Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.die Seite stellen dürfen, spricht man ihnen vielmehr die Befähigung ab, unter günstigeren Verhältnissen mehr als bisher, ja, vielleicht in mannigfachen Bereichen eben so viel als der Mann zu leisten. Man giebt es zu, daß jede Thierrace durch fortgesetzte Cultur ihrer Fähigkeiten, schon durch die bloße Vererbung der cultivirten Fähigkeit sich veredelt und verfeinert -- und man vergleicht die Fähigkeiten der Männer, die durch eine dreitausendjährige Bildung von Geschlecht zu Geschlecht sich haben steigern können, mit denen der Frauen, welchen diese Gunst durchaus nicht zu Theil geworden ist; und man wundert sich nicht darüber, daß diese uncultivirten Mütter doch noch eigene geistige Begabung genug besaßen, bedeutenden Söhnen und Töchtern das Leben und die ersten Elemente der Bildung zu geben. -- Erst wenn man wenigstens drei, vier Generationen gut und gründlich gebildeter, wohl unterrichteter, in Seelenfreiheit und vor dem oft bitteren Drucke häuslicher Kränkung und Noth bewahrter Frauen zu beurtheilen haben wird, erst dann wird es vernünftig sein, einen Vergleich zwischen den Fähigkeiten der beiden Geschlechter anzustellen. Bis jetzt ist alles, was über die geringere Begabung der Frauen ausgesprochen wird, unüberlegt und ungerecht. Denn fast in allen Ländern ist die Bildung der Frauen in vielen Klassen noch so weit zurück, daß das Bedürfniß nach wirklichem Wissen, nach geistiger Entwicklung, nach Selbständigkeit, bestimmt kaum von einem Zehntheil der die Seite stellen dürfen, spricht man ihnen vielmehr die Befähigung ab, unter günstigeren Verhältnissen mehr als bisher, ja, vielleicht in mannigfachen Bereichen eben so viel als der Mann zu leisten. Man giebt es zu, daß jede Thierrace durch fortgesetzte Cultur ihrer Fähigkeiten, schon durch die bloße Vererbung der cultivirten Fähigkeit sich veredelt und verfeinert — und man vergleicht die Fähigkeiten der Männer, die durch eine dreitausendjährige Bildung von Geschlecht zu Geschlecht sich haben steigern können, mit denen der Frauen, welchen diese Gunst durchaus nicht zu Theil geworden ist; und man wundert sich nicht darüber, daß diese uncultivirten Mütter doch noch eigene geistige Begabung genug besaßen, bedeutenden Söhnen und Töchtern das Leben und die ersten Elemente der Bildung zu geben. — Erst wenn man wenigstens drei, vier Generationen gut und gründlich gebildeter, wohl unterrichteter, in Seelenfreiheit und vor dem oft bitteren Drucke häuslicher Kränkung und Noth bewahrter Frauen zu beurtheilen haben wird, erst dann wird es vernünftig sein, einen Vergleich zwischen den Fähigkeiten der beiden Geschlechter anzustellen. Bis jetzt ist alles, was über die geringere Begabung der Frauen ausgesprochen wird, unüberlegt und ungerecht. Denn fast in allen Ländern ist die Bildung der Frauen in vielen Klassen noch so weit zurück, daß das Bedürfniß nach wirklichem Wissen, nach geistiger Entwicklung, nach Selbständigkeit, bestimmt kaum von einem Zehntheil der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0124" n="114"/> die Seite stellen dürfen, spricht man ihnen vielmehr die Befähigung ab, unter günstigeren Verhältnissen mehr als bisher, ja, vielleicht in mannigfachen Bereichen eben so viel als der Mann zu leisten. Man giebt es zu, daß jede Thierrace durch fortgesetzte Cultur ihrer Fähigkeiten, schon durch die bloße Vererbung der cultivirten Fähigkeit sich veredelt und verfeinert — und man vergleicht die Fähigkeiten der Männer, die durch eine dreitausendjährige Bildung von Geschlecht zu Geschlecht sich haben steigern können, mit denen der Frauen, welchen diese Gunst durchaus nicht zu Theil geworden ist; und man wundert sich nicht darüber, daß diese uncultivirten Mütter doch noch eigene geistige Begabung genug besaßen, bedeutenden Söhnen und Töchtern das Leben und die ersten Elemente der Bildung zu geben. — Erst wenn man wenigstens drei, vier Generationen gut und gründlich gebildeter, wohl unterrichteter, in Seelenfreiheit und <hi rendition="#g">vor</hi> dem oft bitteren Drucke häuslicher Kränkung und Noth bewahrter Frauen zu beurtheilen haben wird, erst dann wird es vernünftig sein, einen Vergleich zwischen den Fähigkeiten der beiden Geschlechter anzustellen.</p> <p>Bis jetzt ist alles, was über die geringere Begabung der Frauen ausgesprochen wird, unüberlegt und ungerecht. Denn fast in allen Ländern ist die Bildung der Frauen in vielen Klassen noch so weit zurück, daß das Bedürfniß nach wirklichem Wissen, nach geistiger Entwicklung, nach Selbständigkeit, bestimmt kaum von einem Zehntheil der </p> </div> </body> </text> </TEI> [114/0124]
die Seite stellen dürfen, spricht man ihnen vielmehr die Befähigung ab, unter günstigeren Verhältnissen mehr als bisher, ja, vielleicht in mannigfachen Bereichen eben so viel als der Mann zu leisten. Man giebt es zu, daß jede Thierrace durch fortgesetzte Cultur ihrer Fähigkeiten, schon durch die bloße Vererbung der cultivirten Fähigkeit sich veredelt und verfeinert — und man vergleicht die Fähigkeiten der Männer, die durch eine dreitausendjährige Bildung von Geschlecht zu Geschlecht sich haben steigern können, mit denen der Frauen, welchen diese Gunst durchaus nicht zu Theil geworden ist; und man wundert sich nicht darüber, daß diese uncultivirten Mütter doch noch eigene geistige Begabung genug besaßen, bedeutenden Söhnen und Töchtern das Leben und die ersten Elemente der Bildung zu geben. — Erst wenn man wenigstens drei, vier Generationen gut und gründlich gebildeter, wohl unterrichteter, in Seelenfreiheit und vor dem oft bitteren Drucke häuslicher Kränkung und Noth bewahrter Frauen zu beurtheilen haben wird, erst dann wird es vernünftig sein, einen Vergleich zwischen den Fähigkeiten der beiden Geschlechter anzustellen.
Bis jetzt ist alles, was über die geringere Begabung der Frauen ausgesprochen wird, unüberlegt und ungerecht. Denn fast in allen Ländern ist die Bildung der Frauen in vielen Klassen noch so weit zurück, daß das Bedürfniß nach wirklichem Wissen, nach geistiger Entwicklung, nach Selbständigkeit, bestimmt kaum von einem Zehntheil der
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