Lewald, Fanny: Adele. 2. Ausg. Berlin, 1864.Samuel! Ich bin ein trauriges Geschöpf, ich meinte es gut mit Ihnen, als ich Ihnen fern blieb!" Ihre Stimme verrieth, wie sie sich zu beruhigen bestrebt war; Samuel drückte ihr die Hand, sie erwiderte es herzlich. "So kann es aber nicht mit Ihnen bleiben!" sagte er. "Sie müssen sich ermannen. Ich habe kein Recht, Ihr Vertrauen zu fordern, Ihnen Rath zu geben, aber Sie müssen frei zu werden suchen von Erinnerungen, die Ihre Ruhe stören. Wie kann man sich so untergehen lassen?" Sie sah ihn nachdenklich und forschend an. Endlich fragte sie: "Was wissen Sie von meinem Schicksal?" "Sie lieben Hellwig!" sagte er, und ein Gefühl der Scham, das er sich nicht enträthseln konnte, bewältigte ihn, da er es sagte. Adelens bleiche Wangen färbten sich mit dunklem Roth. "Ja!" sprach sie gepreßt, "und ich Samuel! Ich bin ein trauriges Geschöpf, ich meinte es gut mit Ihnen, als ich Ihnen fern blieb!” Ihre Stimme verrieth, wie sie sich zu beruhigen bestrebt war; Samuel drückte ihr die Hand, sie erwiderte es herzlich. “So kann es aber nicht mit Ihnen bleiben!” sagte er. “Sie müssen sich ermannen. Ich habe kein Recht, Ihr Vertrauen zu fordern, Ihnen Rath zu geben, aber Sie müssen frei zu werden suchen von Erinnerungen, die Ihre Ruhe stören. Wie kann man sich so untergehen lassen?” Sie sah ihn nachdenklich und forschend an. Endlich fragte sie: “Was wissen Sie von meinem Schicksal?” “Sie lieben Hellwig!” sagte er, und ein Gefühl der Scham, das er sich nicht enträthseln konnte, bewältigte ihn, da er es sagte. Adelens bleiche Wangen färbten sich mit dunklem Roth. “Ja!” sprach sie gepreßt, “und ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0085" n="75"/> Samuel! Ich bin ein trauriges Geschöpf, ich meinte es gut mit Ihnen, als ich Ihnen fern blieb!”</p> <p> Ihre Stimme verrieth, wie sie sich zu beruhigen bestrebt war; Samuel drückte ihr die Hand, sie erwiderte es herzlich.</p> <p> “So kann es aber nicht mit Ihnen bleiben!” sagte er. “Sie müssen sich ermannen. Ich habe kein Recht, Ihr Vertrauen zu fordern, Ihnen Rath zu geben, aber Sie müssen frei zu werden suchen von Erinnerungen, die Ihre Ruhe stören. Wie kann man sich so untergehen lassen?”</p> <p> Sie sah ihn nachdenklich und forschend an. Endlich fragte sie: “Was wissen Sie von meinem Schicksal?”</p> <p> “Sie lieben Hellwig!” sagte er, und ein Gefühl der Scham, das er sich nicht enträthseln konnte, bewältigte ihn, da er es sagte.</p> <p> Adelens bleiche Wangen färbten sich mit dunklem Roth. “Ja!” sprach sie gepreßt, “und ich </p> </div> </body> </text> </TEI> [75/0085]
Samuel! Ich bin ein trauriges Geschöpf, ich meinte es gut mit Ihnen, als ich Ihnen fern blieb!”
Ihre Stimme verrieth, wie sie sich zu beruhigen bestrebt war; Samuel drückte ihr die Hand, sie erwiderte es herzlich.
“So kann es aber nicht mit Ihnen bleiben!” sagte er. “Sie müssen sich ermannen. Ich habe kein Recht, Ihr Vertrauen zu fordern, Ihnen Rath zu geben, aber Sie müssen frei zu werden suchen von Erinnerungen, die Ihre Ruhe stören. Wie kann man sich so untergehen lassen?”
Sie sah ihn nachdenklich und forschend an. Endlich fragte sie: “Was wissen Sie von meinem Schicksal?”
“Sie lieben Hellwig!” sagte er, und ein Gefühl der Scham, das er sich nicht enträthseln konnte, bewältigte ihn, da er es sagte.
Adelens bleiche Wangen färbten sich mit dunklem Roth. “Ja!” sprach sie gepreßt, “und ich
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