Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.und verlangten von der Freundin ein Aufgehen in den Interessen der neugegründeten Familie, wie nur die Familienglieder selbst es leisten können; die Anderen verließen wie Holting den Ort, und Nähe und Ausschließlichkeit sind Bedingungen für den Genuß der Freundschaft. Sah man Adelen traurig darüber, so nannte man sie sentimental, wagte sie sich zu beklagen, so tadelte man ihre ungerechten Forderungen. Der Gesättigte vergißt es leicht, wie weh der Hunger thut, und welche Hand ihn nährte, als er ihn empfand. Adele mußte es geschehen lassen, daß man sie der Empfindsamkeit und übertriebener Ansprüche beschuldigte, daß erst Einer und dann der Andere scherzend sagte, die Eigenschaften der alten Jungfer bildeten sich in ihr aus, sie werde egoistisch. Das machte sie scheu, den Menschen ihr weiches Gemüth, ihr tiefes Liebesbedürfniß zu zeigen, und auf sich selbst zurückgewiesen, zog sie sich in sich selbst zurück. Sie wollte aufhören, mit dem und verlangten von der Freundin ein Aufgehen in den Interessen der neugegründeten Familie, wie nur die Familienglieder selbst es leisten können; die Anderen verließen wie Holting den Ort, und Nähe und Ausschließlichkeit sind Bedingungen für den Genuß der Freundschaft. Sah man Adelen traurig darüber, so nannte man sie sentimental, wagte sie sich zu beklagen, so tadelte man ihre ungerechten Forderungen. Der Gesättigte vergißt es leicht, wie weh der Hunger thut, und welche Hand ihn nährte, als er ihn empfand. Adele mußte es geschehen lassen, daß man sie der Empfindsamkeit und übertriebener Ansprüche beschuldigte, daß erst Einer und dann der Andere scherzend sagte, die Eigenschaften der alten Jungfer bildeten sich in ihr aus, sie werde egoistisch. Das machte sie scheu, den Menschen ihr weiches Gemüth, ihr tiefes Liebesbedürfniß zu zeigen, und auf sich selbst zurückgewiesen, zog sie sich in sich selbst zurück. Sie wollte aufhören, mit dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0194" n="184"/> und verlangten von der Freundin ein Aufgehen in den Interessen der neugegründeten Familie, wie nur die Familienglieder selbst es leisten können; die Anderen verließen wie Holting den Ort, und Nähe und Ausschließlichkeit sind Bedingungen für den Genuß der Freundschaft. Sah man Adelen traurig darüber, so nannte man sie sentimental, wagte sie sich zu beklagen, so tadelte man ihre ungerechten Forderungen. Der Gesättigte vergißt es leicht, wie weh der Hunger thut, und welche Hand ihn nährte, als er ihn empfand.</p> <p> Adele mußte es geschehen lassen, daß man sie der Empfindsamkeit und übertriebener Ansprüche beschuldigte, daß erst Einer und dann der Andere scherzend sagte, die Eigenschaften der alten Jungfer bildeten sich in ihr aus, sie werde egoistisch. Das machte sie scheu, den Menschen ihr weiches Gemüth, ihr tiefes Liebesbedürfniß zu zeigen, und auf sich selbst zurückgewiesen, zog sie sich in sich selbst zurück. Sie wollte aufhören, mit dem </p> </div> </body> </text> </TEI> [184/0194]
und verlangten von der Freundin ein Aufgehen in den Interessen der neugegründeten Familie, wie nur die Familienglieder selbst es leisten können; die Anderen verließen wie Holting den Ort, und Nähe und Ausschließlichkeit sind Bedingungen für den Genuß der Freundschaft. Sah man Adelen traurig darüber, so nannte man sie sentimental, wagte sie sich zu beklagen, so tadelte man ihre ungerechten Forderungen. Der Gesättigte vergißt es leicht, wie weh der Hunger thut, und welche Hand ihn nährte, als er ihn empfand.
Adele mußte es geschehen lassen, daß man sie der Empfindsamkeit und übertriebener Ansprüche beschuldigte, daß erst Einer und dann der Andere scherzend sagte, die Eigenschaften der alten Jungfer bildeten sich in ihr aus, sie werde egoistisch. Das machte sie scheu, den Menschen ihr weiches Gemüth, ihr tiefes Liebesbedürfniß zu zeigen, und auf sich selbst zurückgewiesen, zog sie sich in sich selbst zurück. Sie wollte aufhören, mit dem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sophie - A Digital Library of Works by German-Speaking Women: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von "Sophie".
(2013-02-04T11:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
archive.org: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-02-04T11:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-02-04T11:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |