Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

Bild:
<< vorherige Seite
Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1561

Das darin bestätigte Erbrecht auf alle Lehngüter ist der unschätzbare Preis für ih-
re gutwillige Unterwerfung gewesen. Als die Republik und folgende Könige in
so kostbaren Kriegen mit den Russen Liefland gleichsam von neuen kaufen mu-
sten; so schienen die Pohlen mit diesem von Sigismund versiegelten Diplo-
ma nicht gänzlich zu frieden zu seyn.

Mit
rung der Privilegien zu suchen hatten, und solche auch in Betrachtung so vieler
Mitwerber um Liefland von dem bedächtigen Könige Sigismund August bei-
hülflich erhalten konten; 2) aus dem Zeugnis zweier alten Chronikenschreiber, des
Chyträus, welchen von dem pohlnischen Secretair David Hilken eine Abschrift
davon erhalten, und Hennings, welcher als herrmeisterlicher Secretair den Handel
selbst entwerfen helfen. So viel ist unstreitig, daß der König Stephanus die Be-
stätigung dieses Privilegii zu ertheilen sich weigert, welches auch Menius in Prodr.
S. 33 bezeuget, folglich das Privilegium selbst da gewesen seyn mus; 3) aus der
pohlnischen Generalrevision von 1599, worin es als ein urkundliches Document er-
kant worden, welches der damalige Landmarschal Johan von Tiesenhausen in der
Urschrift aufzuweisen gehabt; 4) aus der urkundlichen Genehmhaltung der litthaui-
schen
Stände vom Jahr 1572. 5) aus 2 beglaubten Abschriften desselben, worunter
die eine von dem Grafen Jacob de la Gardie, als Präses der 1627 gehaltenen Gene-
ralrevision, die andere aber von dem Feldherrn Gustav Horn und dem Gouverneur
Andreas Erichson 1629 beglaubiget worden, aus welchen Urschriften man dieselbe 1670
in das Corpus Priuilegiorum übertragen: Doch beide Abschriften waren so wol als
ihr Original verloren gegangen, bis endlich der Herr Cammerjunker Clodt von Jür-
gensburg
das Vidimatum principale von 1627 in ganz gutem Stande auf dem Landtage
1730 wieder eingeliefert; 6) aus seiner Gültigkeit, die es 130 Jahr hindurch gehabt, ehe
man dasselbe angefochten, und aus dem noch fortdaurenden Gebrauch desselben in Cur-
land
*). Eine zum Zweifeln sehr aufgelegte Feder hat wider diese Beweistümer eins
und das andere erinnern wollen: es haben aber geschickte Männer schon seit dem Jahr
1690 das Daseyn dieses Privilegii von dem 6ten Tage nach Catharinen mit den bün-
digsten Gründe erhärtet; wie denn nicht nur Peter der Grosse solches seiner Bestäti-
gung würdig geachtet, sondern dasselbe auch von allen Nachfolgern seines Reichs für
gültig erkant, von der Kaiserin Anna aber und unsrer allergnädigsten Kaiserin Eli-
sabeth
so gar mit ausdrücklicher Benennung des Datums aufs allerfeierlichste bestä-
tiget worden. Man trift dasselbige auch mit dem berühmten Diplomate Radziviliano
vom 1sten Merz 1562 in den Collectaneis Liuonicis an. Doch da forschbegierige Liebhaber
dergleichen selten gewordene Bücher auch um doppelt Geld nicht mehr habhaftig wer-
den können, so hoffen wir ihnen einen Gefallen zu thun, wenn wir ihnen das ganze
merkwürdige Privilegium hier zu lesen geben. Es ist mit allen Auctoribus genau ver-
glichen, die vielen Druckfehler in selbigen gehoben, und die Uebersetzung von einem hier
studirenden jungen Herrn von Adel verfertiget, die wir mit Fleis selbst nachgesehen,
und daher für ihre Richtigkeit stehen können.
Priui-
*) Ein gar wichtiger Beweis für die königliche Unterzeichnung des Privilegii liegt in David Hil-
chens
Aufsatz eines Landrechts, welcher das vornehmste Stück des Privilegii, nemlich das gleich-
förmige Erbrecht des ganzen liefländischen Adels als bestätiget zum Grunde leget. Da dieses
Werk durch die Censur der Deputirten aus 3 Kreisen gegangen, die es genehmiget und unter-
schrieben, auch dem Könige mit aller Zuversicht vorgeleget haben, und niemand dawieder einen
Zweifel eingewandt; so läst sich daraus freilich auf dessen wirkliches Daseyn schliessen. Gleich-
wol blieb die Bestätigung aus, wie leicht zu erachten, aus dem vorgefasten Entschlus, die Lief-
länder
einzuschränken, womit die Pohlen doch nicht zu rechte kamen. Mehrere Gründe für
dieses Privilegium giebt uns das Memorial der liefländischen Deputirten in den Collectaneis
Liuonicis
S. 75 und S. 130 an die Hand. Die Könige von Pohlen bestätigten nicht nur alle
Erbrechte, sondern liessen die Liefländer auch im Gebrauch ihres alten deutschen und eignen
Rechts. Zwar sind des Königs Stephani Constitutiones Liuonicae zu Cracau 1583 bey Ni-
colaus Scharffenberg
gedruckt, aus welcher Schrift sie Gvagnini genommen. Doch sind
sie mehr pro forma iudiciorum als für ein certum ius anzusehen. Manchmal verwiesen die
Pohlen auch Processe an das Jus Magdeburgense, worunter sie aber das liefländische Landübli-
che Recht verstanden, weil es mit dem Sachsenspiegel überein kam, dessen Geburtsstadt Magde-
burg
gewesen.
Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1561

Das darin beſtaͤtigte Erbrecht auf alle Lehnguͤter iſt der unſchaͤtzbare Preis fuͤr ih-
re gutwillige Unterwerfung geweſen. Als die Republik und folgende Koͤnige in
ſo koſtbaren Kriegen mit den Ruſſen Liefland gleichſam von neuen kaufen mu-
ſten; ſo ſchienen die Pohlen mit dieſem von Sigismund verſiegelten Diplo-
ma nicht gaͤnzlich zu frieden zu ſeyn.

Mit
rung der Privilegien zu ſuchen hatten, und ſolche auch in Betrachtung ſo vieler
Mitwerber um Liefland von dem bedaͤchtigen Koͤnige Sigismund Auguſt bei-
huͤlflich erhalten konten; 2) aus dem Zeugnis zweier alten Chronikenſchreiber, des
Chytraͤus, welchen von dem pohlniſchen Secretair David Hilken eine Abſchrift
davon erhalten, und Hennings, welcher als herrmeiſterlicher Secretair den Handel
ſelbſt entwerfen helfen. So viel iſt unſtreitig, daß der Koͤnig Stephanus die Be-
ſtaͤtigung dieſes Privilegii zu ertheilen ſich weigert, welches auch Menius in Prodr.
S. 33 bezeuget, folglich das Privilegium ſelbſt da geweſen ſeyn mus; 3) aus der
pohlniſchen Generalreviſion von 1599, worin es als ein urkundliches Document er-
kant worden, welches der damalige Landmarſchal Johan von Tieſenhauſen in der
Urſchrift aufzuweiſen gehabt; 4) aus der urkundlichen Genehmhaltung der litthaui-
ſchen
Staͤnde vom Jahr 1572. 5) aus 2 beglaubten Abſchriften deſſelben, worunter
die eine von dem Grafen Jacob de la Gardie, als Praͤſes der 1627 gehaltenen Gene-
ralreviſion, die andere aber von dem Feldherrn Guſtav Horn und dem Gouverneur
Andreas Erichſon 1629 beglaubiget worden, aus welchen Urſchriften man dieſelbe 1670
in das Corpus Priuilegiorum uͤbertragen: Doch beide Abſchriften waren ſo wol als
ihr Original verloren gegangen, bis endlich der Herr Cammerjunker Clodt von Juͤr-
gensburg
das Vidimatum principale von 1627 in ganz gutem Stande auf dem Landtage
1730 wieder eingeliefert; 6) aus ſeiner Guͤltigkeit, die es 130 Jahr hindurch gehabt, ehe
man daſſelbe angefochten, und aus dem noch fortdaurenden Gebrauch deſſelben in Cur-
land
*). Eine zum Zweifeln ſehr aufgelegte Feder hat wider dieſe Beweistuͤmer eins
und das andere erinnern wollen: es haben aber geſchickte Maͤnner ſchon ſeit dem Jahr
1690 das Daſeyn dieſes Privilegii von dem 6ten Tage nach Catharinen mit den buͤn-
digſten Gruͤnde erhaͤrtet; wie denn nicht nur Peter der Groſſe ſolches ſeiner Beſtaͤti-
gung wuͤrdig geachtet, ſondern daſſelbe auch von allen Nachfolgern ſeines Reichs fuͤr
guͤltig erkant, von der Kaiſerin Anna aber und unſrer allergnaͤdigſten Kaiſerin Eli-
ſabeth
ſo gar mit ausdruͤcklicher Benennung des Datums aufs allerfeierlichſte beſtaͤ-
tiget worden. Man trift daſſelbige auch mit dem beruͤhmten Diplomate Radziviliano
vom 1ſten Merz 1562 in den Collectaneis Liuonicis an. Doch da forſchbegierige Liebhaber
dergleichen ſelten gewordene Buͤcher auch um doppelt Geld nicht mehr habhaftig wer-
den koͤnnen, ſo hoffen wir ihnen einen Gefallen zu thun, wenn wir ihnen das ganze
merkwuͤrdige Privilegium hier zu leſen geben. Es iſt mit allen Auctoribus genau ver-
glichen, die vielen Druckfehler in ſelbigen gehoben, und die Ueberſetzung von einem hier
ſtudirenden jungen Herrn von Adel verfertiget, die wir mit Fleis ſelbſt nachgeſehen,
und daher fuͤr ihre Richtigkeit ſtehen koͤnnen.
Priui-
*) Ein gar wichtiger Beweis fuͤr die koͤnigliche Unterzeichnung des Privilegii liegt in David Hil-
chens
Aufſatz eines Landrechts, welcher das vornehmſte Stuͤck des Privilegii, nemlich das gleich-
foͤrmige Erbrecht des ganzen lieflaͤndiſchen Adels als beſtaͤtiget zum Grunde leget. Da dieſes
Werk durch die Cenſur der Deputirten aus 3 Kreiſen gegangen, die es genehmiget und unter-
ſchrieben, auch dem Koͤnige mit aller Zuverſicht vorgeleget haben, und niemand dawieder einen
Zweifel eingewandt; ſo laͤſt ſich daraus freilich auf deſſen wirkliches Daſeyn ſchlieſſen. Gleich-
wol blieb die Beſtaͤtigung aus, wie leicht zu erachten, aus dem vorgefaſten Entſchlus, die Lief-
laͤnder
einzuſchraͤnken, womit die Pohlen doch nicht zu rechte kamen. Mehrere Gruͤnde fuͤr
dieſes Privilegium giebt uns das Memorial der lieflaͤndiſchen Deputirten in den Collectaneis
Liuonicis
S. 75 und S. 130 an die Hand. Die Koͤnige von Pohlen beſtaͤtigten nicht nur alle
Erbrechte, ſondern lieſſen die Lieflaͤnder auch im Gebrauch ihres alten deutſchen und eignen
Rechts. Zwar ſind des Koͤnigs Stephani Conſtitutiones Liuonicae zu Cracau 1583 bey Ni-
colaus Scharffenberg
gedruckt, aus welcher Schrift ſie Gvagnini genommen. Doch ſind
ſie mehr pro forma iudiciorum als fuͤr ein certum ius anzuſehen. Manchmal verwieſen die
Pohlen auch Proceſſe an das Jus Magdeburgenſe, worunter ſie aber das lieflaͤndiſche Landuͤbli-
che Recht verſtanden, weil es mit dem Sachſenſpiegel uͤberein kam, deſſen Geburtsſtadt Magde-
burg
geweſen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0294" n="276"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leben und Thaten der liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ordensmei&#x017F;ter,</hi> </fw><lb/>
        <note place="left">1561</note>
        <p>Das darin be&#x017F;ta&#x0364;tigte Erbrecht auf alle Lehngu&#x0364;ter i&#x017F;t der un&#x017F;cha&#x0364;tzbare Preis fu&#x0364;r ih-<lb/>
re gutwillige Unterwerfung gewe&#x017F;en. Als die Republik und folgende Ko&#x0364;nige in<lb/>
&#x017F;o ko&#x017F;tbaren Kriegen mit den <hi rendition="#fr">Ru&#x017F;&#x017F;en Liefland</hi> gleich&#x017F;am von neuen kaufen mu-<lb/>
&#x017F;ten; &#x017F;o &#x017F;chienen die <hi rendition="#fr">Pohlen</hi> mit die&#x017F;em von <hi rendition="#fr">Sigismund</hi> ver&#x017F;iegelten Diplo-<lb/>
ma nicht ga&#x0364;nzlich zu frieden zu &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Mit</fw><lb/>
        <note next="#i68" xml:id="i67" prev="#i66" place="foot" n="t)">rung der Privilegien zu &#x017F;uchen hatten, und &#x017F;olche auch in Betrachtung &#x017F;o vieler<lb/>
Mitwerber um <hi rendition="#fr">Liefland</hi> von dem beda&#x0364;chtigen Ko&#x0364;nige <hi rendition="#fr">Sigismund Augu&#x017F;t</hi> bei-<lb/>
hu&#x0364;lflich erhalten konten; 2) aus dem Zeugnis zweier alten Chroniken&#x017F;chreiber, des<lb/><hi rendition="#fr">Chytra&#x0364;us,</hi> welchen von dem <hi rendition="#fr">pohlni&#x017F;chen</hi> Secretair <hi rendition="#fr">David Hilken</hi> eine Ab&#x017F;chrift<lb/>
davon erhalten, und <hi rendition="#fr">Hennings,</hi> welcher als herrmei&#x017F;terlicher Secretair den Handel<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t entwerfen helfen. So viel i&#x017F;t un&#x017F;treitig, daß der Ko&#x0364;nig <hi rendition="#fr">Stephanus</hi> die Be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;tigung die&#x017F;es Privilegii zu ertheilen &#x017F;ich weigert, welches auch <hi rendition="#fr">Menius</hi> <hi rendition="#aq">in Prodr.</hi><lb/>
S. 33 bezeuget, folglich das Privilegium &#x017F;elb&#x017F;t da gewe&#x017F;en &#x017F;eyn mus; 3) aus der<lb/><hi rendition="#fr">pohlni&#x017F;chen</hi> Generalrevi&#x017F;ion von 1599, worin es als ein urkundliches Document er-<lb/>
kant worden, welches der damalige Landmar&#x017F;chal <hi rendition="#fr">Johan</hi> von <hi rendition="#fr">Tie&#x017F;enhau&#x017F;en</hi> in der<lb/>
Ur&#x017F;chrift aufzuwei&#x017F;en gehabt; 4) aus der urkundlichen Genehmhaltung der <hi rendition="#fr">litthaui-<lb/>
&#x017F;chen</hi> Sta&#x0364;nde vom Jahr 1572. 5) aus 2 beglaubten Ab&#x017F;chriften de&#x017F;&#x017F;elben, worunter<lb/>
die eine von dem Grafen <hi rendition="#fr">Jacob de la Gardie,</hi> als Pra&#x0364;&#x017F;es der 1627 gehaltenen Gene-<lb/>
ralrevi&#x017F;ion, die andere aber von dem Feldherrn <hi rendition="#fr">Gu&#x017F;tav Horn</hi> und dem Gouverneur<lb/><hi rendition="#fr">Andreas Erich&#x017F;on</hi> 1629 beglaubiget worden, aus welchen Ur&#x017F;chriften man die&#x017F;elbe 1670<lb/>
in das <hi rendition="#aq">Corpus Priuilegiorum</hi> u&#x0364;bertragen: Doch beide Ab&#x017F;chriften waren &#x017F;o wol als<lb/>
ihr Original verloren gegangen, bis endlich der Herr Cammerjunker <hi rendition="#fr">Clodt</hi> von <hi rendition="#fr">Ju&#x0364;r-<lb/>
gensburg</hi> das <hi rendition="#aq">Vidimatum principale</hi> von 1627 in ganz gutem Stande auf dem Landtage<lb/>
1730 wieder eingeliefert; 6) aus &#x017F;einer Gu&#x0364;ltigkeit, die es 130 Jahr hindurch gehabt, ehe<lb/>
man da&#x017F;&#x017F;elbe angefochten, und aus dem noch fortdaurenden Gebrauch de&#x017F;&#x017F;elben in <hi rendition="#fr">Cur-<lb/>
land</hi> <note place="foot" n="*)">Ein gar wichtiger <hi rendition="#fr">Beweis</hi> fu&#x0364;r die ko&#x0364;nigliche Unterzeichnung des Privilegii liegt in <hi rendition="#fr">David Hil-<lb/>
chens</hi> Auf&#x017F;atz eines Landrechts, welcher das vornehm&#x017F;te Stu&#x0364;ck des Privilegii, nemlich das gleich-<lb/>
fo&#x0364;rmige Erbrecht des ganzen <hi rendition="#fr">liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen</hi> Adels als be&#x017F;ta&#x0364;tiget zum Grunde leget. Da die&#x017F;es<lb/>
Werk durch die Cen&#x017F;ur der Deputirten aus 3 Krei&#x017F;en gegangen, die es genehmiget und unter-<lb/>
&#x017F;chrieben, auch dem Ko&#x0364;nige mit aller Zuver&#x017F;icht vorgeleget haben, und niemand dawieder einen<lb/>
Zweifel eingewandt; &#x017F;o la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich daraus freilich auf de&#x017F;&#x017F;en wirkliches Da&#x017F;eyn &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en. Gleich-<lb/>
wol blieb die Be&#x017F;ta&#x0364;tigung aus, wie leicht zu erachten, aus dem vorgefa&#x017F;ten Ent&#x017F;chlus, die <hi rendition="#fr">Lief-<lb/>
la&#x0364;nder</hi> einzu&#x017F;chra&#x0364;nken, womit die <hi rendition="#fr">Pohlen</hi> doch nicht zu rechte kamen. Mehrere Gru&#x0364;nde fu&#x0364;r<lb/>
die&#x017F;es Privilegium giebt uns das Memorial der <hi rendition="#fr">liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen</hi> Deputirten in den <hi rendition="#aq">Collectaneis<lb/>
Liuonicis</hi> S. 75 und S. 130 an die Hand. Die Ko&#x0364;nige von <hi rendition="#fr">Pohlen</hi> be&#x017F;ta&#x0364;tigten nicht nur alle<lb/>
Erbrechte, &#x017F;ondern lie&#x017F;&#x017F;en die <hi rendition="#fr">Liefla&#x0364;nder</hi> auch im Gebrauch ihres alten <hi rendition="#fr">deut&#x017F;chen</hi> und eignen<lb/>
Rechts. Zwar &#x017F;ind des Ko&#x0364;nigs <hi rendition="#fr">Stephani</hi> <hi rendition="#aq">Con&#x017F;titutiones Liuonicae</hi> zu <hi rendition="#fr">Cracau</hi> 1583 bey <hi rendition="#fr">Ni-<lb/>
colaus Scharffenberg</hi> gedruckt, aus welcher Schrift &#x017F;ie <hi rendition="#fr">Gvagnini</hi> genommen. Doch &#x017F;ind<lb/>
&#x017F;ie mehr <hi rendition="#aq">pro forma iudiciorum</hi> als fu&#x0364;r ein <hi rendition="#aq">certum ius</hi> anzu&#x017F;ehen. Manchmal verwie&#x017F;en die<lb/><hi rendition="#fr">Pohlen</hi> auch Proce&#x017F;&#x017F;e an das <hi rendition="#aq">Jus Magdeburgen&#x017F;e,</hi> worunter &#x017F;ie aber das <hi rendition="#fr">liefla&#x0364;ndi&#x017F;che</hi> Landu&#x0364;bli-<lb/>
che Recht ver&#x017F;tanden, weil es mit dem Sach&#x017F;en&#x017F;piegel u&#x0364;berein kam, de&#x017F;&#x017F;en Geburts&#x017F;tadt <hi rendition="#fr">Magde-<lb/>
burg</hi> gewe&#x017F;en.</note>. Eine zum Zweifeln &#x017F;ehr aufgelegte Feder hat wider die&#x017F;e Beweistu&#x0364;mer eins<lb/>
und das andere erinnern wollen: es haben aber ge&#x017F;chickte Ma&#x0364;nner &#x017F;chon &#x017F;eit dem Jahr<lb/>
1690 das Da&#x017F;eyn die&#x017F;es Privilegii von dem 6ten Tage nach <hi rendition="#fr">Catharinen</hi> mit den bu&#x0364;n-<lb/>
dig&#x017F;ten Gru&#x0364;nde erha&#x0364;rtet; wie denn nicht nur <hi rendition="#fr">Peter</hi> der Gro&#x017F;&#x017F;e &#x017F;olches &#x017F;einer Be&#x017F;ta&#x0364;ti-<lb/>
gung wu&#x0364;rdig geachtet, &#x017F;ondern da&#x017F;&#x017F;elbe auch von allen Nachfolgern &#x017F;eines Reichs fu&#x0364;r<lb/>
gu&#x0364;ltig erkant, von der Kai&#x017F;erin <hi rendition="#fr">Anna</hi> aber und un&#x017F;rer allergna&#x0364;dig&#x017F;ten Kai&#x017F;erin <hi rendition="#fr">Eli-<lb/>
&#x017F;abeth</hi> &#x017F;o gar mit ausdru&#x0364;cklicher Benennung des Datums aufs allerfeierlich&#x017F;te be&#x017F;ta&#x0364;-<lb/>
tiget worden. Man trift da&#x017F;&#x017F;elbige auch mit dem beru&#x0364;hmten <hi rendition="#aq">Diplomate Radziviliano</hi><lb/>
vom 1&#x017F;ten Merz 1562 in den <hi rendition="#aq">Collectaneis Liuonicis</hi> an. Doch da for&#x017F;chbegierige Liebhaber<lb/>
dergleichen &#x017F;elten gewordene Bu&#x0364;cher auch um doppelt Geld nicht mehr habhaftig wer-<lb/>
den ko&#x0364;nnen, &#x017F;o hoffen wir ihnen einen Gefallen zu thun, wenn wir ihnen das ganze<lb/>
merkwu&#x0364;rdige Privilegium hier zu le&#x017F;en geben. Es i&#x017F;t mit allen Auctoribus genau ver-<lb/>
glichen, die vielen Druckfehler in &#x017F;elbigen gehoben, und die Ueber&#x017F;etzung von einem hier<lb/>
&#x017F;tudirenden jungen Herrn von Adel verfertiget, die wir mit Fleis &#x017F;elb&#x017F;t nachge&#x017F;ehen,<lb/>
und daher fu&#x0364;r ihre Richtigkeit &#x017F;tehen ko&#x0364;nnen.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Priui-</hi></fw></note><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0294] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, Das darin beſtaͤtigte Erbrecht auf alle Lehnguͤter iſt der unſchaͤtzbare Preis fuͤr ih- re gutwillige Unterwerfung geweſen. Als die Republik und folgende Koͤnige in ſo koſtbaren Kriegen mit den Ruſſen Liefland gleichſam von neuen kaufen mu- ſten; ſo ſchienen die Pohlen mit dieſem von Sigismund verſiegelten Diplo- ma nicht gaͤnzlich zu frieden zu ſeyn. Mit t) t) rung der Privilegien zu ſuchen hatten, und ſolche auch in Betrachtung ſo vieler Mitwerber um Liefland von dem bedaͤchtigen Koͤnige Sigismund Auguſt bei- huͤlflich erhalten konten; 2) aus dem Zeugnis zweier alten Chronikenſchreiber, des Chytraͤus, welchen von dem pohlniſchen Secretair David Hilken eine Abſchrift davon erhalten, und Hennings, welcher als herrmeiſterlicher Secretair den Handel ſelbſt entwerfen helfen. So viel iſt unſtreitig, daß der Koͤnig Stephanus die Be- ſtaͤtigung dieſes Privilegii zu ertheilen ſich weigert, welches auch Menius in Prodr. S. 33 bezeuget, folglich das Privilegium ſelbſt da geweſen ſeyn mus; 3) aus der pohlniſchen Generalreviſion von 1599, worin es als ein urkundliches Document er- kant worden, welches der damalige Landmarſchal Johan von Tieſenhauſen in der Urſchrift aufzuweiſen gehabt; 4) aus der urkundlichen Genehmhaltung der litthaui- ſchen Staͤnde vom Jahr 1572. 5) aus 2 beglaubten Abſchriften deſſelben, worunter die eine von dem Grafen Jacob de la Gardie, als Praͤſes der 1627 gehaltenen Gene- ralreviſion, die andere aber von dem Feldherrn Guſtav Horn und dem Gouverneur Andreas Erichſon 1629 beglaubiget worden, aus welchen Urſchriften man dieſelbe 1670 in das Corpus Priuilegiorum uͤbertragen: Doch beide Abſchriften waren ſo wol als ihr Original verloren gegangen, bis endlich der Herr Cammerjunker Clodt von Juͤr- gensburg das Vidimatum principale von 1627 in ganz gutem Stande auf dem Landtage 1730 wieder eingeliefert; 6) aus ſeiner Guͤltigkeit, die es 130 Jahr hindurch gehabt, ehe man daſſelbe angefochten, und aus dem noch fortdaurenden Gebrauch deſſelben in Cur- land *). Eine zum Zweifeln ſehr aufgelegte Feder hat wider dieſe Beweistuͤmer eins und das andere erinnern wollen: es haben aber geſchickte Maͤnner ſchon ſeit dem Jahr 1690 das Daſeyn dieſes Privilegii von dem 6ten Tage nach Catharinen mit den buͤn- digſten Gruͤnde erhaͤrtet; wie denn nicht nur Peter der Groſſe ſolches ſeiner Beſtaͤti- gung wuͤrdig geachtet, ſondern daſſelbe auch von allen Nachfolgern ſeines Reichs fuͤr guͤltig erkant, von der Kaiſerin Anna aber und unſrer allergnaͤdigſten Kaiſerin Eli- ſabeth ſo gar mit ausdruͤcklicher Benennung des Datums aufs allerfeierlichſte beſtaͤ- tiget worden. Man trift daſſelbige auch mit dem beruͤhmten Diplomate Radziviliano vom 1ſten Merz 1562 in den Collectaneis Liuonicis an. Doch da forſchbegierige Liebhaber dergleichen ſelten gewordene Buͤcher auch um doppelt Geld nicht mehr habhaftig wer- den koͤnnen, ſo hoffen wir ihnen einen Gefallen zu thun, wenn wir ihnen das ganze merkwuͤrdige Privilegium hier zu leſen geben. Es iſt mit allen Auctoribus genau ver- glichen, die vielen Druckfehler in ſelbigen gehoben, und die Ueberſetzung von einem hier ſtudirenden jungen Herrn von Adel verfertiget, die wir mit Fleis ſelbſt nachgeſehen, und daher fuͤr ihre Richtigkeit ſtehen koͤnnen. Priui- *) Ein gar wichtiger Beweis fuͤr die koͤnigliche Unterzeichnung des Privilegii liegt in David Hil- chens Aufſatz eines Landrechts, welcher das vornehmſte Stuͤck des Privilegii, nemlich das gleich- foͤrmige Erbrecht des ganzen lieflaͤndiſchen Adels als beſtaͤtiget zum Grunde leget. Da dieſes Werk durch die Cenſur der Deputirten aus 3 Kreiſen gegangen, die es genehmiget und unter- ſchrieben, auch dem Koͤnige mit aller Zuverſicht vorgeleget haben, und niemand dawieder einen Zweifel eingewandt; ſo laͤſt ſich daraus freilich auf deſſen wirkliches Daſeyn ſchlieſſen. Gleich- wol blieb die Beſtaͤtigung aus, wie leicht zu erachten, aus dem vorgefaſten Entſchlus, die Lief- laͤnder einzuſchraͤnken, womit die Pohlen doch nicht zu rechte kamen. Mehrere Gruͤnde fuͤr dieſes Privilegium giebt uns das Memorial der lieflaͤndiſchen Deputirten in den Collectaneis Liuonicis S. 75 und S. 130 an die Hand. Die Koͤnige von Pohlen beſtaͤtigten nicht nur alle Erbrechte, ſondern lieſſen die Lieflaͤnder auch im Gebrauch ihres alten deutſchen und eignen Rechts. Zwar ſind des Koͤnigs Stephani Conſtitutiones Liuonicae zu Cracau 1583 bey Ni- colaus Scharffenberg gedruckt, aus welcher Schrift ſie Gvagnini genommen. Doch ſind ſie mehr pro forma iudiciorum als fuͤr ein certum ius anzuſehen. Manchmal verwieſen die Pohlen auch Proceſſe an das Jus Magdeburgenſe, worunter ſie aber das lieflaͤndiſche Landuͤbli- che Recht verſtanden, weil es mit dem Sachſenſpiegel uͤberein kam, deſſen Geburtsſtadt Magde- burg geweſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/294
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/294>, abgerufen am 22.12.2024.