Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.Zehnter Brief. Karlsbad, im August 1869. Ich nehme ohne weitere Einleitung die neulich begonnenen Erörterungen über die Emancipation der Frauen wieder auf. Sieht man der Frage der Frauen-Emancipation fest in das Auge, so zerfällt sie in verschiedene Abtheilungen. Es handelt sich erstens um die gleichmäßigen Bildungsmittel für die Frauen wie für die Männer, zweitens um die Freiheit, die angeborene Begabung und das durch Unterricht und Bildung erworbene Können und Wissen, gleich den Männern, zu eigenem Vortheil und zum Besten der Gesammtheit zu verwerthen, und endlich um das Recht, gleich den Männern bei der Gesetzgebung innerhalb des Staates, dessen Genossen die Frauen sind, einen Einfluß und eine Mitwirkung zu haben. Aber ehe wir die Bedeutung dieser einzelnen Punkte erörtern, ist es nothwendig, noch einmal auf die gegenwärtige Stellung der Frauen zurückzukommen, um denjenigen zu begegnen, deren Schiboleth der sogenannte "häusliche Beruf des Weibes" ist -- und unter dieser großen Zahl von Bekennern Zehnter Brief. Karlsbad, im August 1869. Ich nehme ohne weitere Einleitung die neulich begonnenen Erörterungen über die Emancipation der Frauen wieder auf. Sieht man der Frage der Frauen-Emancipation fest in das Auge, so zerfällt sie in verschiedene Abtheilungen. Es handelt sich erstens um die gleichmäßigen Bildungsmittel für die Frauen wie für die Männer, zweitens um die Freiheit, die angeborene Begabung und das durch Unterricht und Bildung erworbene Können und Wissen, gleich den Männern, zu eigenem Vortheil und zum Besten der Gesammtheit zu verwerthen, und endlich um das Recht, gleich den Männern bei der Gesetzgebung innerhalb des Staates, dessen Genossen die Frauen sind, einen Einfluß und eine Mitwirkung zu haben. Aber ehe wir die Bedeutung dieser einzelnen Punkte erörtern, ist es nothwendig, noch einmal auf die gegenwärtige Stellung der Frauen zurückzukommen, um denjenigen zu begegnen, deren Schiboleth der sogenannte »häusliche Beruf des Weibes« ist — und unter dieser großen Zahl von Bekennern <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0111" n="[101]"/> <div n="1"> <head>Zehnter Brief.<lb/></head> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Karlsbad</hi>, im August 1869.</hi> </p> <p>Ich nehme ohne weitere Einleitung die neulich begonnenen Erörterungen über die Emancipation der Frauen wieder auf. Sieht man der Frage der Frauen-Emancipation fest in das Auge, so zerfällt sie in verschiedene Abtheilungen. Es handelt sich erstens um die gleichmäßigen Bildungsmittel für die Frauen wie für die Männer, zweitens um die Freiheit, die angeborene Begabung und das durch Unterricht und Bildung erworbene Können und Wissen, gleich den Männern, zu eigenem Vortheil und zum Besten der Gesammtheit zu verwerthen, und endlich um das Recht, gleich den Männern bei der Gesetzgebung innerhalb des Staates, dessen Genossen die Frauen sind, einen Einfluß und eine Mitwirkung zu haben. Aber ehe wir die Bedeutung dieser einzelnen Punkte erörtern, ist es nothwendig, noch einmal auf die gegenwärtige Stellung der Frauen zurückzukommen, um denjenigen zu begegnen, deren Schiboleth der sogenannte »häusliche Beruf des Weibes« ist — und unter dieser großen Zahl von Bekennern </p> </div> </body> </text> </TEI> [[101]/0111]
Zehnter Brief.
Karlsbad, im August 1869.
Ich nehme ohne weitere Einleitung die neulich begonnenen Erörterungen über die Emancipation der Frauen wieder auf. Sieht man der Frage der Frauen-Emancipation fest in das Auge, so zerfällt sie in verschiedene Abtheilungen. Es handelt sich erstens um die gleichmäßigen Bildungsmittel für die Frauen wie für die Männer, zweitens um die Freiheit, die angeborene Begabung und das durch Unterricht und Bildung erworbene Können und Wissen, gleich den Männern, zu eigenem Vortheil und zum Besten der Gesammtheit zu verwerthen, und endlich um das Recht, gleich den Männern bei der Gesetzgebung innerhalb des Staates, dessen Genossen die Frauen sind, einen Einfluß und eine Mitwirkung zu haben. Aber ehe wir die Bedeutung dieser einzelnen Punkte erörtern, ist es nothwendig, noch einmal auf die gegenwärtige Stellung der Frauen zurückzukommen, um denjenigen zu begegnen, deren Schiboleth der sogenannte »häusliche Beruf des Weibes« ist — und unter dieser großen Zahl von Bekennern
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