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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Bisch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung Herman Balckens.
überläst dem Orden das geistl. Recht über Jerwen, wie es sonst die Bischöfe1238
von Estland haben. Zum vierten, der König wil den Orden in der Wyck und auf
Oesel nicht beunruhigen. Zum fünften, beide Theile unterwerfen sich in den
Grenzstreitigkeiten den Aussprüchen der Bischöfe von Liefland von Estland frei-
willig. Zum sechsten, dem Orden wird zuletzt die Auszahlung aller bisher gehobenen
Einkünfte aus Estland im weltlichen und geistlichen erlassen b).

Die anwachsende Macht der Schwerdtbrüder wolte den herschsüchtigen Geist-
lichen nicht länger anstehen. Der Ausgang hat gewiesen, daß die Bischöfe mit dem
deutschen Orden noch schlimmer angekommen. Die ersten sind es aber, über wel-
che der Bischof Heinrich von Oesel, sich in einem Briefe unterm 1sten Merz be-
schweret, daß seine Vasallen die Kirchengüter mit Gewalt an sich rissen und sich aus
dem Ban der Kirche nichts mehr machten. Er meinet auch, der Unfug dieser Leute
könne nicht besser gezähmet, noch der Kirche eher geholfen werden, als durch die Ma-
rien
brüder vom deutschen Hause, daher er, auf erhaltene Volmacht von dem
apostolischen Legaten Wilhelm, mit dem Ordensmeister Herman den Vertrag
gemacht, daß dessen Ordensbrüder den 4ten Theil von der Wyk inne haben solten,
nemlich 7 Kilegunden, und 50 Haken, mit allen Zehnden und Gerechtsamen; nur
daß der Bischof sich die geistliche Obergewalt darüber vorbehält. 300 Haken werden
zur Stiftung einer Domkirche bestimmet, deren Einkünfte 3 Jahr lang auf die Er-
bauung eines Schlosses, Steenberg genant, verwendet werden. Für diese Gefäl-
ligkeit schenken die Brüder den 4ten Theil von Mone an den Bischof. Obbesagtes
Schlos mit seiner Vorstadt wird auf gemeine Kosten erbauet und gleich getheilet. Je-
der Theil hält wenigstens 10 Mann zur Besatzung darin. Den Thurm und das
Schlosthor besetzt der Bischof mit seinen Leuten, ohne dessen Einwilligung die Brüder
auf ihrer Seite keinen Thurm anlegen dürfen. Die Ordensbrüder geloben an, die un-
rechtmäßig entzogenen Kirchengüter in Jahr und Tag denen Verbanneten wieder ab-
zunehmen und den Bischof in allem zu schützen. Papst Clemens der IVte bestätig-
te dieses den 28sten May 1625 zu Viterbo.

Jn diesem Jahr sprengeten 2 liefländische Schiffe mit ausgespanten Segeln
die starke Kette, welche der König von Dännemark vor der Mündung der Trave
ziehen lassen, als er mit dem Grafen Adolph von Holstein die Stadt Lübeck ein-
sperrete. Die Liefländer zogen dadurch in ihrer Handlung von der Stadt viele
Vortheile. Cranz lib. VII, c. 12 hält dieses für lübische Schiffe, die nur aus Lief-
land
gekommen, weil die neuangelegten Städte Revel und Riga noch zu schwach ge-
wesen, eigene Schiffe zu halten. Allein Lübeck war auch so alt nicht. Zur Zeit des
Ordens aber hat die Stadt Riga gar ihre eigene Kriegesschiffe ausgerüstet, warum
solte sie denn nicht auch Kaufmansschiffe haben halten können? Ob aber die Stadt
Riga mit dem dänischen und holsteinischen Hofe es der Handlung wegen ver-
derben wollen, ist eine andre Frage.

Unter den vornehmen Feldzügern in Liefland befand sich dieses Jahr auch,
nach Alberts von Stade Zeugnis, der Graf Adolph von Schauenburg.
Er hatte, wie der Dominikanermönch, Herman von Leerbach, in der Chro-

nik
b) Diesen Vertrag, welchen Huitfeld S. 201 ausführlicher als Pontanus S. 318 lie-
fert, kennen wir aus einer Abschrift, welche die Bischöfe Dieterich von Dörpt und
Conrad zu Oesel 1304 zu Weissenstein davon genommen. Weil Hiärne und an-
dre die Ordensvereinigung weiter hinaussetzen, so können sie freilich nicht begreifen,
wie Balcke in einem Jahre so vielerley Geschäfte in Deutschland, Jtalien, Dän-
nemark
und Liefland besorgen können. Die Dänen datiren die Urkunde vom 9ten
May. Wir folgen der unsrigen, nach welcher der König Waldemar, sein Thronfol-
ger Erich und seine andern Prinzen, die Herzoge Abel und Christoph, ingleichen
Herr Uffo, Erzbischof zu Lund, Wilhelm päpstl. Legate, Peter zu Aarhus,
Nicolaus
zu Rotschild, Johann zu Borclum, Bischöfe, Johann, Arn-
frid, Bonin
Predigerordens, Reynard und Albert, Minoriten, die Grafen
Albrecht und Ernst von Gleichen, der Gebietiger oder Ordensmeister Herman,
und die besten des Königreichs Dacien dabey zugegen gewesen. Der Papst Jnno-
centius
der IVte bestätigte diesen Vertrag zu Anagni am 24sten September 1243.
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Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung Herman Balckens.
uͤberlaͤſt dem Orden das geiſtl. Recht uͤber Jerwen, wie es ſonſt die Biſchoͤfe1238
von Eſtland haben. Zum vierten, der Koͤnig wil den Orden in der Wyck und auf
Oeſel nicht beunruhigen. Zum fuͤnften, beide Theile unterwerfen ſich in den
Grenzſtreitigkeiten den Ausſpruͤchen der Biſchoͤfe von Liefland von Eſtland frei-
willig. Zum ſechſten, dem Orden wird zuletzt die Auszahlung aller bisher gehobenen
Einkuͤnfte aus Eſtland im weltlichen und geiſtlichen erlaſſen b).

Die anwachſende Macht der Schwerdtbruͤder wolte den herſchſuͤchtigen Geiſt-
lichen nicht laͤnger anſtehen. Der Ausgang hat gewieſen, daß die Biſchoͤfe mit dem
deutſchen Orden noch ſchlimmer angekommen. Die erſten ſind es aber, uͤber wel-
che der Biſchof Heinrich von Oeſel, ſich in einem Briefe unterm 1ſten Merz be-
ſchweret, daß ſeine Vaſallen die Kirchenguͤter mit Gewalt an ſich riſſen und ſich aus
dem Ban der Kirche nichts mehr machten. Er meinet auch, der Unfug dieſer Leute
koͤnne nicht beſſer gezaͤhmet, noch der Kirche eher geholfen werden, als durch die Ma-
rien
bruͤder vom deutſchen Hauſe, daher er, auf erhaltene Volmacht von dem
apoſtoliſchen Legaten Wilhelm, mit dem Ordensmeiſter Herman den Vertrag
gemacht, daß deſſen Ordensbruͤder den 4ten Theil von der Wyk inne haben ſolten,
nemlich 7 Kilegunden, und 50 Haken, mit allen Zehnden und Gerechtſamen; nur
daß der Biſchof ſich die geiſtliche Obergewalt daruͤber vorbehaͤlt. 300 Haken werden
zur Stiftung einer Domkirche beſtimmet, deren Einkuͤnfte 3 Jahr lang auf die Er-
bauung eines Schloſſes, Steenberg genant, verwendet werden. Fuͤr dieſe Gefaͤl-
ligkeit ſchenken die Bruͤder den 4ten Theil von Mone an den Biſchof. Obbeſagtes
Schlos mit ſeiner Vorſtadt wird auf gemeine Koſten erbauet und gleich getheilet. Je-
der Theil haͤlt wenigſtens 10 Mann zur Beſatzung darin. Den Thurm und das
Schlosthor beſetzt der Biſchof mit ſeinen Leuten, ohne deſſen Einwilligung die Bruͤder
auf ihrer Seite keinen Thurm anlegen duͤrfen. Die Ordensbruͤder geloben an, die un-
rechtmaͤßig entzogenen Kirchenguͤter in Jahr und Tag denen Verbanneten wieder ab-
zunehmen und den Biſchof in allem zu ſchuͤtzen. Papſt Clemens der IVte beſtaͤtig-
te dieſes den 28ſten May 1625 zu Viterbo.

Jn dieſem Jahr ſprengeten 2 lieflaͤndiſche Schiffe mit ausgeſpanten Segeln
die ſtarke Kette, welche der Koͤnig von Daͤnnemark vor der Muͤndung der Trave
ziehen laſſen, als er mit dem Grafen Adolph von Holſtein die Stadt Luͤbeck ein-
ſperrete. Die Lieflaͤnder zogen dadurch in ihrer Handlung von der Stadt viele
Vortheile. Cranz lib. VII, c. 12 haͤlt dieſes fuͤr luͤbiſche Schiffe, die nur aus Lief-
land
gekommen, weil die neuangelegten Staͤdte Revel und Riga noch zu ſchwach ge-
weſen, eigene Schiffe zu halten. Allein Luͤbeck war auch ſo alt nicht. Zur Zeit des
Ordens aber hat die Stadt Riga gar ihre eigene Kriegesſchiffe ausgeruͤſtet, warum
ſolte ſie denn nicht auch Kaufmansſchiffe haben halten koͤnnen? Ob aber die Stadt
Riga mit dem daͤniſchen und holſteiniſchen Hofe es der Handlung wegen ver-
derben wollen, iſt eine andre Frage.

Unter den vornehmen Feldzuͤgern in Liefland befand ſich dieſes Jahr auch,
nach Alberts von Stade Zeugnis, der Graf Adolph von Schauenburg.
Er hatte, wie der Dominikanermoͤnch, Herman von Leerbach, in der Chro-

nik
b) Dieſen Vertrag, welchen Huitfeld S. 201 ausfuͤhrlicher als Pontanus S. 318 lie-
fert, kennen wir aus einer Abſchrift, welche die Biſchoͤfe Dieterich von Doͤrpt und
Conrad zu Oeſel 1304 zu Weiſſenſtein davon genommen. Weil Hiaͤrne und an-
dre die Ordensvereinigung weiter hinausſetzen, ſo koͤnnen ſie freilich nicht begreifen,
wie Balcke in einem Jahre ſo vielerley Geſchaͤfte in Deutſchland, Jtalien, Daͤn-
nemark
und Liefland beſorgen koͤnnen. Die Daͤnen datiren die Urkunde vom 9ten
May. Wir folgen der unſrigen, nach welcher der Koͤnig Waldemar, ſein Thronfol-
ger Erich und ſeine andern Prinzen, die Herzoge Abel und Chriſtoph, ingleichen
Herr Uffo, Erzbiſchof zu Lund, Wilhelm paͤpſtl. Legate, Peter zu Aarhus,
Nicolaus
zu Rotſchild, Johann zu Borclum, Biſchoͤfe, Johann, Arn-
frid, Bonin
Predigerordens, Reynard und Albert, Minoriten, die Grafen
Albrecht und Ernſt von Gleichen, der Gebietiger oder Ordensmeiſter Herman,
und die beſten des Koͤnigreichs Dacien dabey zugegen geweſen. Der Papſt Jnno-
centius
der IVte beſtaͤtigte dieſen Vertrag zu Anagni am 24ſten September 1243.
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[41/0059] Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung Herman Balckens. uͤberlaͤſt dem Orden das geiſtl. Recht uͤber Jerwen, wie es ſonſt die Biſchoͤfe von Eſtland haben. Zum vierten, der Koͤnig wil den Orden in der Wyck und auf Oeſel nicht beunruhigen. Zum fuͤnften, beide Theile unterwerfen ſich in den Grenzſtreitigkeiten den Ausſpruͤchen der Biſchoͤfe von Liefland von Eſtland frei- willig. Zum ſechſten, dem Orden wird zuletzt die Auszahlung aller bisher gehobenen Einkuͤnfte aus Eſtland im weltlichen und geiſtlichen erlaſſen b). 1238 Die anwachſende Macht der Schwerdtbruͤder wolte den herſchſuͤchtigen Geiſt- lichen nicht laͤnger anſtehen. Der Ausgang hat gewieſen, daß die Biſchoͤfe mit dem deutſchen Orden noch ſchlimmer angekommen. Die erſten ſind es aber, uͤber wel- che der Biſchof Heinrich von Oeſel, ſich in einem Briefe unterm 1ſten Merz be- ſchweret, daß ſeine Vaſallen die Kirchenguͤter mit Gewalt an ſich riſſen und ſich aus dem Ban der Kirche nichts mehr machten. Er meinet auch, der Unfug dieſer Leute koͤnne nicht beſſer gezaͤhmet, noch der Kirche eher geholfen werden, als durch die Ma- rienbruͤder vom deutſchen Hauſe, daher er, auf erhaltene Volmacht von dem apoſtoliſchen Legaten Wilhelm, mit dem Ordensmeiſter Herman den Vertrag gemacht, daß deſſen Ordensbruͤder den 4ten Theil von der Wyk inne haben ſolten, nemlich 7 Kilegunden, und 50 Haken, mit allen Zehnden und Gerechtſamen; nur daß der Biſchof ſich die geiſtliche Obergewalt daruͤber vorbehaͤlt. 300 Haken werden zur Stiftung einer Domkirche beſtimmet, deren Einkuͤnfte 3 Jahr lang auf die Er- bauung eines Schloſſes, Steenberg genant, verwendet werden. Fuͤr dieſe Gefaͤl- ligkeit ſchenken die Bruͤder den 4ten Theil von Mone an den Biſchof. Obbeſagtes Schlos mit ſeiner Vorſtadt wird auf gemeine Koſten erbauet und gleich getheilet. Je- der Theil haͤlt wenigſtens 10 Mann zur Beſatzung darin. Den Thurm und das Schlosthor beſetzt der Biſchof mit ſeinen Leuten, ohne deſſen Einwilligung die Bruͤder auf ihrer Seite keinen Thurm anlegen duͤrfen. Die Ordensbruͤder geloben an, die un- rechtmaͤßig entzogenen Kirchenguͤter in Jahr und Tag denen Verbanneten wieder ab- zunehmen und den Biſchof in allem zu ſchuͤtzen. Papſt Clemens der IVte beſtaͤtig- te dieſes den 28ſten May 1625 zu Viterbo. Jn dieſem Jahr ſprengeten 2 lieflaͤndiſche Schiffe mit ausgeſpanten Segeln die ſtarke Kette, welche der Koͤnig von Daͤnnemark vor der Muͤndung der Trave ziehen laſſen, als er mit dem Grafen Adolph von Holſtein die Stadt Luͤbeck ein- ſperrete. Die Lieflaͤnder zogen dadurch in ihrer Handlung von der Stadt viele Vortheile. Cranz lib. VII, c. 12 haͤlt dieſes fuͤr luͤbiſche Schiffe, die nur aus Lief- land gekommen, weil die neuangelegten Staͤdte Revel und Riga noch zu ſchwach ge- weſen, eigene Schiffe zu halten. Allein Luͤbeck war auch ſo alt nicht. Zur Zeit des Ordens aber hat die Stadt Riga gar ihre eigene Kriegesſchiffe ausgeruͤſtet, warum ſolte ſie denn nicht auch Kaufmansſchiffe haben halten koͤnnen? Ob aber die Stadt Riga mit dem daͤniſchen und holſteiniſchen Hofe es der Handlung wegen ver- derben wollen, iſt eine andre Frage. Unter den vornehmen Feldzuͤgern in Liefland befand ſich dieſes Jahr auch, nach Alberts von Stade Zeugnis, der Graf Adolph von Schauenburg. Er hatte, wie der Dominikanermoͤnch, Herman von Leerbach, in der Chro- nik b) Dieſen Vertrag, welchen Huitfeld S. 201 ausfuͤhrlicher als Pontanus S. 318 lie- fert, kennen wir aus einer Abſchrift, welche die Biſchoͤfe Dieterich von Doͤrpt und Conrad zu Oeſel 1304 zu Weiſſenſtein davon genommen. Weil Hiaͤrne und an- dre die Ordensvereinigung weiter hinausſetzen, ſo koͤnnen ſie freilich nicht begreifen, wie Balcke in einem Jahre ſo vielerley Geſchaͤfte in Deutſchland, Jtalien, Daͤn- nemark und Liefland beſorgen koͤnnen. Die Daͤnen datiren die Urkunde vom 9ten May. Wir folgen der unſrigen, nach welcher der Koͤnig Waldemar, ſein Thronfol- ger Erich und ſeine andern Prinzen, die Herzoge Abel und Chriſtoph, ingleichen Herr Uffo, Erzbiſchof zu Lund, Wilhelm paͤpſtl. Legate, Peter zu Aarhus, Nicolaus zu Rotſchild, Johann zu Borclum, Biſchoͤfe, Johann, Arn- frid, Bonin Predigerordens, Reynard und Albert, Minoriten, die Grafen Albrecht und Ernſt von Gleichen, der Gebietiger oder Ordensmeiſter Herman, und die beſten des Koͤnigreichs Dacien dabey zugegen geweſen. Der Papſt Jnno- centius der IVte beſtaͤtigte dieſen Vertrag zu Anagni am 24ſten September 1243. L

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/59>, abgerufen am 27.11.2024.