Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.versteiften sich Beide in ihrer muthlosen Betrübniß, und je näher die Zeit des Weihnachtsfestes heranrückte, desto verlassener kam sich Adele vor. Sie hatte sonst wohl den heiligen Abend in einer befreundeten Familie zugebracht, diesmal mochte sie sich nicht dazu entschließen. Wenn Alle dort so froh waren, wenn Jeder sich mit seiner Freude so naturgemäß auf seine Blutsverwandten angewiesen fühlte, dann fand sie sich erst völlig dort verwaist. War sie allein, so brauchte sie wenigstens keine Freude zu heucheln, so blieb ihr doch die Freiheit sich unglücklich zu fühlen. Am Morgen des heiligen Abends war das Wetter schlecht. Adele ging aus, einige Einkäufe zu machen, da sie seit Jahren eine arme Wittwe und deren Kinder zu beschenken pflegte, und obschon sie ihnen sonst ihre Gaben stets in's Haus getragen hatte, kam ihr diesmal der Gedanke, bei sich den Aufbau zu veranstalten. Es war versteiften sich Beide in ihrer muthlosen Betrübniß, und je näher die Zeit des Weihnachtsfestes heranrückte, desto verlassener kam sich Adele vor. Sie hatte sonst wohl den heiligen Abend in einer befreundeten Familie zugebracht, diesmal mochte sie sich nicht dazu entschließen. Wenn Alle dort so froh waren, wenn Jeder sich mit seiner Freude so naturgemäß auf seine Blutsverwandten angewiesen fühlte, dann fand sie sich erst völlig dort verwaist. War sie allein, so brauchte sie wenigstens keine Freude zu heucheln, so blieb ihr doch die Freiheit sich unglücklich zu fühlen. Am Morgen des heiligen Abends war das Wetter schlecht. Adele ging aus, einige Einkäufe zu machen, da sie seit Jahren eine arme Wittwe und deren Kinder zu beschenken pflegte, und obschon sie ihnen sonst ihre Gaben stets in’s Haus getragen hatte, kam ihr diesmal der Gedanke, bei sich den Aufbau zu veranstalten. Es war <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0274" n="264"/> versteiften sich Beide in ihrer muthlosen Betrübniß, und je näher die Zeit des Weihnachtsfestes heranrückte, desto verlassener kam sich Adele vor.</p> <p> Sie hatte sonst wohl den heiligen Abend in einer befreundeten Familie zugebracht, diesmal mochte sie sich nicht dazu entschließen. Wenn Alle dort so froh waren, wenn Jeder sich mit seiner Freude so naturgemäß auf seine Blutsverwandten angewiesen fühlte, dann fand sie sich erst völlig dort verwaist. War sie allein, so brauchte sie wenigstens keine Freude zu heucheln, so blieb ihr doch die Freiheit sich unglücklich zu fühlen.</p> <p> Am Morgen des heiligen Abends war das Wetter schlecht. Adele ging aus, einige Einkäufe zu machen, da sie seit Jahren eine arme Wittwe und deren Kinder zu beschenken pflegte, und obschon sie ihnen sonst ihre Gaben stets in’s Haus getragen hatte, kam ihr diesmal der Gedanke, bei sich den Aufbau zu veranstalten. Es war </p> </div> </body> </text> </TEI> [264/0274]
versteiften sich Beide in ihrer muthlosen Betrübniß, und je näher die Zeit des Weihnachtsfestes heranrückte, desto verlassener kam sich Adele vor.
Sie hatte sonst wohl den heiligen Abend in einer befreundeten Familie zugebracht, diesmal mochte sie sich nicht dazu entschließen. Wenn Alle dort so froh waren, wenn Jeder sich mit seiner Freude so naturgemäß auf seine Blutsverwandten angewiesen fühlte, dann fand sie sich erst völlig dort verwaist. War sie allein, so brauchte sie wenigstens keine Freude zu heucheln, so blieb ihr doch die Freiheit sich unglücklich zu fühlen.
Am Morgen des heiligen Abends war das Wetter schlecht. Adele ging aus, einige Einkäufe zu machen, da sie seit Jahren eine arme Wittwe und deren Kinder zu beschenken pflegte, und obschon sie ihnen sonst ihre Gaben stets in’s Haus getragen hatte, kam ihr diesmal der Gedanke, bei sich den Aufbau zu veranstalten. Es war
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