Leutwein, Lorenz Friedrich: Einladungsschrift bey dem feyerlichen Redeakt welcher den 19ten April in allhiesigem Gymnasio von dreyen Zöglingen welche Akademien beziehen wollen gehalten werden soll. Schwäbisch Hall, 1797.bösen Beyspielen - tausend Reizungen zum Bösen ausgesetzt ist
- daß er nach B 2
bösen Beyspielen – tausend Reizungen zum Bösen ausgesetzt ist
– daß er nach B 2
<TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0011" n="11"/> bösen Beyspielen – tausend Reizungen zum Bösen ausgesetzt ist – daß er<lb/> das Laster in allen Gestalten, nach allen Reizen – selten aber Tugend und<lb/> Rechtschaffenheit erblickt. Ist es Wunder, wenn der, der Schule entrissene<lb/> Jüngling Vergnügungen jeder Art zu früh nachhängt, wenn Lied und Wein<lb/> ihn bethören, sein wie Wachs weiches Herz wird zum Laster sich bilden,<lb/> träg seyn im Guten, und verschwenderisch sein Vermögen hinbringen. Ein<lb/> Knabe hat allzu wenig Erfahrung, zu wenig Kenntniß, theils der Vergnü-<lb/> gungen selbst, und ihrer Beschaffenheit und Folgen; theils zu wenig Kennt-<lb/> niß der Menschen, als daß er nicht durch seine eigene Neigung, oder durch<lb/> andere sollte zum Bösen verleitet werden. Der bereits gesetztere Jüngling<lb/> entgehet allen diesen Versuchungen, Vernunft fängt bereits an das Ueberge-<lb/> wicht über seine Sinnlichkeit zu erhalten, und die ihm beygebrachte sittliche<lb/> Grundsätze, haben so tiefe Wurzel geschlagen, daß sie ihn vor den<lb/> Reizungen des Lasters bewahren können, wenn er auch fällt, doch<lb/> nicht allzu lange in der Knechtschaft des Lasters liegen lassen. 3) Das zu<lb/> frühzeitige Eilen auf die Akademie ist der Gelehrsamkeit nachtheilig. Ohne<lb/> Zweifel beziehet ja der Jüngling in dieser Absicht die Akademie, daß er aus<lb/> dem Vortrag des akademischen Lehrers auf seine in niedern Schulen erlernte<lb/> Vorbereitungs-Wissenschaften das Gebäude der Wissenschaft, welcher er sich<lb/> besonders widmen will, nun selbst aufführen soll. Diese Schulgelehrsamkeit<lb/> wird nun auf Akademien vorausgesetzt, und gewöhnlich fehlt es an Zeit, nicht<lb/> selten aber auch an Gelegenheit, das an Schulkentnissen versäumte nachzuho-<lb/> len. Der ganze akademische Unterricht, wenn der Lehrer sich auch noch so<lb/> sehr bemüht, deutlich zu seyn, ist wirklich fruchtlos, wenn der Zuhörer in<lb/> denen Vorbereitungs-Wissenschaften nicht gehörig geübt ist. So wie ich die<lb/> Klugheit, und das reiflich durchdachte in denen Anordnungen unserer Alten<lb/> öfters bewundere; so kann ich nicht umhin auch hierinne ihnen meinen ganzen<lb/> Beyfall zu geben, daß sie die Verordnung machten, daß die von denen Schu-<lb/> len angekommene, von dem Dekan der Philosophischen Fakultät in ihren<lb/> Schulstudien sollen geprüft, und die Unfähigen zurückgewiesen werden. Al-<lb/> lein so wie mehrere höchst vortrefliche Anstalten der Alten vernachlässiget, und<lb/> <fw type="sig" place="bottom">B 2</fw> <fw type="catch" place="bottom">nach</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0011]
bösen Beyspielen – tausend Reizungen zum Bösen ausgesetzt ist – daß er
das Laster in allen Gestalten, nach allen Reizen – selten aber Tugend und
Rechtschaffenheit erblickt. Ist es Wunder, wenn der, der Schule entrissene
Jüngling Vergnügungen jeder Art zu früh nachhängt, wenn Lied und Wein
ihn bethören, sein wie Wachs weiches Herz wird zum Laster sich bilden,
träg seyn im Guten, und verschwenderisch sein Vermögen hinbringen. Ein
Knabe hat allzu wenig Erfahrung, zu wenig Kenntniß, theils der Vergnü-
gungen selbst, und ihrer Beschaffenheit und Folgen; theils zu wenig Kennt-
niß der Menschen, als daß er nicht durch seine eigene Neigung, oder durch
andere sollte zum Bösen verleitet werden. Der bereits gesetztere Jüngling
entgehet allen diesen Versuchungen, Vernunft fängt bereits an das Ueberge-
wicht über seine Sinnlichkeit zu erhalten, und die ihm beygebrachte sittliche
Grundsätze, haben so tiefe Wurzel geschlagen, daß sie ihn vor den
Reizungen des Lasters bewahren können, wenn er auch fällt, doch
nicht allzu lange in der Knechtschaft des Lasters liegen lassen. 3) Das zu
frühzeitige Eilen auf die Akademie ist der Gelehrsamkeit nachtheilig. Ohne
Zweifel beziehet ja der Jüngling in dieser Absicht die Akademie, daß er aus
dem Vortrag des akademischen Lehrers auf seine in niedern Schulen erlernte
Vorbereitungs-Wissenschaften das Gebäude der Wissenschaft, welcher er sich
besonders widmen will, nun selbst aufführen soll. Diese Schulgelehrsamkeit
wird nun auf Akademien vorausgesetzt, und gewöhnlich fehlt es an Zeit, nicht
selten aber auch an Gelegenheit, das an Schulkentnissen versäumte nachzuho-
len. Der ganze akademische Unterricht, wenn der Lehrer sich auch noch so
sehr bemüht, deutlich zu seyn, ist wirklich fruchtlos, wenn der Zuhörer in
denen Vorbereitungs-Wissenschaften nicht gehörig geübt ist. So wie ich die
Klugheit, und das reiflich durchdachte in denen Anordnungen unserer Alten
öfters bewundere; so kann ich nicht umhin auch hierinne ihnen meinen ganzen
Beyfall zu geben, daß sie die Verordnung machten, daß die von denen Schu-
len angekommene, von dem Dekan der Philosophischen Fakultät in ihren
Schulstudien sollen geprüft, und die Unfähigen zurückgewiesen werden. Al-
lein so wie mehrere höchst vortrefliche Anstalten der Alten vernachlässiget, und
nach
B 2
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