns deſſelben Jnhalt. w⁾ Man ſehe einmal, wie redlich dieſe Leute zu Werke gegangen. §. 16. Denſelbigen Winter war eine Finſterniß, wodurch die Sonne einen guten Theil des Tages erſchrecklich verdunkelt ward x⁾ . x⁾ Godefriedus Colon. beym Jahre 1206: Es entſtand eine Sonnenfinſterniß den 28 Febr. um die zehnte Tagesſtunde. Viele bezeugen, ſie haͤtten in der Sonne einen Men- ſchenkopf geſehen. §. 17. Es war Biſchof Albert der erſte, der in Deutſchland durch alle Flecken, Straſſen und Kirchen umher zog und ſuchte Ritter auf die mit walfarten wolten. Er durchreiſete Sachſen, Weſtphalen und Frisland, kam endlich bey der Hofſtadt des Koͤnigs Philippi an; und da er von keinem Koͤnige ſich einige Huͤl- fe verſprechen konte, ſo wandte er ſich ans Reich, ſprach ſelbiges an, und erhielt von demſelben mit algemeinem Beyfal des Kaiſers und der Staͤnde *) Liefland y⁾ . Vorbeſagter Koͤnig Philippus verſprach zwar, daß ihm jaͤhrlich hundert Mark Silbers zur Beyſteuer ſolten gegeben werden z⁾ wenn nur jemand auf Zuſage haͤtte reich ſeyn koͤnnen. y⁾ Der Koͤnig Otto war damals nicht am Hofe. Denn wie er von Coͤln aufgebrochen, kam er nach Braunſchweig; wie er auch da ſeine Sachen in Ordnung gebracht, be- gab er ſich zu Schiffe uͤber Meer nach Engeland, wo ihn der Koͤnig, ſein Herr Vetter von muͤtterlicher Seite, und alle deſſen Lords, mit groſſen Ehrenbezeigungen aufnahmen, und eine Zeitlang bey ſich behielten, ſagt eben dieſer Gottfried von Coͤln l. c. Uebri- gens komt noch eine andere Stelle unter folgendem Jahre n. 3 vor, da das Reich ein Recht auf Liefland affectiret. z⁾ Hier ſind die Worte: Quod diuitem feciſſet **), oder ſonſt von gleichem Jnhalt, verloren gegangen. Des *) Ju dem Revelſchen Manuſcript ſtehet blos: ad imperium ſe conuertit & Liuoniam ab imperio recipit. **) Das Revelſche Manuſcript hat blos die Aenderung: ſi promiſſis ſuis quispiam diues eſſe poterit.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/90>, abgerufen am 23.11.2024.