Levezow, Konrad: Iphigenia in Aulis. Halle, 1805.
Natur gebeut, da spricht auch laut die Pflicht. Es wird die Nachwelt dich darum nicht preisen, Daß du die Tochter hast dem Könige Geopfert, hast den Vater mit des Feldherrn Gewalt'ger Stimme übertönt. Glaub mir, Durch mich spricht die Natur. Sie hat in mir Den heiligsten der Triebe nicht umsonst Erweckt, um durch der Liebe Feuer, das In meinem Busen lodert, auch in dir Das schon im rauhen Sturm des Herrscherlebens Erkaltete Gemüth für Kindesliebe Und für der Menschheit Recht von neuem zu Erwärmen. Sey, o sey ein guter Vater! Sey Mensch, und du bist auch ein guter Kö- nig! Agamemnon. Du gehst zu weit. Ein jedes neue Wort, Das deinen Lippen kühn entströmt, zeugt von Entflammter Leidenschaft. Weil du vielleicht
Natur gebeut, da spricht auch laut die Pflicht. Es wird die Nachwelt dich darum nicht preisen, Daß du die Tochter hast dem Koͤnige Geopfert, hast den Vater mit des Feldherrn Gewalt'ger Stimme uͤbertoͤnt. Glaub mir, Durch mich spricht die Natur. Sie hat in mir Den heiligsten der Triebe nicht umsonst Erweckt, um durch der Liebe Feuer, das In meinem Busen lodert, auch in dir Das schon im rauhen Sturm des Herrscherlebens Erkaltete Gemuͤth fuͤr Kindesliebe Und fuͤr der Menschheit Recht von neuem zu Erwaͤrmen. Sey, o sey ein guter Vater! Sey Mensch, und du bist auch ein guter Koͤ- nig! Agamemnon. Du gehst zu weit. Ein jedes neue Wort, Das deinen Lippen kuͤhn entstroͤmt, zeugt von Entflammter Leidenschaft. Weil du vielleicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#ACH"> <p><pb facs="#f0113" n="105"/> Natur gebeut, da spricht auch laut die Pflicht.<lb/> Es wird die Nachwelt dich darum nicht preisen,<lb/> Daß du die Tochter hast dem Koͤnige<lb/> Geopfert, hast den Vater mit des Feldherrn<lb/> Gewalt'ger Stimme uͤbertoͤnt. Glaub mir,<lb/> Durch mich spricht die Natur. Sie hat in mir<lb/> Den heiligsten der Triebe nicht umsonst<lb/> Erweckt, um durch der Liebe Feuer, das<lb/> In meinem Busen lodert, auch in dir<lb/> Das schon im rauhen Sturm des Herrscherlebens<lb/> Erkaltete Gemuͤth fuͤr Kindesliebe<lb/> Und fuͤr der Menschheit Recht von neuem zu<lb/> Erwaͤrmen. Sey, o sey ein guter Vater!<lb/> Sey Mensch, und du bist auch ein guter Koͤ-<lb/> nig!</p> </sp><lb/> <sp who="#AGA"> <speaker><hi rendition="#g">Agamemnon</hi>.</speaker><lb/> <p>Du gehst zu weit. Ein jedes neue Wort,<lb/> Das deinen Lippen kuͤhn entstroͤmt, zeugt von<lb/> Entflammter Leidenschaft. Weil du vielleicht<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [105/0113]
Natur gebeut, da spricht auch laut die Pflicht.
Es wird die Nachwelt dich darum nicht preisen,
Daß du die Tochter hast dem Koͤnige
Geopfert, hast den Vater mit des Feldherrn
Gewalt'ger Stimme uͤbertoͤnt. Glaub mir,
Durch mich spricht die Natur. Sie hat in mir
Den heiligsten der Triebe nicht umsonst
Erweckt, um durch der Liebe Feuer, das
In meinem Busen lodert, auch in dir
Das schon im rauhen Sturm des Herrscherlebens
Erkaltete Gemuͤth fuͤr Kindesliebe
Und fuͤr der Menschheit Recht von neuem zu
Erwaͤrmen. Sey, o sey ein guter Vater!
Sey Mensch, und du bist auch ein guter Koͤ-
nig!
Agamemnon.
Du gehst zu weit. Ein jedes neue Wort,
Das deinen Lippen kuͤhn entstroͤmt, zeugt von
Entflammter Leidenschaft. Weil du vielleicht
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